Stoiber attackiert Janosch

BERLIN. Der noch amtierende bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber

hat den wohl bekanntesten deutschen Kinderbuchautor Janosch („Oh wie schön ist Panama") als „falschen Propheten" bezeichnet. Man dürfe nicht zulassen, dass Janosch mit seinen antireligiösen Zeichnungen und Kommentaren „Zugang zu unseren Kinderzimmern erlange", erklärte der CSU-Politiker in Berlin. Stattdessen müssten Kirche, Gesellschaft und Politik „an einem Strang ziehen" und den Kindern „Orientierung, Werte und Religion" vermitteln.

 

Anlass der scharfen Attacke auf den beliebten Zeichner und Autor war offensichtlich der Abdruck einer Janosch-Zeichnung im Magazin „Der Spiegel". Das Bild mit dem Titel „Taufe", dessen Original momentan in der Trierer Ausstellung „Konstantin: Kunst & Provokation" zu sehen ist, zeigt einen Geistlichen, der einem Säugling über dem Taufbecken mit einem Hammer das Kreuz in den Bauchnabel treibt. In dem dazugehörigen Artikel wurde Janosch als Beiratsmitglied der religionskritischen Giordano Bruno Stiftung auch kurz zitiert: „Katholisch geboren worden zu sein, ist der größte Unfall meines Lebens."

In welchem Jahrhundert lebt Edmund Stoiber?
Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung, hat nun zum Gegenangriff geblasen. Stoiber solle sich doch einmal vergewissern, in welchem Jahrhundert er lebe, meinte der Stiftungssprecher am Rande einer Veranstaltung zum Thema „Darf man über Religion lachen?" in Trier. Im frühen 19. Jahrhundert hätte man solche Auslassungen vielleicht noch hinnehmen können. Mittlerweile sei jedoch die Trennung von Staat und Kirche verfassungsrechtlich garantiert und die Katholiken auf dem besten Wege, eine gesellschaftliche Minderheit zu werden: „Die Zeiten, in denen Politik und Kirche dank einer Vermählung von Thron und Altar vorgeben konnten, was die Menschen zu glauben haben, ist endgültig vorbei - und das ist auch gut so!"

Janosch ist kein Einzelfall
Schmidt-Salomon legte Wert darauf, dass Janosch als religionskritischer Kinderbuchautor keineswegs ein Einzelfall sei. „Wenn Edmund Stoiber tatsächlich Janosch aufgrund seiner religionskritischen Äußerungen aus den Kinderzimmern verbannen möchte, so müsste er das Gleiche auch im Falle von Max Kruse („Urmel aus dem Eis"), Erich Kästner („Emil und die Detektive"), Mark Twain („Tom Sawyer und Huckleberry Finn") oder Wilhelm Busch („Max und Moritz") fordern, um nur einige wenige Beispiele zu nennen." Ein Großteil der bedeutenden Kinderbuchautoren sei seit jeher dezidiert religionskritisch gewesen. Grund: „Wer Kinder mag und für sie schreibt, der kann sich mit den autoritären Erziehungsmustern der Religionen kaum anfreunden!"

Christen hätten, so Schmidt-Salomon, in ihren Institutionen (sehr häufig auch in den Familien) über Jahrhunderte hinweg nach der biblischen Maxime „Wer sein Kind liebt, der züchtigt es!" erzogen. Besonders Heimkinder hätten bis in die 1980er Jahre hinein, „Schläge im Namen des Herrn", systematische Demütigung, Gewalt, Missbrauch, Erniedrigung, Ausbeutung erfahren müssen. „Bevor die Kirchen diese schlimmen pädagogischen Verbrechen nicht öffentlich bereut und entsprechende Entschädigungszahlungen geleistet haben, kann man sie in pädagogischen Fragestellungen nicht mehr ernst nehmen!", sagte Schmidt-Salomon.

„Aufklärungsarbeit muss schon im Kindergarten ansetzen"
Der GBS-Sprecher kündigte in diesem Zusammenhang eine „religionskritische Kinderoffensive" der Stiftung im Herbst 2007 an. „Die Aufklärungsarbeit muss schon im Kindergarten ansetzen!", sagte Schmidt-Salomon. „In der Regel lassen sich die Wirkungen frühkindlicher, religiöser Indoktrination im Erwachsenenalter kaum noch aufheben." Im September werde ein von der Stiftung gefördertes buntes Bilderbuch mit dem Titel: „Wo bitte geht's zu Gott?, fragte das kleine Ferkel" auf den Markt kommen. „Ich freue mich sehr auf das Erscheinen des Buches, denn die von Helge Nyncke wunderbar illustrierte Geschichte ist als Gegengift zu religiöser Indoktrination nicht nur ‚pädagogisch wertvoll', sondern vor allem ein ‚Heidenspaß' für Groß und Klein!", meinte Schmidt-Salomon. Ob Edmund Stoiber, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses „frechen, lästerlichen Kinderbuchs" wohl schon Polit-Renter ist, dies auch so sehen wird, darf mit einiger Sicherheit bezweifelt werden.

GM