Die (neue) Straflust der Gesellschaft

HAMBURG. Die Humanistische Union setzte am 27.06.07 in der Uni Hamburg ihre Veranstaltungsserie

fort mit dem Vortrag von Prof. Fritz Sack zum Thema "Die neue Straflust der Gesellschaft".

 

Im überfüllten Raum ging Prof. Sack aus vom Vorhaben des jetzigen Hamburger Senats, kurzfristig ein neues Strafvollzugsgesetz für Hamburg zu schaffen. Da Strafvollzug jetzt Ländersache geworden ist, ergibt sich dort ein Wettbewerb um die schärfsten Auslegungen.

Dieses Gesetz will in Hamburg die "Resozialisierung hinter Gittern?" intensivieren, Erwachsenen- und Jugendstrafrecht zusammenfassen, den geschlossenen Vollzug zum Regelvollzug machen, die Fesselung bei Ausführungen bereits bei "einfacher" Fluchtgefahr einsetzen und fordert die Beteiligung an den Gesundheitskosten bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten. Zum Opferschutz ist man bereit, den Datenschutz zu lockern. Dabei droht aber das Resozialisierungsziel, dem Inhaftierten ein künftiges straffreies Leben in Freiheit zu ermöglichen, auf der Strecke zu bleiben.

Prof. Sack ging dann noch auf die vor allem aus dem angelsächsischen Bereich kommende Tendenz ein, mehr Gefängnisstrafen zu verhängen, so dass dort seit 1970 die Gefangenenraten extrem angestiegen sind. Diese Tendenz ist später auch in Europa, allerdings unterschiedlich nach Ländern, zu beobachten. Nutznießer steigender, wenn nicht sogar geschürter Kriminalitätsangst sind die 4 P: Politik, Polizei, Publizistik und private Sicherheitsindustrie.

Prof. Sack ließ Winston Churchill sprechen, der schon 1910 vor dem Unterhaus sagte: „Die Stimmung und Einstellung der Öffentlichkeit in Bezug auf die Behandlung der Kriminalität und der Kriminellen ist eines der untrüglichsten Zeichen der Zivilisation und Kultur einer jeden Gesellschaft:

  • Gelassen und nüchtern die Rechte des Beschuldigten und des Verurteilten gegen den Staat zu respektieren;
  • Beklemmung bei allen, die mit der Verhängung von Strafen betraut sind;
  • Wunsch und Eifer zur Reintegration;
  • Unermüdliche Bemühungen zur Entwicklung von Projekten zur Heilung und Regeneration;
  • Der unerschütterliche Glaube an den guten Kern in jedermanns Herz, wenn man nur bereit ist, ihn zu sehen;
  • Dieses sind die Zeichen, welche bezüglich der Behandlung von Kriminalität und Kriminellen die erlangte Größe einer Nation markieren und messen sowie die Zeichen und Beweise der in ihr gelebten Tugend."

Der Abend bot anschließend Raum für eine engagierte Diskussion.

Heiko Porsche