Buchpräsentation in Frankfurt

FRANKFURT. (hpd) Am Freitag wurde das religionskritische Kinderbuch „Wo bitte geht’s zu Gott?“, fragte das kleine Ferkel auf der Frankfurter Buchmesse

der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Forum unabhängiger Literaturverlage lasen Autor Michael Schmidt-Salomon und Illustrator Helge Nyncke den Text und präsentierten die Zeichnungen. Trotz Bahnstreiks und der frühen Uhrzeit war das Leseforum gut gefüllt. Anschließend sprach hpd mit Helge Nyncke.

 

 

 

hpd: Wie kam es denn zu der Zusammenarbeit mit Michael Schmidt-Salomon?

Helge Nyncke: Wir haben uns kennen gelernt bei der Giordano Bruno Stiftung in Mastershausen bei einen Vortrag über die Funktionen des Gehirns. Wir haben uns sofort auf einer Wellenlänge gefunden und so kam die Zusammenarbeit zustande.

hpd: Was hat dich an dem Projekt besonders gereizt?

Helge Nyncke: Ich mache seit 25 Jahren Illustrationen für Kinderbücher und bin ein bisschen gebrandmarkt durch die Entwicklung der letzten Jahre im Bereich der Kinderbücher. Durch die Konzentrationsprozesse innerhalb der Verlagsbranche hat sich eine Art Mainstream herausgebildet, wo kritische oder auch nur alltagstaugliche Themen einfach untergehen. Mir ist es schon lange, auch mit eigenen Projekten, ein großes Anliegen, Kindern mit dem für sie geschaffenen Medium ein bisschen mehr von der Welt zu zeigen als nur Fußball, Feuerwehr und Tiere. Hinzu kam meine persönliche Einstellung zu religiös-philosophischen Themen, an denen ich auch mit anderen eigenen Projekten arbeite, da kam mir dieses Angebot genau zum richtigen Zeitpunkt auf den Tisch. Als ich den Text gelesen habe, hatte es bei mir einfach sofort gefunkt.

hpd: Wie war deine Herangehensweise, die Geschichte illustrativ umzusetzen?

Helge Nyncke: Die Geschichte hat ja zwei eindeutige Protagonisten, und die muss man zu allererst als Persönlichkeiten entwickeln. Also von den Millionen Möglichkeiten ein Ferkel oder einen Igel zu zeichnen, muss man genau die finden, die auf diesen Text passt. Nach 25 Jahren Illustrationstätigkeit hat man das ziemlich schnell im Griff und der Effekt, der sich dann einstellt, ist der, dass die Figuren eine Art Eigenleben bekommen. Obwohl ich der Zeichner bin, habe ich trotzdem das Gefühl ,mit meinen Figuren zusammen unterwegs zu sein. Das funktioniert natürlich umso besser je sympathischer mir selber die Figuren sind. Ich schlüpfe dann quasi selbst in die Rolle der beiden Helden und versuche das Abenteuer tatsächlich aus ihrer Perspektive zu sehen. Alles andere ergibt sich dann fast von selbst.

hpd: Eine besondere Problematik hierzulande ist ja die Empfindlichkeit der Deutschen bei der Darstellung von Juden. Wie bist du vor diesem Hintergrund an die Darstellung des Rabbis in der Geschichte gegangen und hattest du da Bedenken?

Helge Nyncke: Nein, überhaupt nicht, zuerst habe ich mir über das google Bilderangebot Rabbis angeschaut und festgestellt, dass da lauter ganz normale Menschen abgebildet waren. Natürlich müssen sich im Bilderbuch die drei Weltreligionsvertreter deutlich voneinander unterscheiden. Dafür ist eine gewisse Überzeichnung der Charaktere oder bestimmter religionstypischer äußerer Merkmale ganz hilfreich. Im Grunde aber war mir wichtig - bei aller Prägnanz - nicht in missverständliche Klischees zu verfallen. Und deswegen war ich besonders dankbar für das Thema des letzten Bildes, das auch die drei großen Männer ohne ihre Roben als ganz normale Menschen unter Menschen darstellt.

hpd: Was ist dein persönliches Lieblingsmotiv aus dem Buch?

Helge Nyncke: Das ist eindeutig die Seite, auf der über den beiden Hauptdarstellern eine muntere Schar selbst ausgedachter Götter durch die Luft schweben. So kann die Absurdität der Systeme auf besonders erfrischende Art bloßgestellt werden und zwar durch die einfache Feststellung, dass jeder dem danach ist, sich offensichtlich Götter auch selbst ausdenken kann. Eine schöne Steilvorlage für kindliche Fantasie.

hpd: Hast du etwas Bauchweh bei der Darstellung eines Ferkels in der Moschee? Auch wenn man an den noch nicht allzu lange zurückliegenden Karikaturenstreit denkt?

Helge Nyncke: Bei dieser Frage fällt mir zuerst auf, dass mir das beim Malen überhaupt nicht in den Sinn gekommen ist, eine erfreuliche Erkenntnis eigentlich wie offen und tolerant das Denken sein kann, wenn man selber frei von religiöser Indoktrination aufwachsen durfte. Natürlich gibt es bei jeder eindeutigen Stellungnahme zu diesem Thema die Möglichkeit, die Schmerzgrenze empfindlicher Mitbürger zu überschreiten. Aber das ist eher deren Problem, als das des desjenigen, der sich bemüht, zeichnerisch eine Geschichte optimal umzusetzen.

hpd: Helge Nyncke, wir danken für dieses Gespräch.

 

Die Fragen stellte MIZ-Redakteur Frank Welker.

Das Buch „Wo bitte geht's zu Gott, fragte das kleine Ferkel“ ist im Alibri Verlag erschienen. Das Buch kann bei unserem Kooperationspartner im Denkladen bestellt werden.