Wir müssen über Fitna diskutieren!

Interview mit Mina Ahadi (ZdE) zum umstrittenen islamkritischen Film von Geert Wilders                          

 

Köln. (hpd) Der islamkritische Film

„Fitna" von Geert Wilders hat breite Debatten ausgelöst - auch innerhalb der Redaktion des hpd. Während die einen eine Verlinkung des Films unter dem Hinweis auf das Recht auf „Meinungsfreiheit" befürworteten, meinten die anderen, man solle für „schlechte Filme mit rechter Gesinnung" kein Forum bieten. hpd-Mitarbeiter Michael Schmidt-Salomon sprach mit der Vorsitzenden des Zentralrats der Ex-Muslime, Mina Ahadi, über den Film und die Debatte.

 

hpd: Mina, was hältst du von „Fitna"? Sollte man den Film boykottieren, wie einige fordern?

Ahadi: Nein. Der Film enthält ja sehr viel Wahres. Deshalb ist es auch wichtig, über ihn zu diskutieren. Aber um das tun zu können, muss man den Film zunächst einmal gesehen haben. Insofern begrüße ich die Verlinkung auf dem Portal des Humanistischen Pressedienstes ganz entschieden. Man darf den Drohgebärden radikaler Islamisten keinesfalls nachgeben! Übrigens haben auch arabische und iranische Webseiten den Film verlinkt...

hpd: Aber gibt man mit einer solchen Verlinkung nicht „rechten Populisten" ein Forum?

Ahadi: Ich bin, wie man sich wohl denken kann, ganz bestimmt kein Fan von Herrn Wilders und seiner Politik! Aber egal was Wilders mit dem Film politisch bezweckt, „Fitna" ist kein rechter Film! Ich meine, seit wann soll es Ausdruck rechter Gesinnung sein, ausgerechnet für die Selbstbestimmungsrechte von Frauen und Homosexuellen einzutreten?! Rechte Politik wird von Islamisten betrieben, die Künstler und Intellektuelle ermorden, Homosexuelle hinrichten und Frauen steinigen! Diejenigen, die den Film so einfach in die rechte Ecke drücken wollen, sind entweder ignorant, wollen also das Problem des politischen Islam nicht sehen, oder sind einfach nur feige.

hpd: Was meinst du damit?

Ahadi: Wer sich in irgendeiner Weise für „Fitna" einsetzt, der setzt sich damit auch einem gewissen Sicherheitsrisiko aus. Man könnte schließlich selbst in das Visier der Islamisten geraten. Davor haben die allermeisten Menschen aus guten Gründen Angst. Also macht man es sich leicht und stempelt den Film als „rechtes Machwerk" ab. So muss man sich nicht länger damit beschäftigen.

hpd: Aber kann man dem Film nicht doch „rechte Gesinnung" vorwerfen?

Ahadi: Da muss man differenzieren. Meines Erachtens deckt der Film die enge Verknüpfung von islamischem Glauben und politischem Islamismus auf. Er verdeutlicht, wie menschenverachtend der politische Islam ist, dass er in einer sehr radikalen Weise all das beseitigen will, was uns am Herzen liegt: Freiheit, Demokratie, Menschenrechte. Ein Aspekt des Films ist jedoch überaus problematisch, nämlich die Gleichsetzung realer Muslime mit dem politischen Islam. Der Film unterschlägt, dass viele sog. „Muslime" säkular und aufgeklärt denken und dass ja gerade Muslime Opfer des politischen Islam sind.

hpd: Und diese Unterschlagung könnte zu Fremdenhass führen?

Ahadi: Ja, das befürchte ich! Mir scheint, Wilders ist hier den islamischen Demagogen auf den Leim gegangen, die behaupten, sie könnten für die Mehrheit der Muslime sprechen. Dies ist aber nichts weiter als politische Propaganda! Hier hätte der Film deutlicher unterschieden müssen zwischen der menschenverachtenden Propaganda der Islamisten und den realen Menschen muslimischer Herkunft, die den Koran oftmals doch ebenso wenig ernst nehmen wie der Durchschnittschrist die Bibel.

hpd: Der Kampf gegen den Islam sollte also nicht als Kampf gegen die Muslime missverstanden werden...

Ahadi: Genau so ist es! Meine Botschaft lautet: Wer gegen den politischen Islam kämpft, der kämpft nicht gegen Muslime, sondern für sie! Er hilft ihnen in dem notwendigen Emanzipationskampf gegen eine menschenverachtende, faschistoide Ideologie. Es ist ein Kampf für Freiheit, Chancengleichheit, Selbstbestimmung. Und an diesem Kampf sollten sich alle beteiligen, die für die Werte von Humanismus und Aufklärung eintreten. „Fitna" ist ein Anlass, sich darüber im Klaren zu werden. Der Film bietet zwar inhaltlich nichts Neues, aber er fordert uns auf, Stellung zu beziehen. Auf welcher Seite stehen wir? Auf der Seite der Menschenrechte oder auf der Seite der Despoten? Die meisten werden sich, wie ich fürchte, auf die Seite der Ignoranten schlagen und sich über „Fitna" schrecklich aufregen, da sie durch den Film in ihrer behaglichen, bürgerlichen Ruhe gestört wurden.

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Mina Ahadi, geb. 1956 im Iran, ist Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime (ZdE). Kürzlich erschien im Heyne-Verlag ihr Buch „Ich habe abgeschworen. Warum ich für die Freiheit und gegen den Islam kämpfe".