Grundrechte-Report 2008 erschienen

BERLIN. (HU) Die Autoren des Grundrechte-Reports kritisieren insbesondere die staatliche Sicherheitshysterie.

 

Bundestagsvizepräsident a. D.

Dr. Burkhard Hirsch sowie der Rechtsanwalt und Buchautor Dr. Heinrich Hannover haben gestern den "Grundrechte-Report 2008" der Öffentlichkeit vorgestellt. Beide rügten in diesem Zusammenhang ein Ausufern staatlichen Sicherheitsdenkens auf Kosten der bürgerlichen Freiheiten. "Mit dem Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung, das die potentielle Kontrolle eines jeden Bürgers erlaubt, ist die Grenze zum Überwachungsstaat überschritten", sagte Hirsch. Er kritisierte, dass Regierungen und Parlamente des Bundes und der Länder in ihrer Gesetzgebung fortgesetzt die Grenzen der Verfassung auf die Probe stellten, statt ihre Verantwortung im Rahmen des Grundgesetzes wahrzunehmen. Zuletzt hatte das Bundesverfassungsgericht in einer beispiellosen Serie von Urteilen binnen weniger Monate u. a. die Gesetze zur Online-Durchsuchung, zur Vorratsdatenspeicherung und zur automatischen Kennzeichenidentifizierung stoppen müssen.

Zwölfter Grundrechte-Report

Der mittlerweile zwölfte Grundrechte-Report setzt sich erneut kritisch mit der deutschen und europäischen Verfassungswirklichkeit auseinander. Die Herausgeber beanstanden insbesondere die Sicherheitsgesetzgebung des Bundes und der Länder sowie deren Umsetzung durch die zuständigen Behörden. Hier sei an die Stelle nüchternen Abwägens von Risiken zunehmend eine alarmistische Übertreibung getreten in Verbindung mit weltfremden Versprechungen fast totaler Sicherheit durch zunehmende Kontrolle, Überwachung und präventive Maßnahmen gegen verdächtige wie unverdächtige Personen. Verdeutlicht wird dies an zahlreichen Einzelbeispielen.

Schwerpunkte der aktuellen Ausgabe sind eine Aufarbeitung der Vorgänge rund um den G8-Gipfel von Heiligendamm, der zu bislang ungekannten Eingriffen in die Versammlungsfreiheit instrumentalisiert wurde, sowie die erheblichen Verschärfungen im deutschen Ausländerrecht durch das so genannte Richtlinienumsetzungsgesetz vom Herbst 2007, die beispielsweise den Ehegattennachzug und die erleichterte Inhaftierung von Migranten ohne strafrechtlichen Vorwurf betreffen.

Daneben beschäftigen die Autoren sich in rund vierzig Beiträgen u. a. mit tiefgreifenden Einschnitten in den Datenschutz durch das Fluggastabkommen zwischen den USA und der EU, mit dem Gefährdungspotential von Medienmonopolen für die Demokratie, der Überwachung von Abgeordneten durch den Verfassungsschutz und mit der Kritik des europäischen Anti-Folter-Komitees an den Haftbedingungen in Deutschland.

Auszeichnung mit der Theodor-Heuss-Medaille

Für ihren kontinuierlichen Einsatz für ein liberales Rechtsstaatsverständnis waren die Autoren und Herausgeber des Grundrechte-Reports im April diesen Jahres mit der Theodor-Heuss-Medaille ausgezeichnet worden. Die den Preis verleihende Theodor-Heuss-Stiftung begründete ihre Wahl damit, dass der Grundrechte-Report die seit Jahren zunehmende Kluft zwischen den Ansprüchen des Grundgesetzes und der Realität bei der Achtung der Grundrechte in Deutschland benenne und in seinen Bestandsaufnahmen auf die immer offensichtlicher werdende Bedrohung unserer Verfassung nicht nur durch Extremisten und Fundamentalisten, sondern auch durch Behörden, Regierungen und Gesetzgeber in Bund und Ländern und damit auf den schleichenden Prozess einer von den Bürgern noch zu wenig wahrgenommenen Erosion der Grundrechte hinweise.

„Alternativer Verfassungsschutzbericht"

Der im Fischer Taschenbuch Verlag verlegte, 1997 erstmals erschienene Grundrechte-Report versteht sich als "alternativer Verfassungsschutzbericht". Er wird jährlich herausgegeben von neun Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen: der Humanistischen Union, der Gustav-Heinemann-Initiative, dem Komitee für Grundrechte und Demokratie, dem Bundesarbeitskreis Kritischer Juragruppen, Pro Asyl, dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein, der Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen, der Internationalen Liga für Menschenrechte und der Neuen Richtervereinigung.

Das Buch ist ab dem 13.5.2008 im Handel erhältlich.

Weitere Informationen zum Buch und zu den Ausgaben der Vorjahre finden sich im Internet.