Hexen- und Zaubererjagd im 21. Jahrhundert

BERLIN. (hpd) Manchmal müssen Journalisten über Ereignisse berichten, die dermaßen

unbegreiflich sind, dass sie befürchten, die LeserInnen, ZuhörerInnen oder ZuschauerInnen am Wahrheitsgehalt zweifeln werden. Doch sie sind bittere Realität. So berichtete am 21. Mai 2008 dier Nachrichtenagentur Agence France-Presse, dass im Westen des afrikanischen Staates Kenia, fünfzehn Menschen auf bestialische Weise ermordet und verbrannt wurden. Ihr Vergehen: die Männer und die Frauen waren nach Auffassung der zirka 300 Anhänger von Selbstjustiz, Zauberer und Hexen. Ihr „Beweis" für magische Kräfte war eigentlich nur eine groteske Vermutung. Die „klugen Kinder" würden durch diese Leute „dumm". Das reichte für das Massaker.

Doch was sich wie ein Einzelfall von Fanatismus anhört ist tatsächlich gar nicht singulär. Denn die Vorkommnisse in Kenia werden wenigstens von der Justiz vor Ort als kriminell eingestuft. Ob die Behörden handeln werden, steht auf einem ganz anderen Blatt. Diffiziler wird es jedoch, wenn der Staat selbst zum Mörder wird.

Todesurteil in Saudi-Arabien

Im Februar diesen Jahres verbreitete die BBC die Hintergründe eines schier unfassbaren Gerichtsurteils in Saudi-Arabien. Fawza Fahil, eine geschiedene 35-jährige Frau hatte in ihrem Haus einen Bindfaden mit sieben Knoten, ein geschlachtetes Huhn und einen impotenten Nachbarn. Der potenzgestörte Mann rief daraufhin die Religionspolizei weil er behauptete, die Frau habe ihn durch „Magie" seiner Manneskraft beraubt. Frau Fahil wurde daraufhin zum Tode durch Enthaupten verurteilt. Das Gerichtsurteil ist durch alle Instanzen bestätigt worden. Letzter Hoffnungsschimmer ist eine Begnadigung durch König Abdullah.

Kritiker sprechen von einem „akribisch geplanten Justizmord". Der Menschenrechtsbeauftragte der Partei DIE LINKEN im Bundestag, Michael Leutert, hat sich der Sache angenommen - viel Hoffnung hat er jedoch auch nicht. Besonders traurig ist: nicht ein einziges Land der EU, die fortwährend über Menschenrechte und deren Einhaltung spricht, hat Frau Fahil Asyl angeboten. Genutzt hätte es wahrscheinlich ohnehin nicht viel. Dem Nachrichtensender n-tv gegenüber sagte ein Sprecher der saudischen Botschaft in Berlin, man lehne eine solche „Einmischung in innere Angelegenheiten" kategorisch ab.

Hommy Dara