Phantombild eines christlichen Apostels

DÜSSELDORF. (hpd) Ein Experte des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen (LKA NRW) hat nach dem christlichen Apostel Petrus

nun auch mit den Methoden der „Visuellen Fahndungshilfe" das Phantombild des christlichen Apostels Paulus von Tarsus erstellt.

 

Im Januar dieses Jahres wandte sich der Historiker und Buchautor Michael Hesemann aus Düsseldorf an das zuständige LKA und bat erneut um „Amtshilfe". Bereits 2003 hatte man seinem damaligen Ersuchen stattgegeben und mit der Anfertigung eines Phantombildes des christlichen Apostel Petrus ausgeholfen. Im Februar wurde nun mit den Methoden der ‚Visuellen Fahndungshilfe' ein weiteres Phantombild erzeugt. „Die dargestellt Person wurde etwa zwischen 7 und 10 n. Chr. in Tarsus geboren und etwa 64 - 67 n. Chr. in Rom hingerichtet. Es handelt sich um den Apostel Paulus von Tarsus, so wie er nach historischer Quellenlage ausgesehen haben könnte."

Allein schon der Unsinn, dass nach erfundenen und phantasierten historischen Gemälden dieses Paulus ein Realitätsbezug hergestellt wird, wurde nicht beachtet. Im Gegenteil. Dem LKA war das Anfang Mai eine kostenpflichtige Pressemitteilung wert. Man war offensichtlich noch gerührt vom Erfolg der ersten Phantomzeichnung, denn dieses Bild ist – wie implizit stolz berichtet wird – „in dem Buch ‚Der erste Papst, Archäologen auf der Spur des historischen Petrus' abgedruckt. Das Werk überreichte der Buchautor im Oktober 2003 dem damaligen Papst Johannes Paul II. bei einer Audienz in Rom."

Nun war wieder Eile angesagt. „Vorlagen waren Zeichnungen, Beschreibungen und Bilder, die die historische Person des Paulus von Tarsus darstellten. Das Buch ‚Paulus von Tarsus. Archäologen auf den Spuren des Völkerapostels' ist Anfang April rechtzeitig zum von Papst Benedikt XVI. ausgerufenen Paulus-Jahr (28. Juni 2008 - 29. Juni 2009) erschienen."

Zur Aufgabenstellung der „Visuellen Fahndungshilfen" schreibt das Landeskriminalamt: „Phantombilder kennt fast jeder aus der täglichen Zeitungslektüre. Mit ihnen wird häufig nach flüchtigen Straftätern gefahndet, wenn Opfer oder Zeugen einen Täter in Zusammenhang mit einer Straftat gesehen haben. In Nordrhein-Westfalen werden diese Bilder landesweit von den LKA-Experten der Einsatzgruppe ‚Visuelle Fahndungshilfen' erstellt. Die Kriminalbeamten werden von den jeweils zuständigen Polizeibehörden des Landes NRW angefordert und setzen sich vor Ort mit Geschädigten oder Zeugen zusammen, um ein Phantombild zu erstellen. Mit dem Phantombild haben dann die Polizeibehörden die Möglichkeit, die Öffentlichkeitsfahndung nach dem unbekannten Täter aufzunehmen. Wichtig ist, dass nicht notwendigerweise ein genaues Abbild in Passbildqualität der gesuchten Person entsteht, sondern ein möglichst ähnliches Typenbild mit den wesentlichen charakteristischen Merkmalen des Gesichts der beobachteten Person."

Frage: Ist Paulus von Tharsus in Nordrhein-Westfalen etwa zur Fahndung ausgeschrieben worden? Das LKA schreibt zwar einerseits, es ist „ein ganz besonderes Phantombild, mit dem ausnahmsweise mal nicht nach der abgebildeten Person gefahndet wird", aber wie kann man andererseits die „Amtshilfe", Beschäftigung eines Experten des LKA und die kostenpflichtige Pressemitteilung anders begründen?

Das Internetportal kath.net veröffentlichte gestern die Pressemitteilung des LKA und ein hpd-Leser stutzte. Er fragte beim LKA in Düsseldorf nach.

Welche kriminalistische Relevanz haben diese Phantombilder um die Beschäftigung einer aus Steuergeldern finanzierten Instanz zu rechtfertigen?

LKA: „Das Landeskriminalamt NRW ist in Nordrhein-Westfalen die einzige Polizeidienststelle, die Phantombilder erstellen kann. Besondere Phantombilderstellungen sind immer auch unter dem Aspekt von Schulungs- und Übungszwecken und der Einhaltung von Qualitätsstandards zu sehen."

Welche Kosten wurden dem Autor (oder ggf. einer kirchlichen Institution) dafür in Rechnung gestellt?

LKA: „Im Rahmen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit sind keine Kosten berechnet worden."

Da bleibt nur die Frage, seit wann christliche Propaganda zur „polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit" gezählt wird. Andererseits: Phantom und Paulus - keine unpassende Kombination.

CF