Der „Land Letter"

USA. (hpd) Die Southern Baptist Convention ist mit über 16 Millionen Mitgliedern in 42.334 Kirchen die größte protestantische Glaubensgemeinschaft in den Vereinigten Staaten. Sie vertritt konservative politische Standpunkte und gilt als eine der wichtigen Stützen der republikanischen Wählerschaft. 78% der südlichen Baptisten votierten 2004 für George W. Bush.

Am 3. Oktober 2002 schrieb Richard D. Land, Vorsitzender der Kommission für Ethik und Religionsfreiheit der Southern Baptist Convention, einen offenen Brief an US-Präsident Bush, in dem er eine militärische Aktion gegen den Irak ausdrücklich begrüßte. Mehrere Kirchenführer schlossen sich ihm an. Der hpd dokumentiert den „Land Letter" im Wortlaut:

Die Kommission für Ethik und Religionsfreiheit
der Southern Baptist Convention
3. Oktober 2002

An den ehrenwerten George W. Bush
Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika
Das Weiße Haus
Washington, DC 20502

Sehr geehrter Herr Präsident,
Zu diesem bedeutenden Zeitpunkt in der Geschichte unserer Nation schreiben wir Ihnen, um unsere tiefempfundene Zustimmung zu Ihrer kühnen, tapferen und vorausschauenden Führung auszudrücken. Ihr wortgewandtes und klares Bekenntnis zu den höchsten Idealen unserer Nation, der Freiheit und der Entschlossenheit, diese Freiheit hier und auf der ganzen Welt zu verteidigen, hat Amerikaner überall begeistert.

Wir glauben, dass Ihre Politik gegenüber dem derzeitigen terroristischen Feldzug gegen Amerika sowohl richtig als auch gerecht ist. Insbesondere glauben wir, dass Ihr angekündigtes Vorgehen gegenüber Saddam Hussein und dessen unbeirrbaren Streben nach der Entwicklung biochemischer und nuklearer Massenvernichtungswaffen umsichtig ist und völlig im Rahmen der altehrwürdigen Richtlinien für einen gerechten Krieg liegt, wie sie im späten vierten und frühen fünften Jahrhundert von christlichen Theologen entwickelt wurden.

Erstens ist Ihre Absicht, gegen Saddam Hussein, wenn nötig, militärische Mittel anzuwenden, gerecht. In der Theorie des gerechten Krieges ist nur ein Verteidigungskrieg vertretbar; wenn militärische Gewalt gegen Saddam Hussein angewandt wird, dann deshalb, weil er seine Nachbarn angegriffen, Massenvernichtungswaffen gegen seine eigene Bevölkerung eingesetzt und Terroristen des al-Qaida-Netzwerks, welches unsere Nation am 11. September 2001 so heimtückisch und grausam angegriffen hat, Unterschlupf geboten hat. Sie sagten in Ihrer Ansprache vor den UN am 12. September: „Wir dürfen uns keine Illusionen machen [...] Saddam Hussein hat 1980 den Iran und 1990 Kuwait angegriffen. Er hat ballistische Raketen auf den Iran, Saudi Arabien, Bahrain und Israel abgeschossen. Sein Regime hat die Ermordung aller Menschen zwischen 15 und 70 Jahren in einigen kurdischen Dörfern im Nordirak angeordnet. Er hat unzählige Iraner und vierzig irakische Dörfer vergast."

Saddam Hussein zu entwaffnen und außer Gefecht zu setzen, heißt die Freiheit und freiheitsliebende Menschen gegen staatsgeförderten Terrorismus und Mord zu verteidigen.

Zweitens muss ein gerechter Krieg einer gerechten Absicht folgen. Unsere Nation plant nicht, den Irak zu zerstören, zu erobern oder auszubeuten. Wie Sie in Ihrer Ansprache an die UN-Vollversammlung geradeheraus erklärten: „Die Vereinigten Staaten liegen nicht im Streit mit dem irakischen Volk [...] Freiheit für das irakische Volk ist ein wichtiges moralisches Anliegen und ein bedeutendes strategisches Ziel. Die Menschen des Irak verdienen es; die Sicherheit aller Nationen hängt davon ab. Freie Gesellschaften drohen nicht mit Grausamkeit und Unterwerfung, und offene Gesellschaften bedrohen die Welt nicht mit Massenmord. Die Vereinigten Staaten unterstützen die politische und ökonomische Freiheit in einem vereinten Irak."

Dies ist unzweifelhaft eine gerechte und ehrenwerte Absicht.

Drittens darf ein gerechter Krieg nur als letzter Ausweg gewählt werden. Wie Sie vor den UN so klar darstellten, hat Saddam Hussein mehr als ein Jahrzehnt lang die Resolutionen des Sicherheitsrates ignoriert oder sich über sie hinweggesetzt und nahezu jedes geschlossene Abkommen gebrochen. Seine eigenen Handlungen belegen, dass er als grausamer Diktator zu sehen ist, dem nicht zugetraut werden kann, sich an irgendwelche Abmachungen zu halten. Während er Ausflüchte macht und seine Handlungen verschleiert, fährt er fort, Massenvernichtungswaffen zu erwerben und zu entwickeln, welche er verwenden wird, um die Gemeinschaft der Völker der Welt zu terrorisieren.

Die Welt hat mehr als ein Jahrzehnt darauf gewartet, dass die irakische Regierung das Abkommen erfüllt, alle ihre Massenvernichtungswaffen zu zerstören, deren Produktion und den Bau der sie transportierenden Langstreckenraketen einzustellen und vollständige, gründliche Inspektionen zuzulassen, um die Einhaltung dieses Abkommens zu kontrollieren. Sie hat dies nicht getan und wird dies nicht tun und jede weitere Verzögerung dabei, diese Regierung zum Einlenken zu zwingen, wäre angesichts der schweren und wachsenden Gefahr unverantwortlich.

Viertens benötigt ein gerechter Krieg die Zustimmung einer legitimen Autorität. Wir glauben, dass es weise und umsichtig von Ihnen war, vor die UN-Vollversammlung zu treten und den UN-Sicherheitsrat aufzufordern, seine eigenen Beschlüsse umzusetzen. Allerdings glauben wir als amerikanische Bürger, dass - wie hilfreich ein Beschluss des UN-Sicherheitsrats auch sein mag - die legitime Autorität zur Genehmigung des Einsatzes des US-Militärs die Regierung der Vereinigten Staaten ist und dass die nötige Legitimation eine Kriegserklärung oder ein gemeinsamer Beschluss des Kongresses ist.

Als die Sowjetischen Atomraketen auf Kuba eine ernste Bedrohung der Sicherheit Amerikas darstellten, bat Präsident Kennedy um die Unterstützung der UN und der Organisation Amerikanischer Staaten, aber er machte klar, dass - unabhängig von dieser Unterstützung - die Raketen entweder von den Sowjets entfernt oder von uns selbst ausgeschaltet würden. Das amerikanische Volk hätte nichts anderes von seinem Präsident und seiner Regierung erwartet.

Fünftens muss ein gerechter Krieg klare Ziele haben, und der Gebrauch von militärischen Mitteln muss eine angemessene Aussicht auf Erfolg haben. In anderen Worten: „Totaler Krieg" ist nicht akzeptabel, und die Kriegsziele müssen erreichbar sein. Wir glauben, dass Ihr Ziel, den mörderischen Diktator des Irak zu entwaffnen und seine Massenvernichtungswaffen zu zerstören und dadurch die Menschen des Irak aus seinem grausamen und barbarischen Griff zu befreien, diese Bedingungen mehr als erfüllt.

Sechstens verlangt die Theorie des gerechten Krieges die Unantastbarkeit von Nicht-Kombattanten. Wir sind sicher, dass unsere Regierung - im Gegensatz zu Hussein - Zivilisten nicht als Ziele wählen wird und alles Menschenmögliche tun wird, um Verluste unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden.

Siebtens verlangt die Theorie des gerechten Krieges, dass die Frage der Angemessenheit geklärt wird. Werden die Kosten an Menschenleben auf beiden Seiten während des bewaffneten Konflikts in Hinblick auf die erklärten Zielen angemessen sein? Wird das, durch die Wahl kriegerischer Mittel, gewonnene Gut den Verlust von Leben und die Versehrten rechtfertigen? Wir glauben, dass nicht jetzt auf diese Bedrohung zu reagieren noch größere Verluste an Menschenleben und noch größeres Leid zur Folge haben werden, wenn wir uns in naher Zukunft einem noch schwerer bewaffneten und gefährlicheren Saddam Hussein stellen müssen. Wir glauben, dass jeder vergehende Tag die Gefahr menschlichen Leids vergrößert.

Wie anders und wie viel sicherer wäre die Geschichte des 20. Jahrhunderts verlaufen, wenn die Alliierten sich Hitler 1936 bei der illegalen Besetzung des Rheinlandes - in klarem Bruch der von Deutschland unterschriebenen Verträgen - entgegengestellt hätten? Es ist immerhin möglich, dass viele Millionen Menschen im Zweiten Weltkrieg nicht gestorben wären, wenn die Alliierten eine Einhaltung der Verträge erzwungen hätten, anstatt einen mörderischen Diktator zu besänftigen.

Wir sind äußerst dankbar, dass wir einen Präsidenten haben, der die schmerzhaften Lehren des 20. Jahrhunderts gelernt hat und der entschlossen ist, Amerika und die Welt in eine andere und weitaus bessere Zukunft zu führen. Sie sagten den Politikern der Welt vor den UN: „Wir müssen uns zwischen einer Welt der Angst und einer Welt des Fortschritts entscheiden. Wir können nicht daneben stehen und nichts tun, während die Gefahren wachsen. Wir müssen für unsere Sicherheit und für die unabänderlichen Rechte und Hoffnungen der Menschheit eintreten. Aus unserer Tradition und aus unserer freien Wahl werden sich die Vereinigten Staaten von Amerika dieser Aufgabe stellen."

Herr Präsident, wir stehen dabei an Ihrer Seite. Dabei sind wir - auch wenn wir nicht für all unsere Mitglieder sprechen können - gewiss, dass wir die Überzeugungen und Anliegen der überwiegender Mehrheit derer ausdrücken, die das Privileg haben zu dienen.

Bitte seien Sie gewiss, dass wir uns den Millionen unserer amerikanischen Freunde im täglichen Gebet für Sie und Ihre Familie anschließen.

Hochachtungsvoll

Richard D. Land, D.Phil.
Präsident
Ethics & Religious Liberty Commission
Southern Baptist Convention

Dr. Chuck Colson
Chairman
Prison Fellowship Ministries

Dr. Bill Bright
Founder and Chairman
Campus Crusade for Christ International

D. James Kennedy, Ph.D.
President
Coral Ridge Ministries Media, Inc.

Dr. Carl D. Herbster
President
American Association of Christian Schools

 

Übersetzung: Roland Gromes