Minister Schäuble bricht Zusage

BERLIN (hpd) Am 1. Januar 2009 tritt das neue Personenstandsrecht in Kraft, nachdem es zuvor noch den Bundesrat passiert hat. Aus der nun bekannt gewordenen Verordnung zur Umsetzung ergibt sich, dass in allen öffentlichen Registern, die Beurkundungen von Geburten, Eheschließungen, Begründungen von Lebenspartnerschaften und Sterbefälle enthalten, nur die Religionszugehörigkeit, nicht aber die Mitgliedschaft in einer Weltanschauungsgemeinschaft genannt werden soll.

Auch in anderen Teilen dieser Ausführungsverordnung zum Gesetz werden die Kirchen einseitig bevorzugt.

Zusage ohne Bedeutung

Im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens hatte sich der HVD bereits im Juni 2007 an den federführenden Innenminister Dr. Schäuble gewandt und ausführlich dargelegt, welche der beabsichtigten Vorschriften nur die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften erwähnen, ohne dass sich aus der Wortwahl ergeben würde, dass sich diese auch auf die öffentlich-rechtlichen Weltanschauungsgemeinschaften beziehen müssen, um im Einklang mit der Verfassung zu stehen. Das Ministerium wurde ausdrücklich gebeten, die verfassungsmäßigen Rechte der Weltanschauungsgemeinschaften zu respektieren.
Die Antwort aus dem Ministerium war eigentlich ermutigend: „Ihre Auffassung zu den Regelungen dieses Gesetzes, die sich auf Religionsgemeinschaften beziehen, wird hier geteilt. Die angeregten erläuternden Regelungen werden, soweit dies erforderlich ist, in die untergesetzlichen Vorschriften aufgenommen“. So stand es in dem Antwortschreiben des Ministeriums.
Seit kurzem ist die Bundesrats-Drucksache zugänglich, die diese Erwartungen wieder zunichte macht. Dem Bundesrat liegen noch im Oktober die Texte der Ausführungsverordnung zum neuen Personenstandsgesetz sowie die Muster für die Geburtsurkunden etc. und die neuen elektronischen Register zur Beratung und Beschlussfassung vor. Es ist davon auszugehen, dass die beiden zuständigen Ausschüsse des Bundesrates, nämlich der Rechtsausschuss und federführend der Innenausschuss diese Vorlagen durchwinken.

HVD protestiert

Durchgehend in allen Personenstandsurkunden findet sich jedoch dann nur noch ein Feld, in dem der Standesbeamte die Religionszugehörigkeit eintragen muss. Das Anliegen des HVD, dass die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in dem Gesetz und in den in der Praxis noch wichtigeren Ausführungsvorschriften und Registern Niederschlag findet, blieb völlig unbeachtet.
Dazu stellt der Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD), Dr. Horst Groschopp, fest: „Den Staat geht die Religion oder Nicht-Religion seiner Bürgerinnen und Bürger nichts an, wenn diese sich im Rahmen der Verfassung bewegt. Das neue Personenstandsgesetz ist aber nicht nur in dieser Hinsicht rückwärtsgewandt. Es missachtet in seiner vorgesehenen Umsetzung auch die Rechte der Mitglieder von Weltanschauungsgemeinschaften wie dem Humanistischen Verband, besonders seiner Mitgliedsorganisationen, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Das Gesetz steht damit im eindeutigen Widerspruch zu unserem Grundgesetz. Wir werden dagegen vorgehen.“

Klage wird erwogen

Der HVD hat für die vorgesehene Regelung kein Verständnis. Denn es wäre ein Leichtes gewesen, die Datenfelder der Register neutral zu benennen bzw. mit „Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft“ zu bezeichnen. Durch die Neuregelung sind die Humanisten gezwungen, dieses Feld mit einem Strich versehen zu lassen und können, auch wenn sie es wünschen, ihre Zugehörigkeit zur einer Weltanschauungsgemeinschaft, wie dem HVD, nicht registrieren lassen.
Da die Urkunden und die Register dieses Feld zwingend enthalten, kann bei entsprechendem Wunsch die Eintragung auch nicht ohne jede Angabe hierzu vorgenommen werden. Es sind auch Fälle denkbar, in denen Angehörige einer christlichen Kirche die Nennung ihrer Religionszugehörigkeit nicht wünschen. Auch für sie bleibt dann nur die Streichung, ohne dass diese Angabe einfach entfällt. Die begrüßenswerte bisherige Übung, wonach die Urkunde in solchen Fällen einfach keinen Bezug auf die Frage der Religionszugehörigkeit nimmt, ist damit ohne Not aufgegeben worden.
Die Landesverbände des HVD in Niedersachsen, Nordrheinwestfalen und der HVD Nürnberg haben als Körperschaften des öffentlichen Rechts die Rechte, die durch die Neuregelung missachtet werden. Sollten die Vorschriften wie jetzt absehbar in Kraft treten, dann wird innerhalb des HVD ein abgestimmtes Vorgehen hiergegen auf der Tagesordnung stehen.
Die Verantwortlichen täten gut daran, ihre sogar schriftlich gegebenen Versprechungen zu halten und nicht – wie hier zu sehen – die häufig zu konstatierende Bevorzugung der Kirchen gegenüber den Weltanschauungsgemeinschaften ein weiteres Mal entgegen der Verfassung fortzuschreiben.

Judith Huber