Keine Kommunalbeteiligung an Kirchenerhaltung

ERFURT. (hpd) Die angeblich pflichtigen gemeindlichen Kirchenbaulasten in den Kommunen der neuen Bundesländer sind hinfällig. Die Pflicht, sich an Renovierungs- und anderen Erhaltkosten zu beteiligen, sind mit dem Einigungsvertrag zu Ende gegangen. Dies hat Ende voriger Woche das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

  Im konkreten Fall hatte die evangelische Kirche (eine Kirchgemeinde und eine Pfarrei in Thüringen) gegen die Stadt Hildburghausen geklagt, die sich nicht an den Sanierungskosten einer Kirche beteiligen wollte. Das Gericht hat nun grundsätzlich entschieden, dass sich Kommunen in den Neuen Ländern künftig nicht mehr finanziell an der Erhaltung der Kirchen beteiligen müssen.

 

Während der Thüringer Gemeinde- und Städtebund das Urteil begrüßte, sind nun, nach Meinung der Kirche, durch das Urteil viele denkmalgeschützte Kirchen in Thüringen vom Verfall bedroht. Die Thüringische Landeskirche prüft jetzt den Gang vor das Bundesverfassungsgericht.

Im Urteil 84/2008 vom 11.12.2008 begründet das Bundesverwaltungsgericht in Urteil 7 C 1.08, dass vertraglich „begründete Kirchenbaulasten der ehemaligen Gemeinden in der späteren DDR nicht auf die nach der Wende errichteten Gemeinden übergegangen, sondern mit dem Inkrafttreten des Einigungsvertrages erloschen“ sind.

Die Klägerinnen stützten sich auf zwei, 1928 und 1929 geschlossene Verträge. „In ihnen hatte sich die damals noch selbstständige, 1969 in die Stadt Hildburghausen eingegliederte Gemeinde Häselrieth verpflichtet, die Kosten der Instandsetzung von Kirche und Pfarrgebäude zu tragen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die beklagte Stadt Hildburghausen sei nicht aufgrund der Verträge zwischen der damaligen Gemeinde Häselrieth und den Klägerinnen verpflichtet, die geltend gemachten Aufwendungen zu tragen. Die Gemeinden in der DDR hätten spätestens mit dem Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 18. Januar 1957 aufgehört, als rechtlich selbstständige Gebietskörperschaften zu existieren, mit der Folge, dass sie nicht mehr Schuldner der Verbindlichkeiten gewesen seien, die gegenüber den Gemeinden als rechtlich selbstständigen Gebietskörperschaften bestanden hätten. Durch die Kommunalverfassung der DDR vom Mai 1990 seien die Gemeinden und Landkreise in der DDR originär neu errichtet worden. Diese neu errichteten Gemeinden seien mit den bis 1957 existierenden Gemeinden weder identisch noch deren Rechtsnachfolger. Nach dem Einigungsvertrag und anderen insoweit erlassenen Gesetzen seien auf die neu errichteten Gemeinden nur solche Verbindlichkeiten übergegangen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit übernommenen Vermögenswerten stünden. Isolierte Verbindlichkeiten – wie die hier betroffenen Kirchenbaulasten – seien hingegen mangels einer im Einigungsvertrag vorgesehenen Überleitung erloschen.“

Das Bundesverwaltungsgericht hat nun diese Auffassung bestätigt. Vor allem hat das Bundesverwaltungsgericht geurteilt, dass „ein Vergleich mit den Kirchengemeinden in den alten Bundesländern ... nicht angestellt werden“ müsse. „Diese seien nicht von einer Umbruchsituation betroffen gewesen, in der habe geregelt werden müssen, welche Rechte und Rechtsverhältnisse in die neuen Verhältnisse übergeleitet werden könnten und sollten. Jedenfalls habe der Gesetzgeber eine Situation vorgefunden, in der wegen einer grundlegenden Änderung der Verhältnisse der Fortbestand von Kirchenbaulasten zumindest zweifelhaft gewesen sei.“

Zudem sei historisch für die Begründung kirchlicher Baulasten angenommen worden, „dass die Einwohner der Gemeinde vollständig oder doch weitgehend identisch mit den Mitgliedern der Kirchengemeinde gewesen seien. Insoweit hätten sich die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR vollständig anders entwickelt. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten liege etwa in Thüringen die Zahl der Mitglieder einer Kirche deutlich unter einem Drittel der Gesamtbevölkerung. Auch wenn die heutige konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung sich als Ergebnis gezielt antikirchlicher Politik der DDR erweise, müssten die neu errichteten Gemeinden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sich dieses Ergebnis nicht zurechnen lassen.“

Siegfried R. Krebs