Zur Zuspitzung im „Pro-Reli"-Streit

(hpd) Der Autor Thomas Häntsch stellt klar, dass er sich von dem Vorsitzenden von „Pro Reli" vereinnahmt fühlt, indem seine Veröffentlichungen unbeteiligten Dritten untergeschoben werden und als Streitball für gegenseitige Anfeindungen benutzt werden. Er hat dem hpd dazu seine Stellungnahme übermittelt.


Eine Stellungnahme von Thomas Häntsch

Anmerkungen zu meinem Artikel „Die religiöse Dressur des Kindes" im hpd vom 27.03.2008 und der Äußerungen von Herrn Dr. Christoph Lehmann.

Erstens möchte ich klarstellen, dass ich diesen Artikel zur Veröffentlichung im hpd weder für eine Organisation noch im Auftrag von Dritten geschrieben habe.

Zweitens stehe ich zum Inhalt des Beitrages, der das Ergebnis eigener Recherchen ist und nicht die Religion angreift, sondern tatsächliche Gebräuche im Zusammenhang mit der Religionsausübung beschreibt.

Das Bedürfnis, mich zu dieser Veröffentlichung explizit zu äußern, ist entstanden, nachdem der Vorsitzende des Vereins Pro Reli, Herr Dr. Christoph Lehmann, diesen Artikel und meinen Namen in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (Ausgabe vom 28.12.2008) erwähnte.

Herr Lehmann benutzte meine Veröffentlichung im Zusammenhang mit Vorwürfen gegen den Humanistischen Verband (HVD) als Anhaltspunkt für angebliche Religionsfeindlichkeit dieses Verbandes. Diese Sichtweise entbehrt jeder Grundlage, da ich weder Mitglied im HVD bin, noch arbeite ich in irgendeiner Weise für diesen.

Ich kann fernerhin den Tumult über den Inhalt nicht nachvollziehen, denn ich habe nicht, wie behauptet wird, Kommunionkinder mit Zirkuspferden verglichen. Dieser Zusammenhang kommt im Artikel nicht vor, die ersten Sätze sind lediglich eine Hinführung auf das Thema.

Es geht in diesem Artikel auch nicht um die Diffamierung von Gläubigen. Es geht vielmehr um eine Art von Frömmelei, die ein Tribut an gewisse Normen von Teilen unserer Gesellschaft darstellt.

Kinder, die in Familien aufwachsen, in denen der Glaube gelebter Alltag ist, werden allein durch das Vorbild der Eltern, durch die Teilnahme am Leben in der Gemeinde auf dieses Ereignis (Erstkommunion) hingeführt. Da braucht es keinen Unterricht durch staatliche Schulen, da müssen die Großeltern nicht mit neuer Soft- und Hardware - womöglich die neuesten „Ballerspiele" - werben. In diesen Familien wird mit großer Sicherheit das Wort der Bibel mehr Stellenwert als die Werbeslogans für Kommunionsgeschenke aller Art besitzen. Um diese Kinder geht es ganz und gar nicht.

Bei den Recherchen zum Thema habe ich feststellen müssen, dass Pfarrer und Katecheten teilweise entsetzt darauf reagierten, wie sich viele der Kinder verhielten, die zur Kommunionsvorbereitung in einer Kirche erschienen. Es waren Mädchen und Jungen katholischer Eltern, denen zunächst einmal beigebracht werden musste, wie man sich in einem Gotteshaus benimmt. In Anbetracht dieser Tatsache erscheint es glaubhaft, dass die Erstkommunion für diesen Teil nur eine eingeübte Handlung bleibt.

Der Vater eines Kommunionkindes, den ich fragte, ob er denn seinen Sohn schon einmal an die Hand genommen und mit ihm einen Gottesdienst gefeiert habe, antwortete. Das würden die Frauen machen, die in den Kommunionsgruppen die Kids auf die Feier vorbereiten.
Dass eine derartige Einstellung keine Ausnahmeerscheinung ist, haben selbst die obersten Glaubenshüter erkennen müssen.
Die katholische Bischofskonferenz stellte 2005 in einer Veröffentlichung zum Religionsunterricht fest: „Dabei ist zu bedenken, dass der Religionsunterricht für eine wachsende Zahl von Kindern und Jugendlichen der wichtigste und oft auch einzige Ort der Begegnung mit dem Glauben und der Hoffnung der Kirche ist." (Die deutschen Bischöfe Der Religionsunterricht vor neuen Herausforderungen 16. Februar 2005 Herausgeber: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz Kaiserstr. 161, 53113 Bonn)

Wer den Artikel liest, der wird seine ganz individuellen Schlüsse daraus ziehen.

Wer im christlichen (in diesem Fall dem Katholischen) Glauben verwurzelt ist, der wird über diesen Ausführungen stehen. Sie betreffen ihn nicht.

Derjenige, der zu den 86 Prozent der Katholiken zählt, die dem Gottesdienst fern bleiben und sich am Gemeindeleben (gewisse Weihen ausgenommen) nicht beteiligen, der wird sich darin erkennen. Vielleicht regt es diese Menschen zum Nachdenken an.

Ein Dritter wird sich darin erkennen, dass er der Hälfte der deutschen Bevölkerung angehört, die dies alles mit Steuergeldern mitfinanzieren muss, ohne einer der Kirchen anzugehören.

Ein Vierter wird sich provoziert fühlen, wird mir seinen Widerspruch mitteilen, dem ich mich gern stelle. Das gilt auch für Herrn Dr. Lehmann. Doch ich lasse nicht unkommentiert zu, dass meine Veröffentlichungen unbeteiligten Dritten untergeschoben werden und als Streitball für gegenseitige Anfeindungen benutzt werden.