Volksbegehren von „Pro Reli" erfolgreich

BERLIN. (hpd) Die Initiative „Pro Reli" hat die zweite Hürde bis zu einem Volksentscheid über den Gesetzentwurf für ein Wahlpflichtbereich Ethik/Religion erfolgreich genommen und bereits zum Ende der Auslegungsfrist die erforderlichen gültigen Stimmen für das Volksbegehren erreicht und übertroffen.

 

Heute um 13:00 endete die Auslegungsfrist der Unterschriftenlisten des Volksbegehrens für einen Wahlpflichtbereich Ethik/Religion. Wie der Landeswahleiter bekannt gab, wurden bisher von den Bezirkswahlämtern 201.403 Unterstützungsunterschriften geprüft, von denen 181.584 gültig sind. Damit ist die erforderliche Anzahl von Unterstützungsunterschriften von 170.905 Unterschriften erreicht und übertroffen. Der Volksentscheid wird also kommen.

Mehrere 10.000 weitere Unterschriften müssten jetzt noch geprüft werden. Bis zum 2. Februar 2009 haben die Bezirkswahlämter dafür Zeit, so dass der Landeswahlleiter voraussichtlich am 4. Februar das endgültige Ergebnis feststellen und bekannt geben wird.

Nach Veröffentlichung dieses Gesamtergebnisses hat der Senat von Berlin dann fünfzehn Tage Zeit und muss spätestens bis zum 19. Februar das Datum zur Durchführung des Volksentscheids festlegen und veröffentlichen.

Zwei Bedingungen müssen zugleich erfüllt werden

In § 36 des Berliner Abstimmungsgesetzes ist genau beschrieben, dass zwei Bedingungen zugleich erfüllt sein müssen, wenn ein Volksentscheid erfolgreich sein will: „Ein Gesetzentwurf oder ein sonstiger Beschlussentwurf ist durch Volksentscheid angenommen, wenn die Mehrheit der Teilnehmer und Teilnehmerinnen und zugleich mindestens ein Viertel der Stimmberechtigten zustimmt."

Es müssen also in dem bevorstehenden Volksentscheid über den Gesetzentwurf von „Pro Reli" nicht nur die immer wieder genannten rund 600.000 Wähler oder 25 % der Wahlberechtigten - das sind zur Zeit exakt 610.374 Stimmen -, mit „Ja" stimmen, sondern die Befürworter müssen zugleich auch die Mehrheit der Abstimmenden auf ihrer Seite haben, d.h. es müssen mehr als 50% der an der Wahl Teilnehmenden für den Gesetzentwurf stimmen und diese Mehrheit muss dann mindestens rund 600.000 der Wahlberechtigten darstellen. Mit anderen Worten, nicht nur die Initiative „Pro Reli" wird ihre Kampagne weiter intensivieren müssen, um die mindestens 600.000 „Ja"-Stimmen für die Wahlpflicht zwischen Ethik und Religion zu bekommen, auch die Initiative „Pro Ethik" muss für ihr Anliegen werben, die jetzige Regelung beizubehalten, da ebenfalls mindestens 600.000 (plus 1) mit „Nein" abstimmen müssen, soll der Gesetzentwurf abgelehnt werden.

Eine geringe Wahlbeteiligung von nur 36 %, wie bei dem ersten Volksentscheid in Berlin über den Erhalt des Flughafens Tempelhof, wäre wahrscheinlich ein Vorteil für „Pro Ethik", da „Pro Reli" dann wahrscheinlich größere Schwierigkeiten haben wird, die notwendigen 600.000 „Ja"-Stimmen zu mobilisieren. Die Befürworter des Erhalts des Flughafen Tempelhofs hatten mit 530.000 die klare Mehrheit der Abstimmenden, scheiterten aber an den erforderlichen 25 % der Wahlberechtigten, da diese Stimmenzahl nur 22 % darstellten.

Große Skepsis

Verschiedene Befragte äußerten große Skepsis, dass es „Pro Reli" überhaupt gelingen kann, die für den Volksentscheid notwendige Stimmenzahl zu bekommen, egal zu welchem Zeitpunkt gewählt werden wird. Betrachte man sich den enormen finanziellen, personellen und zeitlichen Aufwand, den „Pro Reli", die Kirchen und die CDU in das jetzt letztendlich erfolgreiche Volksbegehren investiert haben - Großplakate, Werbetafeln an Lichtmasten, mobile Werbestände, Radiospots, Briefe an jeden Haushalt mit erwachsenen Kirchenmitgliedern, Werbung und Unterschriftenlisten im Religionsunterricht, in den Kirchen, auf den Straßen, in den U-Bahnen, etc. - wie wolle man das noch steigern? Auch Weihnachten wird es zum Abstimmungstermin nicht geben. Und: Alles muss auf einen einzigen Tag der Abstimmung hin konzentriert werden.

Wenn „Pro Reli", die Kirchen und die CDU mit diesem Kraftakt noch nicht einmal zehn Prozent der Wahlberechtigten in Berlin erreicht haben, wie wollen sie dieses Ergebnis verdreifachen? Wenn schließlich rund 200.000 gültige Stimmen im jetzt beendeten Volksbegehren erreicht werden sollten, dann sind auch das nur gut 20 % der erwachsenen Kirchenmitglieder in Berlin. Das heißt, die Kirchen könnten noch nicht einmal unter den eigenen Mitgliedern die erforderliche Zustimmung erreichen.

C.F.