Aufgeblasener Start

BERLIN. (hpd) "Pro Reli" hatte zum offiziellen Kampagnenstart vor das Brandenburger Tor eingeladen und es zeigte sich, dass man, im Vergleich zur Phase des Volksbegehrens, in den Falschdarstellungen und Großspurigkeiten jetzt noch einige Nummern größer werden will.

Sowohl der Tag (18. März), als auch der Ort in Berlin (Platz des 18. März vor dem Brandenburger Tor) waren für die Kampagne von „Pro Reli" mit Bedacht und Anspruch gewählt worden.

Am 18. März 1848 besiegten in Berlin die Arbeiter und Bürger im Straßen- und Barrikadenkampf die Truppen des preußischen Königs: Es war der Beginn der Deutschen Revolution 1848/49 („März-Revolution"), und der 18. März gilt als Geburtstag des demokratischen Parlamentarismus in Deutschland. An diesem Tag fallen am Schloss zwei Schüsse, die den bewaffneten Kampf der Berliner auslösen. Die meisten der 183 Opfer der Straßenkämpfe sind Handwerker und Arbeiter.

In diesen martialischen Bezug - allerdings ohne Schüsse und ohne die toten Handwerker und Arbeiter - stellte Christoph Lehman, der Vereinsvorsitzende von „Pro Reli" den Beginn und die zentralen Aussagen der Werbekampagne.

Zentraler Begriff wird nicht „Religionsunterricht" oder „Religion" sein, das eigentliche Anliegen, sondern wie bereits in der Kampagne des Volksbegehrens die „Freiheit", und das in allen Variationen. Die Regelung in den westlichen Bundesländern, Pflichtfach Religion, heißt nun: „Gleiche Freiheit für Berlin", und der angestrebte Wahlzwang zwischen Ethik und Religion bedeutet nun: „Freiheit bedeutet zu wissen, dass wir immer die Wahl haben". Diesmal gilt es auch alle und jeden zu gewinnen, denn: „Diesmal gilt's: Jetzt kämpfen Muslime, Juden, Christen und Atheisten gemeinsam für die Freiheit. In der Wahlkabine." Man beachte die Reihenfolge und die Zuversicht, dass auch Atheisten für „Pro Reli" zu gewinnen wären, oder sollen die genannten Religionsangehörigen mit den Atheisten in den Wahlkabinen um die Freiheit gemeinsam boxend oder schlagend „kämpfen"? Und damit es ja keiner vergisst: „Am 26. April ist Tag der Freiheit." Die übrigen 364 Tage des Jahres herrscht ja bekanntlich die Diktatur in Berlin.

Der Vertreter der Frankfurter Werbeagentur kündigt ein ganzes Paket von Aktionen und Überraschungen an, wobei man den Schwerpunkt auf das Internet legen werde, da 80 % der Berliner Haushalte ans Internet angeschlossen seien.

Christoph Lehmann und sein Werbemanager posieren vor dem Brandenburger Tor lächelnd in der Sonne vor zwei groß aufgeblasenen Plakaten und scheinen die lächerliche Unmäßigkeit des historischen Bezugs und die Freiheitsverdrehung ihrer Slogans nicht zu bemerken. Ob die Berliner Wähler darüber lachen werden oder sich beeindrucken lassen, wird sich zeigen.

CF.