Darwin und die Theologie

GRAZ. (hpd) So lautete das Motto des „Tages der Katholisch-Theologische Fakultät“ der Universität Graz am 26. März 2009. Das Ergebnis erinnerte sowohl an Immunisierungstrategien, wie an eine Apologie des Köhlerglaubens.

Der Veranstaltung vorausgegangen war die Behauptung des, - dem Kreationismus nahe stehend verdächtigten, - Wiener Kardinal Johannes Schönborn. Er konstruierte einen Zusammenhang von Darwin und der gegenwärtigen Finanzkrise. Auf dieses Niveau begaben sich die Grazer Theologen glücklicherweise nicht, obwohl die etwas flapsige Moderatorin Mag. Barbara Krenn, - vom ORF/Abteilung Religion ausgeliehen, - einen intellektuellen Tiefgang erfolgreich vermied. Darum bemühte sich der Biologe Prof. Dr. Heinrich Roemer. Er eröffnete das Podium mit einer sehr sachlichen und objektiven Darstellung der Evolutionstheorie im Allgemeinen sowie der Darwinschen Position zur Endstehung der Arten im Besonderen. Dabei ging er auch kurz auf neueste Erkenntnisse der Synthetischen Evolutionstheorie ein. Sodann stellte er klar, dass die Evolution im Sinne von Zufall und Notwendig abläuft, aber nicht teleologisch gesehen werden darf. Gleichzeitig wurde betont, dass von der Evolutionstheorie keine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens zu erwarten sei.

Dies versuchte der Theosoph Prof. Dr. Reinhold Esterbauer, - Spiritus Rector der Veranstaltung, - mit Hilfe der Theologie und der Philosophie. Interessanterweise widersprach er Darwins Theorie der Selektion und Mutation nicht und erteilte sowohl den Kreationisten wie auch den Anhänger des „Intelligent Design“ eine klare Absage, was bezogen auf die Äußerungen seines Bischofs erstaunte und als mutig betrachtet werden muss. Weiter stellte er fest, dass zwar deren Argumente scheinbar sehr scharfsinnig, aber nicht logisch sind und wies allen drei Positionen einen Naturalistischen Fehlschluss nach. Schließlich sprach er von einem Paradigmenwechsel in der Naturwissenschaft und wollte nachweisen können, dass sowohl Darwin wie auch die Bibel Recht hätten, - nur Richard Dawkins nicht, - der beides nicht verstanden haben soll. Seine nicht hinterfragbare Kausalerklärung war dann, die Erstursache ist Gott, die Zweitursache die Evolution und außerdem gab es noch Zwischenursachen. Damit sah er als Theologe, keinen Widerspruch zwischen Darwins Evolutionstheorie und dem Glauben an einen christlichen Schöpfergott.

Theologen wollen Recht behalten

Theologen philosophieren eben nicht um der Wahrheit näher zu kommen, sondern um Recht zu behalten. Gleichzeitig wurde jedoch sehr tolerant und konziliant diskutiert. Es gab keine Kontroversen, weil die Moderatorin nur Fragen und keine Statements zuließ. Der Begriff „Sozialdarwinismus“ trat nur einmal auf, aber nur um dankenswerter Weise festzulegen was der Darwinismus nicht ist und um sich von Schönborn zu distanzieren. Eine gelungene Immunisierungsstrategie.

Ein weiterer Podiumsteilnehmer war Prof. Mag. Norbert Pichler, ein Religionslehrer, der in beiden Disziplinen, der Naturwissenschaft und der Theologie, unterschiedliche Sprachen und Fragestellungen feststellte, sonst aber nichts Wesentliches zum Thema beitrug. Dafür berichtete er redegewandt und mit geradezu kabarettistischem Charme aus seiner Praxis als Religionslehrer und bekannte, dass es den meisten seiner Schüler egal zu sein scheint, ob es Gott gibt oder nicht. Dabei hinterließ er den Eindruck, dass unter Religion mehr autoritätserhaltende Folklore verstanden wird, als Orientierung im Dasein.

Die Antwort auf alle noch offenen Fragen lieferte dann die Pastoralassistentin Mag. Sabine Petritsch mit naiver Einfachheit. Für sie gibt es ganz einfach zwei Wissenschaften, welche für das menschliche Leben notwendig sind, aber im Grunde nichts mit einander zu tun haben und sich deshalb auch nicht widersprechen. Einfach auf den Punkt gebracht: Die Naturwissenschaft für den Verstand und die Geisteswissenschaft für das Gemüt, unter Geisteswissenschaft schien sie aber ausschließlich die Theologie zu verstehen. So kann man natürlich auch einen Köhlerglauben ethisch rechtfertigen. Für eine erfolgreiche Pastoralarbeit muss man ihm jedoch nicht unbedingt selbst anhängen, was jedoch für die Referentin der Fall zu sein schien. Die sozialisierende Kraft der Religion ist unbestritten, so kann auch eine schlichte Einfalt die beiden Grundbedürfnisse der Menschheit befriedigen: Orientierung und Hingabe. Damit wächst dann einer kognitiven Beschränktheit moralische Bedeutung zu. Aber was ist, wenn sich naiver Glaube emanzipiert?

Schützt davor ein Bildungssystem in dem künftig alle EthiklehrerInnen am Religionswissenschaftlichen Institut der Katholisch-Theologischen Fakultät ausgebildet werden?

Über das wissenschaftliche Niveau tröstete eine sehr angenehme Atmosphäre und das Kalte Büffet hinweg.

Glückliches Klösterreich – bete.

Erich Satter