17 Argumente gegen falsche Wahrheitsansprüche

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Dr. Gerd Eisenbeiß / Foto: Christos Mantzas

KÖLN. (hpd) „Alle Religionen irren, 17 Argumente gegen falsche Wahrheitsansprüche.“ Ein Vortrag von Dr. Gerd Eisenbeiß am 04.09.2009 im "Allerweltshaus" in Köln, veranstaltet von der "Regionalgruppe Köln-Bonn-Düsseldorf des Förderkreises der Giordano Bruno Stiftung".

Der Physiker Dr. Eisenbeiß ist Mitglied der Regionalgruppe und hat sich beruflich vor allem mit Energie- und Umwelt-Fragen befasst. Als einen persönlichen Haupt-Beweggrund, sich mit dem Thema Religion zu beschäftigen, nannte er die gewisse Verwandtschaft zum „Thema seines Lebens“, das ihn über Jahrzehnte, u.a. im Bundesforschungsministerium und als Vorstand des „Forschungszentrum Jülich“, begleitet und bewegt habe - nämlich die, seiner Meinung nach, größte Herausforderung der Menschheit für die Zukunft: Der globale Kulturwechsel hin zur Nachhaltigkeit.

Kulturwechsel hin zur Nachhaltigkeit

Durch Nachfrage, auf welchen Grundlagen das menschliche Verhalten beruhe, werde offensichtlich, dass die Religionen für die Einhaltung der - auch im säkular-humanistischen Sinne - guten Vorschriften, nicht ausreichend verhaltensrelevant seien: z.B. müsste eigentlich, wie selbstverständlich, jeder Christ oder Moslem ein radikaler Umweltschützer sein, um die „Schöpfung“ zu erhalten. Oder jeder Christ in den USA müsste, aus der verordneten Nächstenliebe heraus, von Obamas Idee, auch den Armen eine Krankenversicherung angedeihen zu lassen, begeistert sein...

Da er keine effektivere Alternative kenne, müsse man vielleicht sogar im Sinne einer „Bündnisstrategie“ die Religionen für sich gewinnen, um ihre Kräfte mit einzusetzen um das Ziel der Nachhaltigkeit zu erreichen.

Daher wolle er nicht kämpferisch gegen die Religionen vorgehen; sein Ziel sei lediglich ein liberaler Geist in der Gesellschaft, der es demjenigen, der nicht mehr Christ sein wolle, erlaube, dies nicht mehr zu sein und demjenigen, der Moslem sei, erlaube, es nicht mehr zu sein - und sich dazu auch offen zu bekennen.

Im Folgenden hielt sich Eisenbeiß im Großen und Ganzen an seine „17 Thesen über Religion“ (im Anhang dieses Artikels), die er weiter ausführte und teilweise mit persönlichen Erlebnissen zusätzlich veranschaulichte. Im Folgenden seien einige interessante Schlaglichter genannt:

Durch so genannte „Offenbarungen“, so Eisenbeiß, würden nie Wahrheiten über die jeweilige Religion offenbart, sondern nur Eigenschaften des Menschen selbst: eingeübte Rituale z.B. könnten schnell zu einer Notwendigkeit für das persönliche Wohlbefinden werden, würden aber dadurch keine Wahrheit beweisen, denn man könne sie sich genauso gut auch wieder abtrainieren. Dies schilderte er an einem Beispiel aus seiner Kindheit: Er hatte als kleines Kind vor dem Einschlafen immer dafür beten müssen, dass „Onkel Bernie“, der verschollene Bruder seiner Mutter, heil aus dem Krieg wiederkäme. Als er sich in der Pubertät schließlich dagegen entschied, hatte er erhebliche Probleme, einzuschlafen und dafür weiterhin eine ganze Weile unter der Bettdecke die Hände falten müssen.

Ist Sich-Bekreuzigen unerlaubtes Doping?

Subjektiv als hilfreich empfundenes Beten habe nicht wirklich einen Effekt: sonst müsste ja auch z.B. das Sich-Bekreuzigen von Sportlern vor Wettkämpfen als Doping gebrandmarkt und verboten werden. Auf die Idee sei jedoch noch nie jemand ernsthaft gekommen...

Gegen das gerne vorgebrachte Argument von Gläubigen, die Unterschiede der Religionen seien kein wirkliches Argument dafür, dass der jeweilige eigene Glaube nicht der richtige sei, denn die wirklich wesentlichen Inhalte seien ja überall gleich, führte er an, dass dies tatsächlich nur auf wenige, sich besonders ähnelnde, Religionen zuträfe.

Wenn man jedoch die ganze Bandbreite betrachte, wäre das Welt- und Menschenbild völlig uneinheitlich und stark abweichend von dem der drei monotheistischen Religionen:
Im Hinduismus etwa gebe es im Kreislauf des Lebens zwischen Göttern, Menschen und Tieren nur graduelle Unterschiede, in den chinesischen Religionen bildeten Mensch und Natur sogar eine Einheit.

Im Gegensatz dazu gebe es allerdings doch wenige, dafür aber bezeichnende, Gemeinsamkeiten in den allermeisten Religionen: Die ethischen Grundnormen friedlichen Zusammenlebens, insbesondere der Schutz des Eigentums und des Lebens der Gemeinschaftsangehörigen selbst, seien weithin ähnlich, was sich natürlich aus der Natur der Sache ergebe.

Verordnete Triebunterdrückung

Und: die verordnete Triebunterdrückung. Seiner Meinung nach lässt sich der Mensch dadurch am besten „packen“, indem er ein schlechtes Gewissen im Zusammenhang mit seiner Sexualität eingeredet bekommt, er sich also einfach schon auf Grund seiner natürlichen Veranlagung als „Sünder“ sehen müsse und so besonders leicht manipulierbar sei.

Daraufhin gab er einen kurzen Überblick über die unterschiedlichen Religionen und Religions-Typen; dass die Entstehung wohl zeitgleich mit der Entstehung der unterschiedlichen Sprachen, also im Zuge der Separierung einzelner Gruppen voneinander verlief, und die jeweilige Verbreitung oft mit militärischen Erfolgen und Kolonialismus einherging.

Gemeinsam sei allen Religionen die mangelnde Globalität: z.B. der von Mohammed als Gottesbeweis angeführte Wechsel von Tag („zur Arbeit“) und Nacht („zum Ruhen“) gelte auf Island etwa nicht und die Behauptung von heiligen Stätten in staatlich abgegrenzten Territorien weise auf die nur lokale Kompatibilität hin. (Er wisse nebenbei auch einmal gerne, wie ein Moslem auf Tahiti bete, denn der habe ein Problem, sich beim Beten nach Mekka auszurichten: er müsse sich dabei nämlich auf den Kopf stellen...)

Theologie sei im Kern nur eine Ausarbeitung von Verteidigungsstrategien (Apologetik), kaum eine Wissenschaft, aber das Instrument, worauf heutzutage seitens der Kirchen allein noch zurückgegriffen werden könne, da es keine Scheiterhaufen mehr gebe...

Und, das Christentum im Speziellen betreffend, es seien tatsächlich die Pius-Brüder und nicht die Befolger des 2. Vatikanischen Konzils im „katholischen Recht“, denn ewige Wahrheiten müssten in der Tat auf ewig gelten. Von daher sei es doch sehr merkwürdig, dass all die „anständigen“ Katholiken vom Papst verlangten, sich zu ändern und zu modernisieren, was er ja gar nicht könne, anstatt doch einfach die irrende Kirche zu verlassen...

In der sich anschließenden Diskussion ging es sehr kontrovers um die Frage, ob man die Evolutionstheorie nicht besser als „Gesetz“ bezeichnen würde und darum, dass der Aspekt der Frauen-Unterdrückung in den Religionen ebenfalls von großer Bedeutung sei...

Constanze Cremer

Als nächste Veranstaltung der gbs-Regionalgruppe Köln-Bonn-Düsseldorf ist für Mitte Oktober, in Zusammenarbeit mit dem IBKA und dem Deutschen Freidenkerverband, ein Vortrag mit Prof. Franz Wuketits in Köln geplant.
Aktuelle Informationen hierzu können - wie immer - auf der Website der Regionalgruppe unter der Rubrik „Nächster Termin“ abgerufen werden.