„So muss Krieg aussehen“

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Christian Fiala / Fotos © Sepp Zaunegger

WIEN. (fdbö/hpd) Christian Fiala, Primar von „Gynmed“ und Gründer des österreichischen Verhütungsmuseums, über radikale Abtreibungsgegner, autoritäre Staaten und die Bedeutung der Fristenlösung.

Anlässlich der Diskussion um die Fristenlösung in Österreich interviewte Christoph Baumgarten für die Zeitschrift des Freidenkerbundes Österreichs „FreidenkerIn“ den Primar von „Gynmed“, Christian Fiala.
 

FreidenkerIn: Sie waren an einer der Demonstrationen gegen die radikalen Abtreibungsgegner beteiligt. Warum stellt man sich als Arzt heraus und hält dort eine Rede? Das ist ja ungewöhnlich.

Fiala: Das sollte selbstverständlich sein. Als Fachärzte für Geburtshilfe und Frauenheilkunde sind wir dem Überleben und der Gesundheit von Frauen verpflichtet. Es hat in der gesamten Menschheitsgeschichte keine Maßnahme gegeben, die Gesundheit und Überleben von Frauen in ähnlicher Weise verbessert hat wie die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Der legale und ungehinderte Zugang zum Schwangerschaftsabbruch ist die Basis des hohen Gesundheitsniveaus von Frauen und des hohen Standards, den wir als Gesellschaft als Ganzes in dieser Hinsicht haben.
 

Sie haben auf der Demo Ihre Erfahrungen aus Ländern in Asien und Afrika geschildert, wo Abtreibung verboten ist. Treibt einen das auf die Straße, wenn Leute fordern, dass auch hier Schwangerschaftsabbruch verboten werden soll?

Fiala: Ich hab zum Glück nie einen Krieg erlebt. Aber das, was ich in Ländern in Afrika und Asien erlebt habe, wo Schwangerschaftsabbruch verboten ist, da habe ich mir gedacht: Genau so muss Krieg aussehen. Genauso fürchterlich. Unbeschreiblich mit Worten.. Das ist dort eine tägliche Realität. Es ist unsere Pflicht als Männer, wenn Frauen ungewollt schwanger werden, Bedingungen zu schaffen, wo Frauen diese Schwangerschaft sicher und ohne negative Konsequenzen beenden können.
 

Wie geht es Ihnen, wenn Abtreibungsgegner 35 Jahre nach Einführung der Fristenlösung auf die Straße gehen und Sie als Mörder bezeichnen?

Fiala: Das ist sehr bezeichnend für den Machtverlust, den gewisse Kreise in unserer Gesellschaft spüren. In der österreichischen Gesellschaft gibt es einen ganz klaren Konsens, dass der Schwangerschaftsabbruch legal sein soll und dass die betroffene Frau die einzige ist, die das verantwortungsvoll und bewusst entscheiden kann. Offensichtlich gibt es einige Ewiggestrige, die schwer damit zurechtkommen, dass ihr Einfluss und ihre Macht auf Frauen aber auch über die Gesellschaft als Ganzes im Schwinden sind. Ich nehme diese Aggressivität zur Kenntnis und denke: Es ist gut, dass wir den bisherigen Weg weiter gehen, Das schlimmste, was passieren kann, ist, wenn diese Leute wieder an die Macht kommen und über unsere Sexualität bestimmen.