FRANKFURT. (hpd) Vortrag von Prof. Dr. Thomas Junker am 2. Oktober 2009 im Saalbau Bornheim / Frankfurt am Main im Rahmen der dritten Vortragsreihe der Säkularen Humanisten – Regionalgruppe Rhein-Main des Förderkreises der Giordano Bruno Stiftung (GBS) - in Zusammenarbeit mit DiKOM e.V.
Bericht und Kommentar von Jochen Beck
Dieser Vortrag war im Rahmen der Vortragsreihen der Säkularen Humanisten Rhein-Main streng genommen eine Fortsetzung, denn bereits am 15. Mai hatte Prof. Junkers Co-Autorin, die Biologin Dr. Sabine Paul, zu den evolutionsbiologischen Ursprüngen von Kunst und Religion referiert, die im zweiten Teil des - gemeinsam mit dem Wissenschaftshistoriker Prof. Dr. Junker veröffentlichten - Buches „Der Darwin Code“ behandelt werden. Im Rahmen dieses Buches leiten die Autoren evolutionsbiologische Hinweise zur Klärung von Grundfragen menschlichen Lebens ab. Darwin wird praktisch als Ernährungsberater, Kunstkritiker, Religionswissenschaftler, Beziehungstherapeut und Terrorismusexperte in Anspruch genommen. Zuletzt wird auch der Frage nach dem Sinn des Lebens nachgegangen, und dies war das Thema des Abends.
Prof. Junker hatte diesen Vortrag bereits auf einer katholischen Veranstaltung in Salzburg gehalten, wo man auch einen Atheisten zu diesem Thema hören wollte. Dort haben ihm eigentlich alle zugestimmt. Das ist nicht überraschend. Europäische Christen klammern sich oft nur aus Verlegenheit an die Religion, weil sie in Ermangelung eines Philosophieunterrichtes weltanschauliche Alternativen nicht kennen.
Die meisten Menschen halten die Frage nach dem Sinn des Lebens für schwierig. Ich selbst eigentlich nicht. Der Sinn des Lebens liegt natürlich in Glück und Erfüllung. Worin denn sonst? Was man als Glück und Erfüllung empfindet, muss jeder für sich herausfinden. Die Interessenkonflikte, die sich aus den Kollisionen des Glücksstrebens ergeben, will ich als Humanist (gemäß meinem hedonistischen Streben) nach den Prinzipien von Freiheit und Gleichberechtigung behandelt wissen. Gegen die Menschen, die keine Humanisten sein wollen, muss ich eben diese Rahmenbedingungen gemeinsam mit Gleichgesinnten vertreten.
Offenkundig können viele Menschen nicht so recht entscheiden, was für sie ein sinnerfülltes Leben ist. Vielleicht, weil sie es nicht wagen, gesellschaftliche Normen, die demselben entgegenstehen, zu hinterfragen? Nun, der Referent ließ die Zuhörer über die Anregungen der Evolutionsbiologie nicht im Ungewissen.
Zunächst klärte der Autor den Begriff „Sinn“, er sieht ihn durch Begriffe wie „Bedeutung“ und „Zweck“ erklärt. Natürlich musste der Autor einräumen, dass die Biologie keinen höheren objektiven Sinn anbieten kann, aber ist so etwas wirklich erforderlich? Trotzdem kann man von jedem Organ eines Lebewesens sagen, es habe einen Zweck. Das Herz pumpt Blut, die Blüte lockt Insekten an etc. Ebenso kann man einem Gesamtorganismus den Zweck zusprechen, auf den hin seine Eigenschaften offenkundig ausgeprägt sind. Angesichts der Bedeutung, den der „Kampf ums Dasein“, der Wettbewerb um Überlebens- und Fortpflanzungschancen in den evolutionsbiologischen Mechanismen hat, kann man den Zweck des Organismus, d.h. natürlich auch den des Menschen, nur als den einer „Gen-Verbreitungsmaschine“ bewerten. Das hört sich in Bezug auf den Menschen zunächst unerfreulich an, ist aber bei Weitem nicht so frustrierend, wie es den Anschein hat. Menschen sind keine Spezies von Zeugungs- und Gebärmaschinen wie vielleicht Meeresschildkröten, die eine horrende Vielzahl von Eiern legen und sich um ihre Abkömmlinge nicht kümmern müssen. Bei den Menschen zählt in der Aufzucht nicht die Masse, sondern die Qualität. Der entscheidende Selektionsvorteil des Menschen ist das gewaltige Gehirn, welches vielleicht 2% des Körpergewichtes ausmacht, aber ein Viertel seiner Energie verbraucht. Die Größe des Kopfes bedingt eine frühe Geburt, was eine lange Entwicklungszeit ergibt, in der Kinder versorgt werden müssen. Die optimale Anwendung des Gehirns bei der Nutzung der überlebensnotwendigen ökologischen Nische setzt eine langwierige und aufwendige Erziehung voraus. Dafür benötigen die Eltern unter Umständen auch die Unterstützung von (teils kinderlosen?) Verwandten und Clangefährten, die durch ihren Unterstützungsbeitrag gewissermaßen „indirekte Fortpflanzung“ betreiben, da sie ja dabei auch für die Verbreitung eigener Gene sorgen. Auch die Suche und Auswahl geeigneter Partner ist sehr aufwendig.