Reinrassige Rindsviecher

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Wahlplakat / tweetphoto

WIEN. (fdb/hpd) Was macht eine politische Partei, wenn ihr nichts Gescheites einfällt? Sie versucht, einen Aufreger zu produzieren. Im Fall der FPÖ kramt man halt wieder mal in der Kiste mit NS-Jargon.


Ein Kommentar von
Christoph Baumgarten
 

Mit dem Slogan "Reinrassig und echt" will die freiheitliche Bauernschaft (FBÖ) bei den Landwirtschaftskammerwahlen Stimmen gewinnen. Viel mehr muss man nicht mehr sagen. Vor 20 Jahren hätte vermutlich sogar ein FPÖ-Funktionär zurücktreten müssen, der das Wort "reinrassig" in den Mund genommen hätte, geschweige denn, dass man das zum Wahlkampfslogan gemacht hätte. Und die Blauen waren damals schon nicht zart besaitet.

Aus Sicht eines kritischen Beobachters ist es ein neuer Versuch der FPÖ, wieder ein Stückchen NS-Jargon salonfähig zu machen. Gewinner sind die Blauen auf jeden Fall: Bleibt die berechtige Aufregung über die Anspielung auf die NS-Rassenideologie aus, darf man das ungestraft auch in eindeutigerem Zusammenhang verwenden. Regt man sich auf, wird ein unbekannter Provinzpolitiker bei einer nicht sonderlich bedeutenden Wahl bekannt. Sonst würde niemanden interessieren, wer der Mann neben der Kuh ist.

Ein Indiz für eine gezielte Provokation ist auch, wie der Slogan angeordnet ist: Zwischen Kuh und Spitzenkandidat. Das zeigt sich v.a. in der hochformatigen Version. Ein bisserl Augenzwinkern sozusagen, wie zu Haiders Zeiten. Einzig, dass man Straches Chaostruppe Selbstironie eher nicht zutraut. Auch die "EU-Agrar-Knechtschaft" erinnert an die "Zinsknechtschaft", in der die NSDAP und andere rechtsradikale Parteien die Weimarer Republik sahen.

Ein einziger Punkt spricht gegen die These: Kernwähler holt man mit dem Slogan bei dieser Wahl nicht ab. Die Zeiten der organisierten rechtsradikalen Bauernschaft ist vorbei. Und so viele Mitglieder von Martin Grafs Lebensbund, der Burschenschaft Olympia, wo der Jargon vielleicht ziehen würde, werden auch nicht in der Landwirtschaft aktiv sein.

Dass der FPÖ das passiert ist, kann man als halbwegs vernunftbegabter Mensch ausschließen. So blöd sind die auch wieder nicht, dass das dort niemanden aufgefallen ist. Auch wenn das Plakat nicht mit sonderlicher Ästhetik besticht - Marke Eigenbau der freiheitlichen Bauernschaft ist es sichtlich nicht. Man vergleiche das sonstige Design auf der Homepage. Die Frage, ob die FPÖ mit diesem Wahlkampf jeglichen Anstand verloren habe, ist eher rhetorischer Natur.

Waldheims Kuh

Man darf gespannt auf die freiheitlichen Reaktionen warten. Erstens wird alles ein Missverständnis gewesen sein. Im Zweifelsfall ist das eben ein in der Landwirtschaft gebräuchlicher Begriff für die Herkunft von Nutztieren. Nicht der Bauer ist reinrassig, die Kuh ist es. Waldheims Pferd ist im Jahr 2010 Nußbaumers Kuh geworden. Eine Erklärung, die die paar Olympia-Bauern vielleicht nachhaltig verstören könnte.

Außerdem hat man's nicht gewusst. Reinrassig - noch nie gehört das Wort. Rasse, was ist das überhaupt? Was angesichts der Bildungsdefizite der Blauen beinahe glaubwürdig wäre. Und auf dem Plakat schaut der Spitzenkandidat nicht wirklich aus wie eine intellektuelle Größe. Andererseits soll man nicht vom Aussehen auf den Menschen schließen.

Und es ist sowieso ein weiteres Beispiel des linken Tugend- und Gesinnungsterrors durch die rot-grün-kommunistischen Nazis, die vor allem bei der Landwirtschaftskammerwahl hochaktiv sind. Da muss ein ehrlicher Bauer um Leib, Leben und Hof fürchten. Und um die Kuh sowieso. Was möglicherweise der größte Schaden wäre.

Jedenfalls fällt positiv auf, dass auf dem Plakat kein Rechtschreib- oder Grammatikfehler zu finden ist. Im Vergleich zu sonstigen FPÖ-Wahlkämpfen ein beachtlicher Fortschritt. Von der Homepage der freiheitlichen Bauernschaft kann man das nicht behaupten.

Bildnachweis: Das Foto vom Plakatständer ist auf Tweetphoto dokumentiert. Das Sujet war am Mittwochabend auch (noch) auf der Homepage der freiheitlichen Bauernschaft zu sehen.