BERLIN/DÜSSELDORF. (hpd) Deutschlands bekanntester Karnevalswagenbauer, Jacques Tilly, steuert zur Demo der ehemaligen Heimkinder am 15. April in Berlin eine mobile Skulptur bei, die für Gesprächsstoff sorgen dürfte: eine drei Meter hohe „Prügel-Nonne“, die in einer Hand ein Kruzifix, in der anderen einen Rohrstock schwingt.
„Das ergibt bestimmt ein großartiges Bild vor dem Brandenburger Tor!“, meint Tilly, der den Heimkinder-Protest gegen sexuellen Missbrauch und schwarze Pädagogik aktiv unterstützt.
„Die Grundidee für die Figur stammt von den Heimkindern selbst“, berichtet Tilly. „Offensichtlich haben die Nonnen in den Heimen nicht weniger schlimm gewütet als die Priester und Patres, auch wenn dies bislang in den Medien kaum thematisiert wurde.“ Daher stieß Tillys Entwurf der „Prügel-Nonne“ bei den ehemaligen Heimkindern auf begeisterte Zustimmung. Gemeinsam mit seiner Kreativpartnerin, der Düsseldorfer Bildhauerin Doris George, baute er die Skulptur in „liebevoller Handarbeit“.
Für Tilly und George ist die Arbeit an der „Prügel-Nonne“ Ehrensache. Sie stellen den Heimkindern für die Arbeit an der Skulptur keinen Cent in Rechnung, die Materialkosten übernimmt die Giordano Bruno Stiftung, die auch die Verbindung zwischen den Heimerziehungsopfern und den Düsseldorfer Pappmaschee-Künstlern hergestellt hatte. „Für uns ist es selbstverständlich, dass wir den Protest der ehemaligen Heimkinder unterstützen!“, sagt Tilly. „Es ist einfach unerträglich, was man ihnen über so viele Jahre hinweg angetan hat! Wir hoffen, dass unsere Prügel-Nonne dazu beitragen kann, noch größere Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken. Denn nur unter starkem öffentlichen Druck werden sich die Vertreter von Staat und Kirchen den berechtigten Forderungen der ehemaligen Heimkinder stellen.“
Wie der Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung, Michael Schmidt-Salomon, erklärte, wird Tillys „Prügel-Nonne“ wahrscheinlich nicht nur bei der Berliner Demo zum Einsatz kommen. Schmidt-Salomon schlug vor, die Figur regelmäßig am Rande kirchlicher Großereignisse einzusetzen, etwa beim Ökumenischen Kirchentag in München: „Die Nonne sollte die Kirchen liebevoll daran erinnern, endlich ihren Verpflichtungen gegenüber den missbrauchten und misshandelten Heimkindern und Internatszöglingen nachzukommen! Denn nicht nur der Staat, der seine Aufsichtspflichten verletzte, sondern auch die Kirchen, in deren Hand die Heimerziehung mehrheitlich lag, sind gefordert, angemessene Entschädigungszahlungen zu leisten! So lange dies nicht geschehen ist, sollte die Prügel-Nonne immer wieder in Erscheinung treten, um zu verhindern, dass der mühsam aufgedeckte Skandal der christlichen Heimerziehung wieder in Vergessenheit gerät…“
FL
Links
Video von Ricarda Hinz (Videoteuse)
Demo-Trailer (Schnitt und Ton: Peter Henselder)
Druckfähiges Bild der Demo-Nonne (lizenzfrei, Foto: Doris George
Website zur Demo (jetzt-reden-wir.org)
Ehemalige Heimkinder: "Jetzt reden wir!"(17.3.10)
Gipfel der Scheinheiligkeit(24.2.10 )
Von Staat und Kirchen verschaukelt (1.2.10 )