16.744 Schuhe am Brandenburger Tor

BERLIN. (hpd) Heute vor fünfzehn Jahren fand der letzte große Völkermord mitten in Europa statt. In Srebrenica wurden unter den Augen der niederländischen UN-Soldaten 8.372 Menschen ermordet, die in der Stadt Schutz suchten vor einem Krieg, der Ex-Jugoslawien verheerte. Einen Schutz, den die Blauhelme nicht geben konnten oder wollten.

Am Brandenburger Tor wurde heute an dieses Versagen der UN und Europas erinnert. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat in den letzten Jahren Schuhe der Opfer dieses Genozids gesammelt. Ein Paar Schuhe für jedes Opfer. Diese Sammlung und vor allem die Ausstellung der Schuhe heute auf dem Pariser Platz in Berlin hatte im Vorfeld zu Kritik geführt, weil Schuhberge nach Meinung einiger Kritiker das Symbol des Holocaust seien.

Aus dem Schuhberg soll zum Jahrestag 2011 eine "Säule der Schande" in der Gedenkstätte Potocari in der Nähe von Srebrenica entstehen. Dieses Mahnmal soll aus aus den metallenen Buchstaben UN bestehen und daran erinnern, dass die Vereinten Nationen am 11. Juni 1995 versagt haben beim Schutz der bedrohten Flüchtlinge. Die GfbV weist allerdings darauf hin, dass die Mitschuld am Genozid vor allem die Ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, und hier insbesondere Frankreich, Großbritannien und Russland trifft. Diese haben es nicht geschafft, den Völkermord zu verhindern. "Heute versuchen sie, ihre Unterstützung für die serbischen Milizen und ihre Untätigkeit, gegen die Kriegsverbrechen zu intervenieren, mit dem Hinweis auf die UN zu vertuschen." (aus der Presseerklärung der GfbV) Die muslimische Bevölkerung bekam vor 15 Jahren keinerlei Schutz oder Unterstützung durch Europa noch durch die UN.

Das "Zentrum für politische Schönheit" aus Berlin hat gemeinsam mit den „Müttern von Srebrenica“ die Idee entwickelt, ein Mahnmal gegen das Vergessen zu errichten. Damit soll vor allem auch erreicht werden, dass die unsichtbare Mauer, die Bosnien-Herzogewina vom Rest der (westlichen) Welt trennt, eingerissen wird. Es mag fragwürdig sein, ob das über eine solche Provokation, als die das Mahnmal verstanden werden könnte, gelingt.

Während Serbien und Kroatien sich jedoch der Europäischen Union annähern, gilt das für Bosnien und seine Bevölkerung nicht. Auch gegen diese Ungleichbehandlung soll sich das Mahnmal richten.

Es ist erst fünfzehn Jahre her – und wir haben alle vermutlich noch die Bilder des Krieges vor Augen, der sich im „Hinterhof Europas“ ereignete. Die Medien lieferten die Bilder aus Srebrenica, aus Tuszla und Gorazde, aus Zepa und Bihac. Das war die Zeit, als Bündnis90/Die Grünen ihre Unschuld verloren und als Kohls Außenminister Kinkel sich weigerte, den Sondergesandten der Clinton-Regierung, der um eine Intervention Westeuropas verhandeln wollte, zu empfangen.

Ja, es war Völkermord. Und es war das Versagen Europas und der UN. Und wir haben am Fernsehgerät zugesehen.
Damit das nicht vergessen wird: dafür stehen die 16.744 Schuhe, die heute vor dem Brandenburger Tor lagen.

F.N.