Alle dürfen mitreden – nur Konfessionsfreie nicht

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Sitzungssaal des Nationalrates / Foto: Peter Binter (de.wikipedia)

WIEN. (hpd) Unter dem Slogan „Alle dürfen mitreden – nur die Betroffenen müssen schweigen“ protestieren die Konfessionsfreien in Österreich gegen die einseitige religiöse Ausrichtung einer Parlamentarischen Enquete zur Werteerziehung durch Religions- und Ethikunterricht mit 28 Religionsvertretern aber ohne Konfessionsfreie.

 

Am Mittwoch, dem 4. Mai 2011, findet im Nationalrats-Sitzungssaal eine Parlamentarische Enquete: „Werteerziehung durch Religions- und Ethikunterricht in einer offenen, pluralistischen Gesellschaft" statt. Nach den Einleitungsstatements der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, Dr. Claudia Schmied und der Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung, Dr. Beatrix Karl wird es drei Impulsreferate von Wissenschaftlern zum Thema geben. Es folgt dann eine allgemeine Diskussion.

Zum Teilnehmer/innenkreis gehören die Referentinnen und Referenten, 26 Mitglieder des Nationalrates im Verhältnis 8 SPÖ : 8 ÖVP : 5 FPÖ : 3 Grüne : 2 BZÖ, 12 Bundesräte im Verhältnis 5 ÖVP : 4 SPÖ : 2 FPÖ : 1 Fraktionslos, Experten auf Vorschlag der Fraktionen im Verhältnis 2 SPÖ : 2 ÖVP : 1 FPÖ : 1 GRÜNE : 1 BZÖ, je ein/e Vertreter/in des Bundeskanzleramts des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, des Kultusamts des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur, des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend, des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Inneres. Je ein/e Vertreter/in der Bundesländer, nominiert durch die Verbindungsstelle der Bundesländer, des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes, je ein/e Vertreter/in der Landesschulräte der Bundesländer, je zwei Vertreter/innen der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften

  • Katholische Kirche
  • Evangelische Kirche A. u. H.B.
  • Griechisch-orientalische Kirche in Österreich
  • Israelitische Religionsgesellschaft
  • Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich
  • Orientalisch-orthodoxe Kirchen in Österreich
  • - Armenisch-apostolische Kirche in Österreich
  • - Syrisch-orthodoxe Kirche in Österreich
  • - Koptisch-orthodoxe Kirche in Österreich
  • Altkatholische Kirche Österreichs
  • Evangelisch-methodistische Kirche in Österreich (EmK)
  • Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) in Österreich
  • Neuapostolische Kirche in Österreich
  • Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft
  • Jehovas Zeugen in Österreich

sowie ein/e Vertreter/in der Rektorenkonferenz der öffentlichen Pädagogischen Hochschulen und ein/e Vertreter/in der Rektorenkonferenz der privaten Pädagogischen Hochschulen, ein/e Vertreter/in der Österreichischen Universitätenkonferenz, drei Vertreter/innen der Bundesschülervertretung, drei Vertreter/innen der Hochschülerschaft, je ein/e Vertreter/in der Schülerunion und der Aktion kritischer Schüler, weiters je ein/e Vertreter/in des Katholischen Familienverbandes, des Familienbundes, der Kinderfreunde, des Freiheitlichen Familienverbandes, der Familienzukunft Österreich. Vier Vertreter/innen der Eltern auf Vorschlag des Elternbeirates im BMUKK, vier Vertreter/innen der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. Weiters je ein/e Vertreter/in der Sozialpartner, der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeiterkammer, der Österreichischen Industriellenvereinigung, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern.

Viel Religion, wenig Demokratie

Der Vorsitzende des Zentralrats der Konfessionsfreien, Heinz Oberhummer, spricht in einer Presseaussendung von einer Farce. »Jede gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaft darf zwei Vertreter hinschicken. Dazu kommen der Katholische Familienbund und der Theologe Karl Heinz Auer, der Lehrbücher und -pläne für den Ethikunterricht schreibt, wo viel über Religion drin steht und wenig über Demokratie. Nicht zu vergessen der Vorzeige-Wissenschaftler der katholischen Kirche, Paul Zulehner, dazu kommt ein Vertreter der konfessionellen Pädagogischen Hochschulen. Macht mindestens 32 Religionsvertreter bei der Enquete.« Nur die Betroffenen lasse man nicht zu Wort kommen. »Die Kinder, die ein solcher Unterricht am meisten betreffen würde, sind die Kinder konfessionsfreier Eltern. Aber die Konfessionsfreien dürfen trotz zahlreicher Anfragen keinen Vertreter hinschicken.«

Das habe man in letzter Minute erfahren. »Vorher haben einige politische Fraktionen so getan, als ob es für uns vielleicht doch einen Platz gebe. Man hat uns gesagt: Ihr seid die Betroffenen, natürlich müsst auch ihr angehört werden. Und jetzt das. Ich fühle mich ehrlich gesagt vor den Kopf gestoßen. Der verpflichtende Ethikunterricht soll offenbar über die Betroffenen hinweg einfach durchgepeitscht werden.« Für ihn sehe die Tagesordnung so aus, als hätte sie das Erzbischöfliche Ordinariat in Wien geschrieben.

»Es kann ja kein Zufall sein, dass diverse katholische Vorfeldorganisationen in den vergangenen Wochen Druck für den Ethikunterricht für Kinder gemacht haben, die nicht am konfessionellen Religionsunterricht teilnehmen – und dann sieht die Tagesordnung so aus«, zeigt sich Oberhummer empört. »Das zeigt für uns eindeutig: Der Ethikunterricht soll ein Religionsunterricht für nicht getaufte Kinder durchs Hintertürl sein.«

Beleidigend und undemokratisch

Das würden auch die bisherigen Beispiele aus dem Schulversuch belegen: »Die Lehrbücher werden von katholischen Theologen geschrieben, ReligionslehrerInnen mit Schnellsiedeausbildung treten als EthiklehrerInnen auf und nebenbei wird so getan, als sei jeder, der keinen konfessionellen Religionsunterricht besucht hat, nicht zu moralischem Handeln fähig. Das ist beleidigend und undemokratisch.«

Oberhummer sieht in der Vorgangsweise eine Bestätigung, dass das Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien notwendig ist: »Der staatlich finanzierte Religionsunterricht reicht offenbar nicht. Jetzt soll ganz offen der Einfluss der Religionsgemeinschaften auf das Bildungswesen weiter ausgedehnt werden«, sagt Oberhummer, der das Volksbegehren mitinitiiert hat. »Das allein zeigt, wie notwendig eine saubere Trennung von Staat und Religion ist.«

C.F.