Es grüßt das Religionslehrermangel-Murmeltier

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screenshot / noe.orf.at

ST.PÖLTEN. (hpd) Rechtzeitig zum Konklavebedingten Kirchenhype ließ das Schulamt der Erzdiözese St. Pölten mit einer Horrormeldung aufhorchen: die Spezies (katholischer) Religionslehrer ist vom Aussterben bedroht! In Windeseile wurde die Warnmeldung über die üblichen Hofberichtserstattungskanäle auch verbreitet.

 

ORF-NÖ schlug sofort Alarm und zitierte ergiebig aus dem frommen Schreiben während das Gratisblatt „Heute“ in seiner NÖ-Variante diese Schreckensmeldung gleich zur Titelgeschichte machte. Eine Heldin des Tages hatte „Heute“, samt Bild, auch parat: eine nette 23-jährige Religionslehrerin aus Haag, die mit ihrem persönlichen Beispiel („Glaube spielte schon immer eine große Rolle für mich. Das möchte ich an meine Schüler weitergeben“) vermutlich eine ganze Generation von Religionsmuffeln dazu inspirieren wird, ihr zu folgen und an Klein und Groß (natürlich auf Kosten der Allgemeinheit) die Frohe Botschaft zu verkünden.

„Was geschehen ist, wird wieder geschehen, was man getan hat, wird man wieder tun: Es gibt nichts Neues unter der Sonne“ pflegte schon Kohelet, wie vermutlich jeder katholische Religionslehrer weiß, zu sagen (Koh 1,9), und Kohelet, wer immer er auch war, wusste genau, wovon er ex-ante sprach: „Schule: Religionslehrer an Pflichtschulen dringend gesucht“ verkündete beispielsweise Kathpress, das kirchliche Sprachrohr, am 27.7.2011 und anlässlich der Religionslehrer-Rekrutierungsaktion für das Jahr 2009 versprach ORF-Kärnten am 5.10.2009 „Gute Chancen für angehende Religionslehrer“. Diese wiederkehrenden, an Hiobsbotschaften gekoppelten Religionslehrerrekrutierungskampagnen, lassen sich bis in die 1990er verfolgen, mit etwas mehr Einsatz auch weiter zurück.

Eines muss man der katholischen Kirche lassen: in Sachen Bildung ist ihr ein wahres Kunststück gelungen. Dank einem jahrtausendealten Kreuzzug gegen Bildung, paradoxerweise gekoppelt an einen jahrhundertealten Eifer, sich als Erfinderin und Hort der Bildung zu positionieren, gelang dieser Organisation (auch) in Österreich etwas durchzusetzen, das in einer Demokratie eigentlich nichts verloren hat: es gehört nämlich nach wie vor zum politischen Konsens, dass der Staat, der allerdings gemäß Verfassung die Schulhoheit hat (bzw. haben sollte), in allen Schulen – auch in öffentlichen – den Religionsunterricht nicht nur anzubieten, sondern auch zu finanzieren hat.

Wer allerdings glaubt, dass dies der Kirche reicht, der irrt: vor 15 Jahren ließ die katholische Kirche über den Umweg des ÖVP-dominierten Bildungsministeriums einen Ethikunterricht lediglich als Ersatzpflichtgegenstand zum Religionsunterricht, also als Strafunterricht für konfessionsfreie bzw. konfessionelle jedoch religionsunwillige Schüler, einführen; vorerst in einer Hand voll Schulen, derzeit in 233 Standorten und demnächst österreichweit (so lautet zumindest der fromme Wunsch der ÖVP). Der Staat fördert also nicht nur das Angebot (Übernahme der Kosten, Infrastruktur) sondern auch die (bröckelnde) Nachfrage. 

Vor diesem Hintergrund bildet das wiederkehrende und medial unterstützte Religionslehrermangelgejammer insbesondere eine bodenlose Unverschämtheit. Trotz staatlicher Unterstützung schafft die katholische Kirche weder die Nachfrageseite zumindest zu stabilisieren, noch das Angebot aufrecht zu halten. Mit dringenden Appellen an die Öffentlichkeit soll aber der Lauf der Zeit umgekehrt und das Abendland gerettet werden.

Eine Religionsgemeinschaft, die es nicht einmal mit üppiger staatlicher Unterstützung schafft, die religiöse Erziehung der nächsten Generation zu gewährleisten, wird über kurz oder lang bedeutungslos werden denn wenn sowohl die Nachfrage als auch das Angebot verschwinden löst sich der Markt im Ganzen auf.

Die materiellen und geistigen (knappen) Ressourcen, die der Staat einsetzt, um den Einfluss- und Machterhalt dieser (und jeder anderen) Religionsgemeinschaft zu schützen, sind anderswo besser aufgehoben. Und da können die frommen Krokodilstränen noch so fließen. Der katholische Religionsunterricht wird nämlich Schüler sowie Lehrer wie in den guten alten Zeiten begeistern können unmittelbar nachdem die Analogkamera ihr Comeback feiern wird.

Eytan Reif