Kirchenaustrittszahlen werden von der Evangelischen und Katholischen Kirche in Deutschland traditionell erst einige Monate nach dem Jahreswechsel veröffentlicht. Obwohl für das Jahr 2022 demnach noch keine offiziellen Zahlen bekannt sind, legt eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa nahe, dass in Deutschland im vergangenen Jahr so viele Menschen die beiden großen Kirchen verlassen haben wie nie zuvor.
Seit Jahren zeichnet sich ein deutlicher Trend ab: Die beiden christlichen Großkirchen in Deutschland verlieren immer mehr Mitglieder. Immer weniger Kinder werden obligatorisch getauft und immer mehr ältere Kirchenmitglieder sterben. Vor allem aber treten immer mehr Menschen bewusst aus der Kirche aus. Bereits in den vergangenen Jahren zeigten sich immer wieder Rekordwerte bei den Kirchenaustritten.
Bislang hielt das Jahr 2021 den Rekord mit rund 280.000 Personen, die aus der Evangelischen Kirche und 359.205 Personen, die aus der Katholischen Kirche ausgetreten waren. Der Anteil von Menschen in der Bevölkerung, die Mitglied der Katholischen und Evangelischen Kirche sind, sank in Deutschland damit erstmals unter 50 Prozent. Und es ist noch längst kein Ende dieses Trends absehbar. Im Gegenteil.
2022 könnte nun sogar erneut den Rekord bei den Kirchenaustrittszahlen brechen. Das jedenfalls legt eine im Dezember veröffentlichte Umfrage der Deutschen Presse Agentur (dpa) bei den Kirchenaustrittsstellen größerer Städte Deutschlands nahe. Demnach traten in Berlin in den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 18.018 Menschen aus der Kirche aus – rund 4.000 mehr als im Vorjahreszeitraum. Die bayerische Landeshauptstadt München verzeichnete bis Mitte Dezember 26.008 Kirchenaustritte – ebenfalls rund 4.000 mehr als im gesamten Vorjahr – und in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden und ihren Vororten gab es bis zum Herbst über 3.200 Austritte – im gesamten Jahr 2021 waren es lediglich 3.095 gewesen. Auch in anderen größeren Städten in Deutschland zeichnet sich eine ähnliche Tendenz ab.
Dass die Kirchen auch in den kommenden Jahren mit einem weiteren Erdrutsch an Austritten zu rechnen haben werden, zeigten auch die im Dezember veröffentlichten Ergebnisse des Religionsmonitors der Bertelsmann-Stiftung: Jedes vierte Kirchenmitglied denkt über einen Austritt nach, jedes fünfte bekundet eine feste Austrittsabsicht.