Notizen aus Frankreich

Die Charta der Laizität wurde der Regierung überreicht.

Am 29. Januar hat der Hohe Rat

der Integration (HCI) den Entwurf einer Charta der Laizität an Ministerpräsident Villepin überreicht. Sie soll, einmal verabschiedet, in allen öffentlichen Gebäuden ausgehängt werden um die republikanischen Regeln für alle Bedienstete und Kunden anwendbar zu machen. Die Charta betont, dass - wenn auch die Meinungsfreiheit garantiert ist -, das Prinzip der Laizität die öffentlichen Verwaltungen zu einer strikten Neutralität verpflichtet. Das öffentliche Zeigen seiner religiösen Überzeugungen verstoße deshalb gegen diese Prinzipien. <Französisch...>

Selbstbestimmung über den eigenen Tod

Eine Untersuchung des nationalen Instituts für demographische Studien (INED) - "European End-of-Life Decisions" - besagt, dass zwischen einem Viertel und der Hälfte aller Sterbefälle in Europa eigentlich von Maßnahmen der möglichen Sterbehilfe begleitet seien.
Die Organisation ADMD (Association pour le droit de mourir dans la dignité) verlangt deshalb eine Änderung des Gesetzes von April 2005. Das Gesetz erlaubt zwar die Verminderung der Schmerzen mit Gefahr der Verkürzung des Lebens, aber es erlaubt keine selbstbestimmte Wahl der Weise und des Zeitpunktes des Sterbens. Mit ihren 40.000 Mitgliedern kämpft die ADMD um die Selbstbestimmung bis zum Lebensende. Mit der Schwangerschaftsunterbrechung hat man das sexuelle Tabu durchbrochen und jetzt soll man das des Todes aufheben, sagte die Generalsekretärin Claude Hury. <Französisch...>

Fraktionsvorsitzender Gollnisch als Negationist verurteilt

Bruno Gollisch, die Fraktionsvorsitzender der neu gegründeten rechtsextremen Fraktion im Europäischen Parlament, wurde am 19. Januar zu 3 Monaten Gefängnis auf Bewährung und 55.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Im Jahre 2004 hat er verschiedentlich Äußerungen von sich gegeben, die als eine Leugnung des Holocausts interpretiert werden können. Sie sind zwar nicht so brutal formuliert wie die vom Altstalinisten Roger Garaudy, aber meinen dasselbe, sagte der Richter. <Französisch...>

Der Liberalismus siegt über die Kirche

In einem Interview mit "Le Monde" erläutert J.M. Donegani, Direktor des Pariser Instituts für politische Studien, die Hintergründe einer Enquete zu der Religionszugehörigkeit. Laut dieser Enquete verstehen sich nur noch 51 % der Franzosen als katholisch (1994 noch 67 %). Wichtig dabei ist die Tendenz seit 1975 - 80. Vorher blieb der Prozentsatz stabil bei um die 80 %. Danach aber gab es eine scharfe Abnahme, die 1998 bereits die 51 % erreichte. Es handelt sich aber nicht um ein Verschwinden, sondern nur um eine Deinstitutionalisierung des Glaubens. Diese Entwicklung ist typisch für alle hoch entwickelten Industrieländer und ist als Sieg des Liberalismus zu verstehen: Die Religion deckt nicht mehr alle Seiten des Lebens ab, sie wird zu einer Privatsache. Der kulturelle Liberalismus hat die schon immer bestehende Tendenz zur Privatisierung des Glaubens beschleunigt. Die Subjektivität gewinnt an Bedeutung, d.h. die religiösen Werte entstehen mehr aus dem eigenen Inneren und werden relativiert. Nur noch 7 % der Katholiken behaupten, dass der Katholizismus die einzige wahre Religion ist (1952 noch 50%). Dieser Relativismus führt jedoch nicht zu religiöser Gleichgültigkeit, sondern nur zur subjektiven Entkirchlichung: Wahr ist das, was ich selbst als solches empfinde, nur das was mir angenehm ist wird akzeptiert (der Himmel aber nicht die Hölle) und die öffentlichen Ritualen der Kirche verlieren ihren Sinn. So wird es heute immer schwieriger zu definieren, was Katholizismus in der Realität wirklich ist. Insbesondere die frühere feste Verbindung zwischen Politik und Religion - Rechts und Katholik - verliert sich. Insgesamt sieht Donegani ähnliche Tendenzen für alle Religionen vorher: Religion à la carte. Mehr Sekten und Mystizismus also. <Französisch...>

Die PS gegen den Islam

Die Vertreter der in der moslemische Dachorganisation CFCM vereinten Gruppen möchten die Kandidaten für die Wahl zum Präsidenten treffen, um ihre Befürchtungen über eine politische Instrumentalisierung der Islamdebatte zum Ausdruck zu bringen. Dieser Schritt wurde ausgelöst durch die Publikation eines Anti-Sarkozy Textes durch die Parti Socialist, in welchem die CFCM als eine Marionettenorganisation in Händen von Fundamentalisten charakterisiert wird. Diese Auseinandersetzung ist nicht der einzige Konflikt zwischen Muslimen und der PS. So werden z.B. führende Vertreter der Partei Aussagen zu Gunsten der Zeitschrift Hebdo zugesprochen, die durch die CFCM verklagt wird wegen der Publikation der dänischen Mohammed - Cartoons. <Französisch...>

Gynäkologen-Angreifer bestraft

Der 23 jährige Fouad Ben Moussa wurde zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er einen Gynäkologen geohrfeigt hat. Der Gynäkologe half seine Frau während der Entbindung und soll dabei seine Frau unsittlich angefasst haben. Der bereits vierfach vorbestrafte Ben Moussa (u.a. wegen Vergewaltigung) betonte die Handlung nicht wegen religiöser Prinzipien, sondern wegen Stress und fehlender Informationen gemacht zu haben. <Französisch...>

Parlamentarier wegen Homophobie bestraft.

Der Philosophieprofessor und Abgeordnete der konservativen Partei UMP, Christian Vanneste, wurde wegen diskriminierender Äußerungen gegen Homosexuellen („Homosexualität ist moralisch minderwertig") zu mehrfacher Geldbuße verurteilt. Diese Verurteilung ist die erste Anwendung des neuen Antidiskriminierungsgesetzes von 30.12.2004. Die Behauptung Vanneste, dieses Gesetz Verstöße gegen Artikel 10 der europäischen Menschenrechtskonvention (Meinungsfreiheit) wurde durch das Gericht verworfen. <Französisch...>

Rassist aus PS hinausgeworfen

Der Vorsitzender des PS - Bezirkes Languedoc-Roussillon und Mitbegründer der Partei in 1972, Georges Frêche, wurde Ende Januar aus der Partei ausgeschlossen. Er hatte zwei Monate vorher öffentlich beklagt, dass die französische Fußball-Nationalmannschaft neun schwarze Spieler auf elf zähle. Frêche reagierte auf das Urteil mit der Ankündigung, seine Funktion weiterhin auszuüben und das Ganze zu interpretieren unter der Losung: Alles was übertrieben ist, ist unbedeutend. Zwei Tage vorher war er außerdem zur Zahlung von 15.000 Euro Strafe verurteilt worden, weil er die schwarzen französischen Soldaten des II. Weltkrieges (Harkis) als Untermenschen bezeichnet hatte. <Französisch...>

 

Rudy Mondelaers