Humanistische Jugendfeier in Stuttgart

STUTTGART. (hpd) Bei bestem Frühlingswetter fand am Sonntagmorgen, 20. April, im

Humanistischen Zentrum Stuttgart (Karl-Becker-Haus) die Jugendfeier 2008 des Verbandes „Die Humanisten Württemberg“ statt.

Tradition

Andreas Henschel, Geschäftsführer der Humanisten Württemberg, begrüßte die Jugendlichen und ihre Familien. In seinem Grußwort erinnerte er stolz an die bereits 60jährige Tradition der Jugendfeiern nach dem ll. Weltkrieg, die 1948, nach der Wiederzulassung des Verbandes unter dem Namen „Freireligiöse Gemeinde“ ihren Anfang nahm. Nicht zu vergessen sei jedoch die erste Jugendweihe nach dem Krieg, 1947, im einst stark freidenkerisch geprägtem Stadtteil Münster.

Nach diesem kurzen geschichtlichen Rückblick erläuterte er die aktuelle Bedeutung der Jugendfeier als eines von Menschen erdachten Brauches und nichtreligiösem Passagerituals an der Schwelle von der Kindheit zum jugendlichen Erwachsenen ohne Glockengeläut und Glaubensbekenntnis. Dass die Jugendfeierteilnehmer/innen sich ihre Weltanschauung selbst suchen und erarbeiten können und nicht wie die Mehrzahl Ihrer Altersgenossen im christlich-konfessionell geprägten Süddeutschland an den kirchlichen Verpflichtungsfeiern Kommunion oder Konfirmation teilnehmen müssen, sei ein Privileg. Dieses Recht haben die Jugendlichen ihren Eltern zu verdanken, die sie eben bewusst gegen die vorherrschenden gesellschaftlich religiösen Konventionen erzogen haben. Diese mitunter ambivalenten Aspekte in der Entwicklung der Kinder zu Jugendlichen zu thematisieren und mit Hilfe der Jugendfeier in einen zeremoniellen Rahmen zu kleiden, sei eine wichtige Funktion dieses weltlichen Übergangsrituals.

Klasse statt Masse

Die Feier war nicht nur der weltanschaulichen und pädagogischen Gedankenschwere gewidmet. Musikalisch von der Gruppe „Three Times A Lady“ mit flotten Klezmer- und Bluesrythmen umrahmt, stellte Andreas Henschel die drei Jugendlichen so vor, wie er sie bei den Vorbereitungstreffen in den vergangenen sechs Monaten kennengelernt hatte. Einfühlsam, aber auch auf humorvolle Weise erwähnte er ihre Interessen mit den jeweiligen persönlichen Vorlieben und Aversionen. Die Jugendlichen nahmen die Gelegenheit wahr, um mit ihren eigenen Wort- und Musikbeiträgen zu antworten. Im ersten Teil der Solodarbietungen wurde auf der Gitarre Bob Dylans „Knocking on Heaven’s Door“ gespielt, über Familie und Freundschaft gesprochen, der Titel von den Skorpions „Wind of Change“ gesungen und auf die eigene, sich gerade so sehr in Veränderung befindliche Lebenssituation bezogen und passend interpretiert. Im eher „klassischen“ Teil der jugendlichen Beiträge erklang dann das Adagio aus der Sonata d-Moll von Benedetto Marcello auf der Flöte und schließlich wurde Goethes „Erlkönig“ rezitiert und von den Jugendlichen mit der zentralen Aussage an die Welt der Erwachsenen verknüpft: „Hört uns Jugendlichen zu und glaubt uns!“.
Die anwesenden Angehörigen waren über die vielseitige Kreativität, über den Mut sowie die Begeisterung und Ernsthaftigkeit ihrer Kinder sehr beeindruckt.

JuHu-Besuch aus Brandenburg

Die Gruppe der Jungen HumanIsten vom Regionalverband Ost-Brandenburg aus Königs Wusterhausen, die übers Wochenende angereist und im Humanistischen Zentrum Stuttgart untergekommen waren, staunten nicht schlecht über Können und Engagement, das ihre Altersgenossen in ihrer Feier zeigten. Die Brandenburger waren beeindruckt, wie individuell eine Jugendfeier gestaltet werden kann, wenn sie in der für HumanIsten eher weltanschaulichen Diaspora Süddeutschlands über die Bühne geht. Günter David, pädagogischer Leiter der Besuchergruppe aus Brandenburg, verwies dann auch in seiner mitreißenden Ansprache besonders auf die Gemeinsamkeiten, die trotz aller regionalen Unterschiede das Leben der Jugendlichen in Ost und West heute prägen. Die Jugendfeierteilnehmer wie auch die anderen anwesenden Jugendlichen bestärkte er darin, ihre „Lebensweichen“ jeweils selbstbewusst und selbstbestimmt zu stellen.
Die drei Stuttgarter Teilnehmer waren sichtlich beeindruckt vom Auftritt der sympathischen Gruppe junger engagierter HumanIsten aus Brandenburg. So erfuhren sie, dass es viele junge Menschen gibt, die ebenso wie sie selbst, nicht religiös aufwachsen. Auch die anwesenden Gäste nebst einigen Vorstands- und Verbandsmitgliedern des ansonsten von Überalterung stark bedrohten Verbandes der Humanisten Württemberg waren begeistert über den Auftritt der Jugendlichen. Begegnete Ihnen dabei doch auf unkonventionelle Weise das gleichwohl ernsthafte Bemühen und der juvenile Wille, organisierten Humanismus in Zukunft aktiv mitzugestalten. So wurde dieser Besuch der Jungen HumanIsten zu einem weiteren imposanten Beleg dafür, wie wichtig und bereichernd die überregionale Zusammenarbeit im Humanistischen Verband Deutschlands für die Zukunft des Württembergischen Verbandes und damit des weltlichen Humanismus in unserer Region ist.

Empfang

Die Jugendreferentin des württembergischen Verbandes, Petra Häneke, drückte beim Überreichen der Urkunden und des Buchpräsentes in ihren Gratulationsworten dann auch neben den besten Wünschen für die Zukunft der Jugendlichen die Erwartung aus, dass sie sich auch weiterhin mit den Humanisten Württemberg verbunden fühlen mögen und sich der Verband noch viel von ihnen erhofft.

Beim anschließenden Sektempfang im mit farbenprächtigen Aquarellen gerade reichlich geschmückten Ausstellungsbereich des Humanistischen Zentrums Stuttgart, überraschten die Ost-Brandenburger Jungen HumanIsten ihre württembergischen Altersgenossen mit kleinen Präsenten aus ihrer Heimat. Neben Spreewaldgurken sowie Glas- und Porzellan aus Königs-Wusterhausen wurde auch eine Einladung, zu einem Gegenbesuch übergeben. Der solle nur möglichst rasch erfolgen…

A. Henschel