Bilanzieren à la Hildesheim

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Hildesheimer Dom, negativ (unter Verwendung eines Fotos von Ramessos (PD))

BERLIN. (hpd) Das Bistum Hildesheim hält sich nicht an seine eigene Rechnungslegungsordnung. Vielmehr baut das Bistum mit beachtlichem Aufwand ein Blendwerk auf, das den Eindruck vermitteln soll, es sei in Finanzfragen transparent und würde sein Vermögen offenlegen.

Das Bistum Hildesheim wird in den Medien wieder einmal als Musterbeispiel für Transparenz aufgeführt, weil es schon seit Jahren einen Geschäftsbericht "nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches für große Kapitalgesellschaften" vorlege, der von einer Wirtschaftsprüfungsfirma bestätigt sei. Damit jedoch kann man dem Bistum Hildesheim einzig eine exzellente Öffentlichkeitsarbeit bescheinigen. Unredlich, aber erfolgreich.

Das Bistum verweist auch selbst darauf, dass es Geschäftsberichte veröffentlicht, die von Wirtschaftsprüfern geprüft werden, und dass es dabei den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) für große Kapitalgesellschaften folge. Das steht auch so in der Rechnungslegungsordnung des Bistums.

Tatsächlich wird aber ausgerechnet bei den Grundstücken und Gebäuden von den HGB-Vorschriften (und damit auch von der eigenen Rechnungslegungsordnung) abgewichen. Auf diese Weise wird das wahre Vermögen des Bistums systematisch verschleiert. Deshalb handelt es sich bei dem Bestätigungsvermerk der Wirtschaftsprüfer auch nur um einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk – womit die Wirtschaftsprüfer bestätigen, dass der Jahresabschluss des Bistums kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt.

Im Geschäftsbericht des Bistums Hildesheim für 2012 heißt es auf S. 39 (alle Hervorhebungen vom Autoren): "Mit Wirkung vom 01.01.2010 trat die 'Ordnung für Rechnungslegung und Wirtschaftsplanung des Bistums Hildesheim' in Kraft; sie wurde im "Kirchlichen Anzeiger" des Bistums Hildesheim Nr. 9/2009 veröffentlicht. Hiernach bindet sich das Bistum beim Jahresabschluss und Lagebericht an die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und die Vorschriften des HGB für große Kapitalgesellschaften mit Ausnahme der Gebote für die Offenlegung.

Hildesheimer Buchführung

In der "Ordnung für Rechnungslegung und Wirtschaftsplanung des Bistums Hildesheim" (Bistumsanzeiger 9/2009 ab S. 217) wird für die Rechnungslegung (d.h. den Jahresabschluss und damit auch für den Geschäftsbericht) bestimmt: "Für den Jahresabschluss sowie den Lagebericht gelten die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung sowie in entsprechender Anwendung die Vorschriften des Dritten Buchs, Zweiter Abschnitt des Handelsgesetzbuches für große Kapitalgesellschaften, mit Ausnahme der Offenlegungsvorschriften des Handelsgesetzbuches für Kapitalgesellschaften (§ 325ff. HGB)."

Das heißt, dass das Bistum Hildesheim nach den einschlägigen Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB), insbesondere aber nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB), zu bilanzieren hat. Ausnahmen oder Abweichungen werden nicht erwähnt.

Das Bistum Hildesheim weicht jedoch in eklatanter Weise von den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ab, indem es systematisch seine Grundstücke und Gebäude nicht bilanziert. Wenn das Bistum Hildesheim eine Immobilie kauft, wird das Geld als "verbraucht" (als Aufwand) verbucht, und der Wert der Immobilie taucht in der Bilanz nicht auf.

In der Bilanz des Bistums Hildesheim für 2012 (Geschäftsbericht 2012, S. 34) sind die Grundstücke und Gebäude des Bistums mit 9.000 Euro (in Worten: neuntausend) beziffert.

Das allein macht schon deutlich, dass die Bilanz des Bistums das Vermögen (zumindest das Immobilienvermögen) nicht sinnvoll darstellt. Noch bemerkenswerter ist allerdings, warum das so ist:

"Das Bistum Hildesheim bilanziert derzeit keine Grundstücke und Gebäude." [Aus dem Bestätigungsvermerk der Wirtschaftsprüfung, S. 51 im Geschäftsbericht 2012]

Nun wäre es vielleicht noch nachvollziehbar, wenn das Bistum Hildesheim sich auf den Standpunkt stellte, dass es alte Grundstücke und Gebäude, die sich seit jeher in seinem Besitz befinden, schlecht bewerten könne.

Das Bistum Hildesheim bilanziert aber auch neu erworbene Grundstücke und Gebäude nicht, obwohl das problemlos möglich wäre. Damit weicht es von den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ab. Das steht auch in den Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden (S. 40), wenn man sich die Mühe macht, diese zu lesen: "Die Geschäftsvorfälle werden nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung verarbeitet. Abweichend hiervon werden im Bereich des Sachanlagevermögens lediglich Gegenstände der Betriebs- und Geschäftsausstattung mit Anschaffungs- und Herstellungskosten aktiviert und dann über den Zeitraum der betrieblichen Nutzungsdauer abgeschrieben. Grundstücke und Gebäude werden dagegen im Jahr des Zugangs in voller Höhe als Aufwand und damit ergebnismindernd gebucht."

Wirtschaftsprüfung bestätigt: Jahresabschuss vermittelt kein zutreffendes Bild

Dementsprechend handelt es sich bei dem Bestätigungsvermerk der Wirtschaftsprüfungsfirma (Geschäftsbericht 2012, S. 51-52), auf den das Bistum Hildesheim so gerne verweist, auch nur um einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk: "Unsere Prüfung hat mit Ausnahme der folgenden Einschränkungen zu keinen Einwendungen geführt: Das Bistum Hildesheim bilanziert derzeit keine Grundstücke und Gebäude. Käufe und Verkäufe von Objekten wurden im vorliegenden Jahresabschluss als Aufwand bzw. Ertrag berücksichtigt. […]"

Der Jahresabschluss des Bistums Hildesheim vermittelt also kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens- Finanz- und Ertragslage. Denn ein eingeschränkter Bestätigungsvermerk bedeutet: "Eine Einschränkung muss erfolgen, wenn ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage durch den Abschluss nicht gegeben ist."(Wikipedia)

Wenn das Bistum Hildesheim also schon auf die Prüfung seines Jahresabschluss durch eine Wirtschaftsprüfungsfirma hinweist, müsste es redlicherweise ebenfalls erwähnen, dass die Wirtschaftsprüfer nur einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt haben. Das heißt natürlich auch, dass das Bistum seine eigene "Ordnung für die Rechnungslegung" (s.o.) nicht einhält, weil es seine Grundstücke und Gebäude nicht bilanziert.

Die Abweichung von den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ist nicht zu rechtfertigen

Der Zweck des Jahresabschlusses – und damit der Buchführung – ist, "ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage" zu vermitteln.

Das HGB lässt Vereinfachungen zu, wenn der Aufwand für eine genaue Erfassung von Vermögensteilen in keinem sinnvollen Verhältnis zum Erkenntnisgewinn steht. Deshalb braucht man z.B. bei der Inventur keine Bleistifte und Radiergummis zu zählen und zu bewerten. Das würde nur Arbeit machen, der Wert dieser Gegenstände wäre aber im Vergleich zum Gesamtvermögen vernachlässigbar. Deshalb darf man sich diese Arbeit sparen. Die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögenslage ist dadurch nicht beeinträchtigt.

Beim Bistum Hildesheim ist es aber genau umgekehrt: Der Aufwand, den Erwerb von Grundstücken gemäß den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu verbuchen, ist völlig vertretbar – das macht jedes Unternehmen so, und es verursacht auch überhaupt keinen besonderen Aufwand.

Andererseits beeinträchtigt die fehlende Bilanzierung der Grundstücke und Gebäude massiv den Zweck des Jahresabschlusses, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln.

Das Bistum Hildesheim weigert sich – trotz der Bestimmung in seiner eigenen Rechnungslegungsordnung – die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung anzuwenden, und seine Grundstücke und Gebäude zu bilanzieren.

Damit ist klar, dass die Buchführung des Bistums gar nicht darauf abzielt, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögenslage zu vermitteln, sondern ganz im Gegenteil, diese zu verschleiern.

Matthias Krause

Siehe auch:
Bistum Hildesheim: Bilanz verstößt gegen eigene Bistumsordnung
Bistum Hildesheim: Grundsätze ordnungswidriger Buchführung