Das BGE in der feministischen und postpatriarchalen Debatte

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Bei der "Demo für das Grundeinkommen" im September 2013
Bei der "Demo für das Grundeinkommen" im September 2013

BERLIN. (hpd) Das “Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) in der feministischen und postpatriarchalen Debatte” war das Thema eines Diskussionsforums der Heinrich-Böll-Stiftung. Besonders im Fokus standen dabei die Fallstricke und entsprechende Gegenmaßnahmen unter der Berücksichtigung verschiedener theoretischer Ansätze eines Grundeinkommens.

Vor allem wurden eine postpatriarchale Ökonomie, ein ausgeweiteten Arbeitsbegriff und Care-Arbeit als zukunftsgewandte Ideen dargestellt. Der weitgehend feministische Diskurs drehte sich um Eigenarbeit, Care-Arbeit, Lohn-/Erwerbsarbeit, politische Arbeit, Bildung und Mufle und ging überdies auf die wirtschaftliche Perspektive dieser Theorien ein.

Zu Gast waren Frau Dr. Ina Praetorius, freie Autorin und Mitfrau im Komitee der eidgenössischen Volksinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen der Schweiz. Margit Appel von der Katholischen Sozialakademie Österreichs, dem Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt Österreich sowie Dagmar Paternoga, Attac Deutschland und “AG Genug für alle”.

Die Moderation übernahm Ronald Blaschke, der sich auch beim Netzwerk Grundeinkommen engagiert. Sicherlich hätten Susanne Wiest, die die Bundestags-Petition für ein Bedingungsloses Grundeinkommen eingereicht hat und Susann Worschech (Europa-Universität Viadrina) diese Diskussionsrunde bereichert, doch leider fielen die zwei angekündigten Rednerinnen wegen Krankheit aus.

Der erste Kurzvortrag kam von Margit Appel, sie vertritt eine feministisch-ökonomischen Theorie. Hierbei handelt die Frau selbst aktiv in einer postpatriarchalen Zeit und das Grundeinkommen wird als Hebel für Existenzsicherung und für die Freiheit der Frauen angesehen. Appel stellt klar, dass ein Grundeinkommen nur als solch ein Hebel funktionieren kann, wenn folgende Kriterien erfüllt seien: Es muss personenbezogen sein, in existenzsichernden Höhe ausgezahlt werden, an die gesamte Allgemeinheit und es muss bedingungslos sein. Nur innerhalb dieser Parameter ließe sich das Konzept effizient als Art Hebel für Freiheit für Lebensentwürfe und Rollenmodelle angesehen werden.

Insbesondere spricht Appel den Dienstleistungs- und Care-Bereich an, da sie hierin ein großes Potenzial und auch Dringlichkeit sieht. Diese Entwicklung könnte man jedoch mit einem bedingungslosen Grundeinkommens begegnen. Gleichzeitig verweist Appel aber auch darauf, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen zuerst in der Gesellschaft verankert werden müsse, diese also zunächst politisiert werden müsse.

Auch Frau Dr. Ina Praetorius stellt diese Ansprüche an das bedingungslose Grundeinkommen. Ebenfalls Kriterium ist das es in einer postpatriarchalen Wirtschaft und Gesellschaft verankert ist, wobei das Hauptaugenmerk der Ökonomie auf Care gerichtet ist. Frau Dr. Ina Praetorius sieht in dem Postpatriarchat eine Übernahme an Verantwortung, kein Zwang oder Anreiz zur Arbeit; zudem müsse der Freiheitsbegriff neu definiert werden.

Sie bezeichnet die heutige Zeit als ein “Durcheinander” und wünscht sich einen Paradigmenwechsel bei dem die Mitte der Wirtschaft neu bestimmt werden würde. Dr. Praetorius vertritt aus Prinzip nur das bedingungslose Grundeinkommen vor dem Hintergrund des Postpatriarchats und der Bedingungslosigkeit und will es nicht in einer “Haushaltsecke” sehen.

Dagmar Paternoga sieht es eher aus einer Menschenrechtsperspektive und erwähnt hierbei nur am Rande auch das Projekt “Jenseits des Wachstums”. Paternoga sieht als einen ersten Schritt zum Wandel innerhalb der Gesellschaft eine Bedürfnisorientierte Wirtschaft. Die Theorie des Grundeinkommens akzeptiert jede Art von Beitrag zur Gesellschaft, aber es darf kein Zwang bestehen und es muss absolut bedingungslos sein. Freiheit und Bedürftigkeit liegen nahe beieinander, nach Frau Paternoga müssen die Bedürfnisse der Menschen in den Fokus gerückt werden. Ausserdem spricht sie sich vehement dafür aus, dass sie mit Menschen, alle Menschen meint, also auch sogenannte ‘Illegale’ oder keine Staatsbürger. Darüber hinaus sollte es auch einen gesetzlichen Mindestlohn geben und Arbeitszeitverkürzungen zur Verteilung der Arbeit.

In der Abschlussdebatte stellen alle Referentinnen noch einmal klar, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen immer nur innerhalb einer Ökonomie-Debatte gesehen werden kann. Zudem wäre ein Paradigmenwechsel erstrebenswert, wobei das Bedürfnis bzw. das Individuum im Zentrum steht. Das bedingungslose Grundeinkommen ist also ein Generationenprojekt, da zuvor noch vieles in der Gesellschaft und Wirtschaft drastisch neu oder anders gedacht werden muss.