Authentizität der außerchristlichen Jesuszeugnissen

Erhebliche Zweifel

(hpd) Der promovierte Theologe Hermann Detering nimmt in “Falsche Zeugen. Außerchristliche Jesuszeugnisse auf dem Prüfstand” eine Textanalyse historische “Kronzeugen”-Dokumente vor. Dass es erhebliche Zweifel an der Authentizität dieser geschichtlichen Quellen gibt, wird mit großer Akribie belegt, wobei bereits der geringe Aussagewert der Inhalte ein Grund genug für erhebliche Skepsis ist.

Die Christen feiern am 24. Dezember die Geburt Jesu. Die Angaben zur Zeit werden mit “nach Christus” bzw. “vor Christus” beziffert. Dies legt jeweils ein genaues Wissen um den geschichtlichen Jesu nahe.

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Doch wie gut belegt sind damit einhergehende Kenntnisse wirklich? Was kann man historisch abgesichert tatsächlich über sein Leben und Wirken sagen? Die Evangelien scheiden als zuverlässige Quelle aus, handelte es sich doch entgegen ihrer namentlichen Benennung nicht um zeitgenössische Berichte von Jüngern. Die Texte entstanden wohl frühestens am Ende des ersten Jahrhunderts und wurden von unbekannten Anhängern des frühen Christentums verfasst. Wie steht es demnach aber um die außerbiblischen Quellen. Dieser Frage geht der promovierte Theologe Hermann Detering, der früher lange Jahre als Pastor gearbeitet hat und heute die Webseite radikalkritik.de betreibt, in seinem Buch “Falsche Zeugen. Außerchristliche Jesuszeugnisse auf dem Prüfstand” mit einer ausführlichen Betrachtung von sechs “Kronzeugen”-Dokumenten nach.

Es handelt sich hierbei um die Berichte des jüdischen Historikers Flavius Josephus, des römischen Historikers Tacitus, des römischen Statthalters Plinius d. J., des römischen Geschichtsschreibers Sueton, des syrischen Briefautors Mara bar Serapion und des römischen Historikers Thallus. Die gemeinten Aussagen werden immer wieder als Belege sowohl für die geschichtliche Existenz Jesu wie für die des Frühchristentums im ersten Jahrhundert als außerbiblische Quellen genannt. Detering widmet jedem dieser “Kronzeugen” in seinem Buch ein eigenes Kapitel und nimmt eine kritische Prüfung in Richtung der Aussagekraft und Glaubwürdigkeit dieser Texte vor. Häufig weist er anhand von inhaltlichen oder stilistischen Gründen darauf hin, dass bedeutsame Passagen offenkundig erst später in die ursprünglichen Texte aufgenommen wurden. Gegen Ende des Buches reflektiert der Autor dann noch einmal über das Schweigen der sonstigen zeitgenössischen nichtchristlichen Quellen über das doch eigentlich als aufsehenerregend geltende Agieren von Jesus und seinen frühen Anhängern.

Bilanzierend kommt Detering “bei der Suche nach dem historischen Jesu in den nicht-christlichen antiken Quellen des 1. und des beginnenden 2. Jahrhunderts zu einem negativen Resultat. Mit ihrer Hilfe kann weder die historische Gestalt Jesu von Nazaret noch die Existenz eines frühen Christentums im 1. Jahrhundert bewiesen werden.” Darüber hinaus führe die Erörterung der “Kronzeugen”-Texte zu dem Ergebnis, “dass diese in historischer und theologischer Hinsicht nicht nur relativ unergiebig sind, sondern dass es sich dabei in der Mehrzahl sogar um spätere christliche Einfügungen handelt” (S. 183f.) Dies bedeute: “Die von Theologen präsentierten nichtchristlichen Jesuszeugnisse sind also im höchsten Maße der christlichen Manipulation verdächtig. Historisch betrachtet sind sie Beispiele für die seit dem 2./3. Jahrhundert um sich greifende Tendenz, dem Inhalt des christlichen Glaubens eine konkrete historische Gestalt zu geben” (S. 185). Demnach stehe es insgesamt um die geschichtliche Begründung des Christentums schlecht.

Indessen führt für Detering diese Einsicht nicht notwendigerweise zum Abschied von dieser Religion. Er plädiert sogar dafür, dass man in Anlehnung an Eugen Drewermann “hinter der historischen Staffage der Evangelien wieder die Welt der religiösen Bilder und Symbole” (S. 191) entdecken solle. Demnach nimmt der Autor keineswegs eine atheistische oder nicht-christliche Position ein. Seine Argumentation ist darüber hinaus von Sachlichkeit in Argumentation und Tonfall geprägt. Gelegentlich könnte man sogar einwenden, dass er sich bei der kritischen Prüfung viel zu viel Mühe gemacht hat. Denn bei genauer Betrachtung sagen die gemeinten außerchristlichen Jesuszeugnisse doch gar nichts über eine historische Person aus. Meist ist nur die Rede davon, dass über eine solche Person jemand gesprochen habe. Mitunter gibt es sogar offenkundige Verwechslungen, etwa beim “Chrestus” in Rom zu viel späterer Zeit. Detering belegt indessen nicht die geschichtliche Nicht-Existenz von Jesu. Über ihn lassen sich aber keine historisch belegbaren Ausführungen formulieren.

 


Hermann Detering, Falsche Zeugen. Außerchristliche Jesuszeugnisse auf dem Prüfstand, Aschaffenburg 2011 (Alibri-Verlag), 243 S.

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