BERLIN. (hpd) Der Generalbundesanwalt Range verlas heute vor der Presse eine Erklärung. Erwartet wurde von vielen, dass es sich um seine Rücktrittserklärung handeln würde. Doch es kam ganz anders.
Range erklärte, dass ein von ihm beauftragter Sachverständiger "die Rechtsauffassung der Bundesanwaltschaft und des Bundesamtes für Verfassungsschutz vorläufig bestätigt" habe. Damit bleibt er bei seiner scharf kritisierten Einschätzung, dass die von netzpolitik.org veröffentlichten Dokumente der Geheimhaltung unterliegen.
Weiter gab Range bekannt, dass er die Bewertung des Sachverständigen dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gestern unverzüglich mitgeteilt habe. "Mir wurde die Weisung erteilt, das Gutachten sofort zu stoppen und den Gutachtenauftrag zurückzuziehen. Dieser Weisung habe ich Folge geleistet." Hieran fällt auf, dass der Auftrag für das Gutachten erst zurückgezogen wurde, als es offenbar bereits erstellt war.
Der Generalbundesanwalt geht zudem auf Konfrontationskurs mit dem Justizminister und der Regierung. "Auf Ermittlungen Einfluss zu nehmen, weil deren mögliches Ergebnis politisch nicht opportun erscheint, ist ein unerträglicher Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz."
Es darf jetzt darüber spekuliert werden, wie es mit Generalbundesanwalt Range weitergehen wird. Kaum anzunehmen, dass Maas, de Maizière und Bundeskanzlerin Merkel diesen Affront unwidersprochen hinnehmen werden. Wenn sie sich bisher öffentlich eher zögerlich äußerten; jetzt sind sie gezwungen, Stellung zu nehmen.
Ebenfalls in die Kritik dürfte nun auch der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen geraten. Denn er hatte mit seinen Strafanzeigen die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft initiiert.
Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) hat sehr schnell und sehr scharf auf die Erklärung des Generalbundesanwaltes reagiert: "Herr Range, sind Sie paranoid oder nur unwissend? Auf jeden Fall steht fest, dass die Ermittlungen eingestellt werden müssen - je eher, desto besser."
Die Tage des Generalbundesanwalts jedenfalls dürften gezählt sein. Das wird er wissen und sich mit kräftigem Theaterdonner verabschieden wollen.
4 Kommentare
Kommentare
Holger am Permanenter Link
Zitat: "Auf Ermittlungen Einfluss zu nehmen, weil deren mögliches Ergebnis politisch nicht opportun erscheint, ist ein unerträglicher Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz."
Sieht er das im Zusammenhang mit der NSA-Affäre auch so ?
Wolfgang am Permanenter Link
Jetzt bekommt das Sprichwort "Wer anderen eine Grub gräbt, fällt selbst hinein!"
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Na dazu gehört schon einiges, in dieser Situation mit diesem Statetment herauszukommen... Was für ein gezielter Affront gegen den Bundesjustizminister.
Hat man Runge vielleicht schon zehn Pensionierungsanträge abgelehnt und nun muss er es so versuchen?
Er nennt den Gutachter nicht, teilt außerdem nur mit, dass es sich nach "vorläufiger" Einschätzung des Gutachters um ein Staatsgeheimnis handelt. Das ist bei Dokumenten der zweitniedrigsten Geheimhaltungskategorie ein erstaunliches Ergebnis kreativer Rechtsfindung...
Unabhängigkeit der Justiz... Der Mann ist STAATSANWALT und damit weisungsgebunden. Unabhängig ist die Rechtsprechung.
Man sollte auch mal richtig sacken lassen, dass Pläne zur kompletten Inhaltsüberwachung der elektronischen Inlandskommunikation, die der Gegenstand der Veröffentlichung durch netzpolitik.org waren, in diesem unserem Lande als Staatsgeheimnis eingestuft werden...
Pfui.
Jens T. am Permanenter Link
Es scheint sich aus dieser wirklich dummen Entscheidung des GBA eine veritable Staatsaffäre zu entwickeln.
Wenn Leute wie Range oder Maaßen schon nicht über die NSU-Verschleiererung und den NSA-Skandal stolpern... dann fliegen sie jetzt auf die Fre... Nase. Zu gönnen ist es ihnen.