WARSCHAU. (hpd) Reuters und andere Presseagenturen, namhafte Zeitungen und einige Persönlichkeiten – auch in Deutschland – kommentierten scharf die jüngste Aussage des designierten Ministers für Europäische Angelegenheiten in der neuen nationalistisch-konservativen Regierung, Konrad Szymański.
Dieser sagte: "Die von uns kritisierten Entscheidungen des Europarates über die Verteilung der Flüchtlinge und Immigranten in alle EU Ländern haben immer noch Status des gültigen EU Rechts. Angesichts der tragischen Ereignissen in Paris sehen wir jedoch keine politische Möglichkeiten, das zu erfüllen. Polen muss die völlige Kontrolle über eigene Grenzen und über die Asyl- und Migrationspolitik behalten."
Die Kritik an dieser Aussage ist völlig berechtigt. Aber die Verallgemeinerung und Behauptung – die manchmal diese Kritik begleitet – dass das auch die Meinung der Polen ist, ist völlig unberechtigt und führt zum Aufleben alter Vorurteile. "Wenn jeder in Europa dumpfe Vorurteile so bediente, dann gäbe es zwischen Deutschland und Polen ganz fix ne Mauer gegen Autodiebe" lautet die Äußerung eines Lesers unter dem Text in FAZ zu diesem Thema.
Es wäre sinnvoll zu beachten, dass sowohl Herr Szymański als auch die neue nationalistisch-konservative Regierung nicht mit dem ganzen Land und mit den Polen identisch sind. Genau so, wie die kommunistischen Regierungen nicht identisch waren.
In Polen ist die größte bürgerliche Bewegung Solidarność entstanden. Die Solidarität haben die Polen nicht verlernt. Vor der französischen Botschaft in Warschau ist ein Meer von Kerzen, Blumen und Zetteln mit Beileidworten. Trotz Wind und Regen gehen viele Warschauer dorthin, um ihre Solidarität mit den Franzosen zu zeigen.
Die Zusammensetzung der neuen Regierung ist schon bekannt. Ihre Vereidigung findet in einigen Tagen statt. Ist die Szymaskis Aussage nur ein Zwischenfall oder die Ankündigung der Haltung der ganzen Regierung? Wenn es so wird, dann stehen vor den polnischen Humanisten große und schwierige Aufgaben. Nicht nur, die gemeine Aussagen der nationalistischen Politikern zu verurteilen. Sondern wir müssen auch vermeiden, dass die neue Macht die Angst vor Flüchtlingen, vor Fremden, vor Nichtchristen als Werkzeug der Politik missbraucht wird.
Die westlichen Kommentatoren werden deshalb gebeten, sorgfältiger auf die Stimme der "normalen" Bevölkerung zu hören – anstatt die Worte der Homo- und Xenophoben in ministeriellen Sesseln unkritisch als die Meinung der ganzen Nation anzunehmen.
4 Kommentare
Kommentare
Klaus Bernd am Permanenter Link
Keine Sorge, man weiß schon, dass nicht ganz Polen die PiS gewählt hat, aber immerhin haben sie im Sejim die absolute Mehrheit.
muss man leider konstatieren, dass die PiS mit größerem Recht für sich in Anspruch nehmen kann, die Stimme der "normalen Bevölkerung" zu sein.
Ich bin mir auch sicher, dass der dumme Spruch von der "Mauer gegen Autodiebe" nicht von einem "normalen" Deutschen stammt obwohl er in die Kategorie einer weit verbreiteten Art von Witzen passt.
Schließen möchte ich mit den besten Wünsche für die säkulare und humanistische Szene in Polen.
Lukas am Permanenter Link
Die "normale" Bevölkerung hat die Regierung schließlich gewählt. Es stimmt, dass nicht jeder Pole homo- oder xenophobe ist, aber dieses Nicht-Jeder-Argument kann man auf alles anwenden.
Lech am Permanenter Link
im europäischen Vergleich sind die Polen homo- und xenophobe.
Und an was misst sich denn dieses "homo- und xenophob"?
Daran, dass der Präsident nicht zum Gaypride Gratulationsschreiben verfasst? (Polen hat übrigens niemals Homosexuelle getötet oder ins Gefängnis gesperrt, fast 40 Jahre vor D war Homosexualität auch rechtlich legal (1932)). Woran das "xenophob"? In Polen sitzen 2 schwarzafrik. Einwanderer schon seit Jahren im Parlament, Menschen, die unsere Kultur akzeptieren und in unserer Gesellschaft mitmachen wollen sind herzlich willkommen. Nicht willkommen hingegen sind Migranten, die geschlossene Gettos bilden und unsere Werte und Kultur NICHT respektieren. In diesen Gettos (siehe franz. Banlieus) sind übrigens echte Homophobie, relig. Fanatismus, Frauenverachtung, Gewaltkultur, Antisemitismus weeeeeeit verbreitet. Komischerweise stört das die werten Humanisten aber nicht so sehr. Etwa, weil man es möglichweise nicht überlebt dagegen anzustehen aber dem Christentum dafür umso mehr eine reindreschen kann?
Andrzej Wendryc... am Permanenter Link
Der Mensch kann sowohl gut, als auch schlimm sein, je nach dem ihm dazu anregt.