Aufklärung und Kritik 2/2024 erschienen

Das aktuelle Heft von Aufklärung und Kritik (A&K), der umfangreichen Vierteljahreszeitschrift der Gesellschaft für Kritische Philosophie Nürnberg (GKP), ist erschienen. Die Redaktion hat dem hpd wieder das Vorwort zur Verfügung gestellt.

Als Einstieg in das aktuelle Heft wird auf einer vorangestellten Seite an unseren seit der letzten Ausgabe verstorbenen Mitherausgeber und Ehrenvorsitzenden Prof. Dr. Hans Albert erinnert.

Dann geht es in medias res. Dr. Tobias Jung unternimmt es in seinem Artikel "Immanuel Kant und die Naturwissenschaft. Bemerkungen zu den Bedingungen der Möglichkeit der Physik als Wissenschaft in der 'Kritik der reinen Vernunft'" Kants Argumentation in der Abteilung "Transzendentale Ästhetik" letzteren Werkes nachvollziehbar darzustellen. Dazu erläutert er, wie Kant zu Raum und Zeit als reinen Formen der Anschauung gekommen sei und mit welchen vorhergehenden Theorien er sich dabei auseinandergesetzt habe. Anschließend zeigt Dr. Jung Kants Argumentationsweg zu Raum und Zeit als dem menschlichen Subjekt a priori vorgegebene, reine Anschauungsformen auf und problematisiert das Verhältnis der modernen Physik zu diesen Grunderkenntnissen.

Ein ganz anderer Schwerpunkt Kant'schen Denkens wird von Dr. Ludwig Coenen in "Liberale Ökonomie-Konzepte zur Zeit der Aufklärung – Teil 1" präsentiert. Ausgehend von einem Buch Ulrike Herrmanns über das Ende des Kapitalismus stellt der Autor kurz Adam Smiths Beitrag zur Ökonomie vor, ehe er David Humes Aussagen darüber in den Political Discourses auswertet. Der größte Teil des Beitrags ist aber Immanuel Kants Äußerungen zur politischen Ökonomie gewidmet, von ersten Entwürfen zu Texten zur physischen Geographie 1757 bis hin zu jenen zu den Anfangsgründen des Rechts 1797. Durch die Bezugnahme auf die preußische Politik zur jeweiligen Zeit wird Kants (indirekte) Kritik an Friedrich dem Großen herausgearbeitet.

In "Ökonomie von Moral" untersucht Dr. Albert Fleischmann die Frage "Rentiert sich Moral?", mit Bezügen zu Werken von Robert Axelrod und Bernhard Gert. Dies geschieht mit Hilfe eines Gedankenexperiments, dessen Versuchsanordnung darin besteht, Wert oder Unwert der Befolgung der Zehn Gebote nach dem Modell des "Gefangenendilemmas" aus der Spieltheorie nachzuweisen. Als Bezugsgröße setzt der Autor Geld ein, da dies überall auf der Welt als "Tauschwert" anerkannt werde, anders als Religionen oder Götter, und kommt so zu hochinteressanten Ergebnissen.

Wilfried Stütz stellt in seinem Artikel "Sympathie als Basis einer normativen Moraltheorie. Die Ethik Adam Smiths" eben jene Ethik vor und setzt sich kritisch mit ihr auseinander. Dabei stellt er zunächst Bezüge zum Utilitarismus Mills und zu den Untersuchungen David Humes her, ehe er sehr differenziert die Argumentation Adam Smiths verfolgt, vom reinen "Miterleben" über die Einbildungskraft bis zum Wert der Tugend und zur Rolle der Vernunft. Dabei weist der Autor immer wieder auf Widersprüche in Smiths Gesamtkonzept hin.

Einen umstrittenen Klassiker der Philosophiegeschichte stellt Helmut Fink in "Auguste Comte – Wissenschaftliche Weltanschauung und positive Philosophie" vor. Er würdigt ihn durch Vorstellung seiner Beiträge zur wissenschaftlichen Weltanschauung als Begründer der Soziologie und als Vordenker des Positivismus, und parallelisiert seine Werke mit Comtes biographischer Situation. Dies gilt auch für den zweiten Teil, der die Gründung der "Religion der Humanität" und der "Kirche des Positivismus" zum Thema hat, mit besonderem Augenmerk auf die von Comte aufgeworfene Frage nach der Bedeutung säkularer Weltanschauungen für die Lebensführung der Menschen.

Mit Herkunft und Zukunft des zeitgenössischen Humanismus befasst sich Dr. Konrad Lotter in "Zwei Grundfragen des realen Humanismus". Ausgehend vom Renaissance-Humanismus und dem humanistischen Bildungsideal umreißt der Autor seinen Begriff des realen Humanismus, um zum einen zur Frage von dessen Anfang beziehungsweise notwendigen Bedingungen zu kommen, zum anderen zu Ursachen von dessen prognostiziertem Niedergang. Dabei bezieht er Argumente von Herder, Kant, Engels und Marx ebenso mit ein wie von Heidegger, Anders oder Harari.

Mit ethischen Problemen, die sich aus der Nutzung der digitalen Medien ergeben, setzt sich Prof. Dr. Dagmar Fenner in ihrem Artikel "Hilft gegen neue Medien nur noch Digital Detox?" auseinander. Ausgehend von den fünf wichtigsten journalistischen Qualitätsstandards, wie zum Beispiel der Sorgfaltspflicht oder der Achtung vor Persönlichkeitsrechten, stellt sie die von den digitalen Medien ausgehenden Gefährdungen und Gegenmaßnahmen dazu jeweils auf der Mikro-, Meso- und Makroebene dar und zeigt in ihrem Fazit Möglichkeiten für jeden auf, den Auswüchsen entgegenzuwirken.

In den nächsten drei Artikeln liegt der Fokus mehr auf allgemeineren philosophischen Themen. So stellt Dr. Frank Schulze in "Afrikanische Philosophie. Ein Blick über den west-östlichen Tellerrand" einige Schwerpunkte der subsaharischen afrikanischen Philosophie vor, die bei uns wenig bekannt ist. Nach der Skizzierung der Grundprobleme (Kolonialismus/Postkolonialismus; orale Überlieferung) führt er in die vier wichtigsten Philosophieansätze im 20. Jahrhundert ein, umreißt deren Kernaussagen und referiert jeweils zentrale Kritikpunkte. Mit einem Ausblick auf aktuellere Debatten, Projekte und Probleme der afrikanischen Philosophie schließt der Autor unter Hervorhebung der Bedeutung eines universalistischen Ansatzes für jede Philosophie.

In "Afrikanische Philosophie der Gegenwart" gibt Prof. Dr. Anton Grabner-Haider einen Überblick über die Entwicklung der afrikanischen Philosophie, ihre gegenwärtigen Schwerpunkte und Probleme. Nach der Skizzierung der Anfänge von Philosophie und Wissenschaft in Ägypten werden die Grundzüge der Entwicklung bis zum Ende des Kolonialismus dargelegt. Als dessen direkte Folge wird gezeigt, dass im 20. Jahrhundert zunächst der Einfluss der euro-nationalen Denkschulen den jeweiligen Ausgangspunkt bildete, ehe im postkolonialen Denken eine echte Emanzipation begann. Diese führte nach dem zunächst großen Einfluss westlicher Denkschulen zu einer zunehmenden Umorientierung auf indische, chinesische oder traditionelle Wurzeln.

Einem ganz traditionellen, europäischen Werk hat sich Dr. Jan Kerkmann in "'Die Schuld liegt bei dem, der gewählt hat'. Versuch einer diesseitigen Interpretation des Jenseitsmythos im X. Buch der Politeia" gewidmet. Er möchte den im X. Buch überlieferten Er-Mythos durch eine neue Interpretation, eine diesseitige, für heutiges Lesepublikum fruchtbar machen. In seiner Argumentation erläutert er verschiedene Lesarten: eine metaphysische, eine empiristische und eine existentielle, mit Betonung des Unterschieds zu Sartres Existenzialismus, um so seine These "Freiheit durch Philosophie, damals wie heute" zu belegen.

Das FORUM wird mit "Fatalismus und Freiheit in Diderots 'Jacques le Fataliste'" von Reinhard Fiedler eröffnet, der einen informativen Überblick über 2.000 Jahre Diskussion der Frage nach Determiniertheit oder Freiheit von menschlichen Handlungen bietet, mit vielen Beispielen aus der Philosophiegeschichte. PD Dr. Dagmar Kiesel weist in ihrem Beitrag "Camus' Drama Caligula oder: Die verfehlte Revolte" nach, dass die beiden Schwerpunkte in Camus' Werk, der des Absurden und der der Revolte in der Gestalt Caligulas, in ihrer fehlgeleiteten, pervertierten Form anschaulich gemacht werden. Unter der Überschrift "Die Resurrektionstheologie kann sich nicht um die ontologische Frage drücken" befasst sich Dr. Matthias Mindach kritisch mit Widerlegungsversuchen von Humes Wunderkritik. Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber informiert in "Karl R. Popper und die 'Verschwörungstheorie'" über Poppers Erläuterungen zum Begriff "Verschwörungstheorie" und prüft sie auf ihren Erkenntnisgewinn für heutige Diskussionen. In seinem Beitrag "Gewinnt Carl Schmitt neue Aktualität?" bejaht Jörn Sack diese Frage mit Bedauern und zeigt an den Stichpunkten "Freund-Feind-Denken", "Ausnahmezustand" und "Staatsräson", inwiefern dies seiner Einschätzung nach zutrifft. Karlheinz Rehwald setzt sich in den beiden nächsten Beiträgen jeweils kritisch mit Artikeln aus A&K auseinander: Zunächst mit "'Warum der Egoismus scheitert'. Einwände zum Beitrag von Andreas Müller 'Objektivismus Revisited: Darum scheitert Ayn Rands Ethik'" aus A&K 2/2023, anschließend moniert er in "Anmerkungen zum Beitrag 'Panpsychismus' von Dr. Klaus Mattheß", erschienen in A&K 3/2023, vor allem die ungenügende Berücksichtigung des neuesten Forschungsstandes.

Eine ganze Reihe interessanter Rezensionen zu Büchern über große Philosophen, neueste wissenschaftliche Entwicklungen oder philosophische Grundfragen beschließen den Band, aphoristische Denkanstöße und Informationen zur GKP runden ihn ab.

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