Aufklärung und Kritik 3/2021 erschienen

Das aktuelle Heft von Aufklärung und Kritik, der umfangreichen Vierteljahreszeitschrift der Gesellschaft für Kritische Philosophie Nürnberg (GKP), ist erschienen. Die Redaktion hat dem hpd wieder das Vorwort zu Verfügung gestellt.

Zwei Mitherausgeber der ersten Stunde konnten in diesem Frühjahr ihren 80. Geburtstag feiern: Dr. Hans-Joachim Niemann und Dr. Dr. Joachim Kahl. Aus diesem Anlass haben wir die vielen Beiträge der beiden in je einem Sonderheft zusammengestellt, das Sie ab sofort auf der Homepage der GKP finden.

Unsere Sommerausgabe beginnt mit dem Aufsatz "Hegel, ein Philosoph des Totalitarismus?" von Prof. Dr. Hubert Kiesewetter. Er untersucht darin, ob die in vielen Jubiläumsschriften zum 250. Geburtstag Hegels vertretene These zutreffe, dass dessen Rechtsphilosophie eine liberale oder freiheitliche Theorie sei. Anhand der Wirkungsgeschichte vor allem der Staatsrechtstheorie Hegels belegt der Autor, dass diese sich so gut für die Begründung totalitärer Systeme geeignet habe, dass ihr Nutzen für die Demokratie zweifelhaft erscheine.

Die nächsten beiden Artikel befassen sich mit dem Induktionsproblem. Zunächst stellt sich Frederick Herget in seinem Beitrag "Das Induktionsproblem oder philosophische Schießübungen bei Nacht" der Aufgabe, die Problematik des Induktionsproblems aufzulösen. Um dies zu erreichen, erläutert er wesentliche Aspekte von Wissenschaft, die Beziehung unseres begrifflichen Denkens zur Realität und die Rolle der Sprache dabei, und unterbreitet schließlich einen Lösungsvorschlag.

Dr. Johannes Kimling macht es sich in seinem Beitrag "Warum die rationale Entscheidung für die bestgeprüfte Theorie keinen Induktionsschluss enthält" zum Anliegen, die seit Jahren dem Kritischen Rationalismus unterstellte "heimliche Verwendung" des Induktionsschlusses als Missverständnis zu entlarven.

Im nächsten Beitrag stellt Prof. Dr. Jürgen Daviter unter der Überschrift "Konsenstheorie der Wahrheit: Die Überforderung des Diskurses" diese vor und unterzieht sowohl Habermas' als auch Apels Fassung derselben einer grundsätzlichen Überprüfung unter erkenntnistheoretischer Fragestellung. Dabei kommt er bezüglich ihres Beitrags zur Wahrheitsfindung zu keinem günstigen Ergebnis.

Mit Wirkung und Folgen von Diskurstheorien setzt sich Prof. Dr. Christian Swertz in seinem Artikel "Korrelationale und retorsive Grundlagen der Realdialektik" im Hinblick auf deren weitreichenden Gültigkeitsanspruch auseinander. Er zeigt anhand universitärer Diskurse die Folgen dieses Ansatzes für Wissenschaft und Gesellschaft auf. Besonders die Gefahren für Ethik und Demokratie, die bei einer Ablehnung jeglicher allgemeinen Geltung von wissenschaftlichen Erkenntnissen entstünden, arbeitet er heraus, weil als Folge davon die Gesellschaft als zu gestaltende aus dem Blick gerate.

"Freiheit des Menschen" – dieses traditionsreiche Thema der Philosophie behandelt Helmut Fink in seinem Aufsatz "Willensfreiheit im Zeitalter der Neurowissenschaften" unter neuen Vorzeichen. Unter Einbeziehung der Erkenntnisse der Neurowissenschaften und mit Blick auf die zum Beispiel von Wolf Singer propagierte völlige neuronale Determiniertheit sucht der Autor Antworten auf die Fragen nach unserem Selbst- und Menschenbild, der personalen Verantwortung und der individuellen Autonomie, um so zu einem tragfähigen naturalistischen Menschenbild zu gelangen.

Mit einem anderen Schwerpunkt von "Menschenbild" beschäftigt sich Dr. Jürgen Koller in "Personalität und Tierethik", nämlich mit der Personalität als Voraussetzung für Würde. In seinem informativen Beitrag zeigt er die Entwicklung des Personenbegriffs von Hobbes und Locke bis zur modernen philosophischen Anthropologie auf und weist auf die Begründungsschwierigkeiten hin, die eine sich darauf berufende Tierethik hätte.

In "Galilei und die Inquisition – 1615-1633" zeichnet Peter Kopf ein detailliertes Bild von Galileo Galileis Kampf um die Anerkennung des kopernikanischen Weltbildes. Dabei macht er besonders deutlich, dass dieser an zwei Fronten stattfand, einmal gegen die naturphilosophische Tradition im Sinne Thomas von Aquins und zum anderen gegen die buchstäbliche Auslegung der Bibel, die seit dem Tridentinum wieder weit verbreitet war, wobei Gegner und Unterstützer sich in beiden Lagern fanden.

Dr. Ludwig Coenen macht in "Erinnerungen an das Zeitalter von John Locke. Teil 2" wichtige Stationen der Entwicklung von John Lockes Moralphilosophie bewusst, zum Beispiel den Denkweg Lockes von Überlegungen, was den Menschen ausmache, zum juristischen Begriff "Person". Welche Folgerungen sich aus der dahinterstehenden Synthese von stoischer Philosophie und christlicher Morallehre ergeben – mit Wirksamkeiten bis heute – ist hier erhellend dargelegt.

Um eine Synthese ganz anderer Art geht es Dr. Christian E.W. Kremser in "Karl Marx trifft auf Sigmund Freud. Die Synthese aus Historischem Materialismus und Psychoanalyse in der Gesellschaftstheorie Herbert Marcuses". Der Autor zeichnet zunächst die Entwicklung des Historischen Materialismus nach, dann stellt er das Freud'sche Strukturmodell der menschlichen Psyche vor, um schließlich Herbert Marcuses Gesellschaftstheorie als Integration Freud’scher Bausteine in den Historischen Materialismus darzustellen.

Ziel von Prof. Dr. Hans Friesen ist es, mit "Heideggers Theorie des Bauens und die Moderne in der Architektur" Stellung und Bedeutung der Architekturtheorie Martin Heideggers in der Architekturtheorie des 20. Jahrhunderts zu klären. Dafür erläutert er dessen Antworten auf die Frage nach dem Verhältnis von Bauen und Wohnen und den Folgen für das Lebensgefühl der Moderne und setzt sie in Beziehung zu den Ansätzen Le Corbusiers.

Das FORUM eröffnet Dr. Jutta Georg mit "Nietzsches Europa – Nietzsches Europäer", in dem sie dessen Europavision als Zusammenspiel von Kritik (an Nationalismus und Christentum) und Utopie (über den guten Europäer) darlegt und ihren Nutzen für unser heutiges Europa abfragt. Bernd Oei zeigt in seinem Beitrag "Nietzsche unter französischen Philosophen" die offenere Nietzsche-Rezeption in Frankreich sehr plausibel als Folge anderer Traditionen im Umgang mit Literatur, Philosophie, Irrationalität und Tabubrüchen auf. Mit möglichen Tabubrüchen setzt sich Prof. Dr. Rudolf Lüthe in "Beleidigen und Beleidigtsein. Philosophische Überlegungen zu den aufklärerischen Möglichkeiten und den moralischen Grenzen von Satire" anhand aufschlussreicher Begriffsanalysen auseinander.

Wie Aufklärung und Offenheit der Gesellschaft auch in Zeiten der Pandemie hochgehalten werden können, ist das Thema von Richard Blättels Aufsatz "Der Pragmatismus ist ein Humanismus. Ein Orientierungsversuch in der Corona-Krise". Über die Infragestellung der Gültigkeit wissenschaftlicher Forschungsergebnisse durch postmoderne, wissenschaftssoziologische Veröffentlichungen wollen Timm Bölke und Bianca Holtschke in ihrem Beitrag "Bei Logik nicht unterschrieben – Warum postmoderne Theoretiker die konsequenteren Aluhutträger sind" aufklären. Prof. Dr. Hartmut Heuermann problematisiert in "Rückschritt des Geistes: Von der Regression in der Kultur" Wissenschafts- und Fortschrittsgläubigkeit, ihre Geschichte und ihre negativen Folgen, und setzt sie in Beziehung zu Freuds These der Regression.

Prof. Dr. Hubertus Mynarek untersucht in seinem Aufsatz die immer wieder aufflammende Frage "War Einstein Atheist?" und versucht die in Briefstellen und persönlichen Überlieferungen dokumentierte Religiosität Einsteins adäquat einzuordnen. Über eine wissenschaftliche Kontroverse innerhalb der Religionswissenschaften informiert uns detailliert Dr. Assia M. Harwazinski in "Die Debatte um die 'Islamische Theologie' und die angeblich 'unkritische Islamwissenschaft'".

Auch diese Ausgabe wird von einer Vielzahl interessanter Buchbesprechungen, der Podcast-Information, einer Kurzvorstellung von Neuzugängen in der Redaktion und einer Aphorismenseite abgeschlossen.

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Bezug der Ausgabe über die Gesellschaft für kritische Philosophie Nürnberg via Internet: www.gkpn.de (Schutzgebühr 12,00 EUR zuzügl. 2,50 EUR Verp. u. Porto).

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