Kolumne: Sitte & Anstand

Leute, kauft Luther-Kondome!

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Luther auf dem Dorotheenstädtisch-Friedrichswerderschen Friedhof in Berlin
Lutherstatue

Glaube ist so etwas Schönes, er durchwirkt den Alltag. Überall, wo man hingeht, ist Gott mit dir, oder der gute Jesus, oder aber Engel umschweben dich und wachen über dir. Sollte man Mühe damit haben, sich diesen Umstand zu vergegenwärtigen, so kann man auf kleine Erinnerer zurückgreifen, die es im evangelischen Werbemittelversand "Komm" zu bestellen gibt: Ein Holzkreuz als Handschmeichler, der Waschlappen "Gottesgeschenk", ein Gruß des Allmächtigen auf dem Fußabtreter, das Jesuspflaster fürs blutig geschlagene Knie – in drei Tagen ist alles wieder gut, Spatz!

Nun, da einmal mehr der Reformationstag heranpoltert, wird wohl vermehrt auch Luther-Merch nachgefragt; etwa gibt es Luther-Bonbons in drei Geschmacksrichtungen, da der Reformator ja selber ein großer Genussmensch gewesen sei.

Es gibt Luther als Nylon-Frisbee. Als Plätzchenstecher. Luther als Einkaufswagenchip. Auf den Lutherballons haben sie in sein bekanntestes Porträt sogar ein Lächeln reingephotoshoppt.

Was das für ein herzensguter Kerl gewesen sein muss! Man möchte immer mehr Luther-Gedöns kaufen, für jeden Anlass. Der Mann hat sich ja nicht nur als Theologe hervorgetan, sondern überhaupt als praktischer Denker, dem alltägliche Themen nicht fremd waren. Etwa ließe sich ein schöner Holzschemel denken mit der Aufschrift: "Eine Frau hat häuslich zu sein, das zeigt ihre Beschaffenheit an; Frauen haben nämlich einen breiten Arsch und weite Hüften, dass sie sollen stille sitzen." Eine Packung Kondome zierte das neckische "Will die Frau nicht, so komm' die Magd!"

Luther war so erfrischend, ein solcher Lausbub und Querdenker war er! Die menschliche Gabe der Vernunft erschien ihm als "Erzhure" und "Teufelsbraut", und so forderte er: "Wer Christ sein will, der steche seiner Vernunft die Augen aus." Warum gibt es solche Einsicht nicht, hochwertig eingraviert, auf einem hübschen Küchenmesser zu kaufen?

Schicke moderne Feuerzeuge kennt der Komm-Katalog ja schon, nur hängen sie philosophisch noch etwas unverortet in der Luft. Dabei wollte Luther doch so gerne Sachen anzünden! Als in Deutschland die Synagogen brannten, brannten sie auch zu Ehren Luthers, der am 10. November Geburtstag hat: Synagogen anzuzünden, Juden ihrer Freiheit zu berauben und sie totzuschlagen, das war ja eine Forderung des großen deutschen Denkers und Ober-Protestanten gewesen.

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