Polnischer Bischof wegen Missbrauchsskandal zurückgetreten

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Krakau, Wawel: Sitz des Erzbischofs
Krakau, Wawel

Auch im katholischen Polen zieht der Skandal um sexuelle Gewalt in der Kirche weite Kreise. Im Mittelpunkt des aktuellsten Falles steht der Rücktritt von Andrzej Dziuba, dem Bischof von Lowicz. Dem 74-jährigen werden Versäumnisse bei der Aufarbeitung von Missbrauchsbeschuldigungen gegen Priester seiner Diözese vorgeworfen.

Wie polnische Medien berichten, soll Dziuba beispielsweise einen Geistlichen lediglich in eine andere Gemeinde versetzt haben, obgleich er Aussagen kannte, die den Mann des Missbrauchs beschuldigten. Inzwischen hat ein Gericht diesen Geistlichen zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

Wie am vergangenen Samstag bekannt wurde, hat der Vatikan das Rücktrittsgesuch Dziubas inzwischen angenommen. Die päpstliche Nuntiatur in Polen schreibt in einer Stellungnahme von "Schwierigkeiten in der Verwaltung der Diözese und insbesondere Nachlässigkeiten bei der Behandlung von Fällen sexuellen Missbrauchs" Minderjähriger durch katholische Priester.

Es ist nur der jüngste in einer ganzen Kette von Skandalen, die das katholische Land erschüttern. So schreibt die Tageszeitung Gazeta Wyborcza von bislang 13 derartigen Fällen, in denen der Vatikan Strafen für polnische Kirchenchefs verhängt hat, darunter ein emeritierter und mehrere amtierende Bischöfe sowie ein Erzbischof.

Das bisher wohl größte öffentliche Aufsehen erregte der Fall des Bischofs von Sosnowiec, Grzegorz Kaszak. Kaszak war im Oktober 2023 zurückgetreten, nachdem polnische Medien von einer schwulen Sexparty in Kaszaks Diözese berichtet hatten. Gastgeber sei ein Priester gewesen, unter den Teilnehmern waren andere Geistliche und ein Sexarbeiter. Als dieser nach Einnahme von Potenzmitteln das Bewusstsein verlor, wurden Rettungskräfte verständigt, hieß es weiter. Doch der Gastgeber verweigerte dem Notarzt den Zutritt zur Wohnung, sodass die Sanitäter die Polizei verständigten. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen unterlassener Hilfeleistung. Nach dem Vorfall habe Bischof Kaszak in einem Brief die Gläubigen aufgerufen, für die beteiligten "verwundeten und gescholtenen Priester" zu beten. Nach Einschätzung des polnischen Kirchenkenners Tomasz Terlikowski sei davon auszugehen, dass der Vatikan dem Bischof den Rücktritt nahegelegt habe.

Erst Ende Februar sorgte dann die Abberufung eines anderen katholischen Würdenträgers, des Erzbischofs von Stettin-Kamien, Andrzej Dziega, für Schlagzeilen. Auch dabei ging es um eine "Untersuchung des Vatikans wegen Nachlässigkeit bei der Aufklärung von Pädophilie-Fällen".

In Polen hat die katholische Kirche noch immer einen enormen Rückhalt in der Bevölkerung. Bei der Volkszählung im Jahr 2011 bezeichneten sich 96 Prozent der Befragten als Katholiken, eine neuere Erhebung eines kirchlichen Statistikinstituts kam immerhin noch auf 87,6 Prozent.

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