DEIDESHEIM. (hpd) Eine Allianz aus Kirche und Politik verschweigt seit 65 Jahren die Wahrheit – doch mir wurden die brisanten Fakten zugespielt. Bisher wusste man, dass der erdgeschichtliche Zeitabschnitt des Holozäns vor 11.500 Jahren begann und von der Entwicklung der Monotheismen geprägt war. Nun der Schock: Wir befinden uns seit dessen Ende im Jahr 1950 in der Epoche des Nontheismus – dem gottlosen Zeitalter! Mitten im nontheistischen Abendland!
Doch der Reihe nach: Am Beginn des Holozäns, kurz nachdem das Matriarchat unsere altsteinzeitlichen Vorväter zu nerven begann, riefen sie die neolithische Revolution aus - mitten im Fruchtbaren Halbmond, jenem paradiesischen Landstrich, der sich westwärts durch das Zweistromland und in steiler Kurve abwärts über die Levante bis zur Sinai-Halbinsel zieht. Damals wurde es nicht nur wärmer, sondern auch regnerischer, somit ertragreicher.
Gute Zeiten für Schamanen vieler Boden-, Pflanzen- und Wettergeister, weil ihre Regentänze plötzlich funktionierten. Fruchtbare Täler ermöglichten Regenfeldbau ohne künstliche Bewässerung. Aus dem zufällig an den Hängen eines Vulkans (dem pastafaristischen Biervulkan?) entdeckten Einkorn begannen Pflanzerinnen Weizen zu züchten. Damit konnten sie leckeres, süßes Bier brauen – und die Schamanen tanzten im Suff noch wilder, deren Geister wurden immer deutlicher, bis sie den Vollmond lachen hörten.
Doch Felder haben keine Beine. So mussten die bisherigen Jäger und Sammler der Altsteinzeit sesshaft werden, um viel Weizen für viel Bier zu züchten – mitten in Ostanatolien, dem ersten Wallfahrtsort für Alkoholiker. Dieser revolutionäre Wandel verdrängte das Jagen und Sammeln zugunsten des Eigenanbaus. Die Drecksarbeit auf den Feldern überließen bierselige Männer ihren Frauen, um sich nach erfolgreicher Jagd anständig einen hinter den Fellkragen zu kippen.
So machte das zunehmend angenehmere Leben in der Sesshaftigkeit das bisherige Matriarchat zum Auslaufmodell. Zufällige Gaben der Natur allein schienen für das Überleben der Clans nicht mehr wichtig. Die Eigenproduktion eröffnete dem Mann die Emanzipation von wilder Fruchtbarkeit, bis dato abgöttisch verherrlichte Alternativlosigkeit.
Als Männer ihre Jagdbeute nicht gleich töteten, sondern in Gehege pferchten, lernten sie ihr Fleisch zu züchten. Spätestens damit endete das – vom unvermeidbaren Zickenkrieg abgesehen - friedliche Zeitalter des Matriarchats. Männer wähnten die Zügel in ihrer Hand und nutzen das schamlos aus. Vorbei die Zeit, in der sie Natur und Frau als Quell der Fruchtbarkeit huldigten und massenhaft Idole schwangerer Frauen schnitzten.
Der Mann ernannte sich vor ca. 7.000 Jahren zum Hirten. Die Frau degradierte er zu seinem Acker – bis heute ein typisches Bild. Die neuen Herren begriffen ihre Rolle beim Spiel der Triebe und reglementierten diese künftig zum eigenen Nutzen. War das jener denkwürdige Moment, in dem die Moral erfunden wurde? Nie wieder sollte ein richtiger Kerl eine Lilith dulden, dieses aufmüpfige Weib, das wusste, was es will. Nur untertänige Evas waren genehm – stets verpackt, stets devot, stets der Acker. Der Beginn patriarchaler Clanstrukturen.
Nach und nach verklumpten unzählige Geister und Dämonen in Schwaden gerauchter Pilze und Krügen frisch vergorenen Weizensafts zu übernatürlichen Wesen. Immer männlichere Götter entstanden in feucht-fröhlicher Runde. Brutale Götter, die im nächtlichen Rausch aus dem Vollmond drohten. Gewaltige, ehrfurchtgebietende Götter – Verbündete herrschender Männer. Die Hirten privilegierten sich selbst, verschonten sich vorm Waffendienst. Stell dir vor es gibt Krieg und kein Hirte geht hin… Die Drecksarbeit überließ man dummen Pflanzern. Erschlug deswegen Bauer Kain seinen Hirtenbruder Abel?
Die angenehmen klimatischen Verhältnisse im Fruchtbaren Halbmond schwanden. Der Mensch fühlte sich von seinen Göttern aus dem Paradies vertrieben. Ob sie wohl zu viel der halbgegorenen Früchte verspeisten? So wanderten sie aus, besiedelten Zweistromland und Levante. Die Wüste der arabischen Halbinsel sträubte sich erfolgreich gegen Ackerbau und damit gegen Besiedlung.
Die Halbnomaden nahmen ihre Götter mit, widmeten ihnen Kulthöhen und heilige Berge – alles fest in Händen eines neuen Berufsstandes: des Priesters. Dieser Job war die Krönung! Nichtstun außer Rauchschwaden und Zaubersprüche, mit bester Versorgung, edelsten Speisen und jüngsten Jungfrauen. Die Priesterschaft muss tagelang durchgefeiert haben, als die Clans ihren Draht zu unsichtbaren Geistern respektierten. Um möglichst viele Priester zu alimentieren, füllte sich das Pantheon mit vielen tausend Göttern. Ausbrüche heiliger Vulkane im Südwesten des Fruchtbaren Halbmonds unterstützten sie, offenbarten die feurige, rachsüchtige Seite der Götter.
Zur Blütezeit dieses Polytheismus wurden Clanchefs unbedeutender Nomadenstämme Kanaans im Rahmen üblicher Reichsbildungen im 6. Jahrhundert v.u.Z. nach Babylon verschleppt. Überall dort standen Statuen von über 2.600 Göttern. Den Priestern der kanaanitischen Stämme wurde ganz schwindlig. Auch, weil ihnen in der Heimat zum wiederholten Mal ihr religiöses Mobiliar gestohlen oder verbrannt wurde. Niemand nahm ihre Provinzgötter ernst. Gemeinheit! Es musste was geschehen, wenn sie in Babylon nicht gnadenlos untergehen wollten.
So packte sie theologischer Trotz: Ab jetzt, so riefen sie und trommelten begeistert auf den Tischen, gab es nur noch einen einzigen Gott - den Star ihrer neuen Gegenreligion. Dieser Gott gehörte ihnen allein. Er war Supervater, Megamacho und Gott, der alle anderen hasste und auf ewig hassen würde. Seinen Namen klauten sie von einem alten Mondgott aus Ägyptenland, dessen Priester einige ihrer Nomaden kennengelernt hatten: Jahu!
15 Kommentare
Kommentare
Horst Herrmann am Permanenter Link
Lieber Bernd Kammermeier, so weit so gut. Nur ein winziger Einwand gegen Ihre Wortschöpfung "Nontheismus". Sprachwissenschaftler werden diesen Mix aus Latein und Griechisch beanstanden.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Diese Frage, lieber Horst Herrmann, hat mich auch nächtelang gequält, bis ich mich trotz aller linguistischen Bauchschmerzen durchringen konnte, das Zeitalter "nontheistisch" zu nennen.
Schließlich - so das Argument, dass mich letztlich zu überzeugen vermochte - funktioniert das Automobil auch, trotz (oder wegen?) philologischen Schwächelns. Warum nicht auch das Zeitalter des Nontheismus? Ist allemal besser, als das Monotheistische...
Matthias Deja am Permanenter Link
Lieber Herr Hermann, zum Begriff der Korrektheit will ich anmerken, dass in der Sprachwissenschaft als "korrekt" gilt, was allgemein gesprochen wird. Die Sprachwissenschaft versucht mit Regelmodellen (z.B.
Was die Vermischung von griechischen und lateinischen Wortbestandteilen angeht: Nach meiner persönlichen Auffassung sollte dem nichts im Wege stehen. Weder das alte Griechisch noch das alte Latein werden noch gesprochen; die Wortbestandteile wie "non-", "anti-" oder "a-" sind in meinen Augen nicht mehr wirklich griechisch oder lateinisch, sondern schon lange vollwertiger Bestandteil der deutschen Sprache. Die Regel, man solle lateinische und griechische Wortbestandteile nicht vermischen, hat für mich keinen offensichtlichen Vorteil; sie erscheint mir nutzlos und gekünstelt.
Aber das ist nur meine subjektive Ansicht; man kann ganz genau so gut die Position vertreten, dass sprachliche Regeln per se keinen Nutzen haben müssen, und dass man den Regeln um ihrer selbst willen folgen sollte. Aus Prinzip sozusagen. Das ist zwar nicht meine Ansicht, aber ich würde nicht behaupten, dass diese Ansicht falsch wäre.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Satire darf (fast?) alles. Gut so. Aber Spaß beiseite.
1. offizielles Ergebnis der NGK: Das Holozän endete nicht 1950, es dauert noch an. Vermutlich bis zum Beginn des nächsten Glazials (Kaltzeit).
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Tut mir leid, dir widersprechen zu müssen, Hans (oder meine Quellen sind falsch).
Laut anderer Quellen (z.B. Wikipedia) befinden wir uns seitdem im Anthropozän.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Bernd, vermutlich sind die Quellen falsch (s. Email).
1950 ist das Bezugsjahr bei der Angabe BP (Before Present); meines Geo-Wissens nach NIE das Ende des Holozäns.
Atheist Steinbrenner am Permanenter Link
Interessant ist auch, dass das Christentum aus astrologischer Sicht zu Beginn der Zeitalters der Fische aufkam, zuvor das Zeitalter das Widders und zuvor das Zeitalter des Stieres war.
So liest man etwa die "Zeitenwende (...)hat 1985 begonnen und endet zur Wintersonnwende am 21.12.2012". Oder "“Wir erreichen das Wassermannzeitalter am 12. November 2012." Auch bereits im Musical Hair sang man von bevorstehenden "Age of Aquarius". Letztlich ist das Zeitalter und die Zeitenwende ein Motiv das immer wieder auftaucht.
Selbst wenn man nicht an Astrologie glaubt könnte in dieser Idee des Zeitalters und der Zeitenwende geronnenes Erfahrungswissen stecken, als dass möglicherweise eine soziologische Regelmässigkeit ist, dass nach einer Phase von 2000-2150 Jahren vorherrschende weltanschauliche Ideologien abgewirtschaftet haben und durch einen neuen Zeitgeist abgelöst werden.
Zumindest im Bezug auf Europa sind die Rückzusgegefechte der Religionen klar erkennbar. Ein letztes Aufbäumen bevor... ja bevor der Zeitgeist in das Gegenteil dessen umschlägt was uns der Dogmatismus der Religion brachte... so liest man als Charakteristika des neuen Zeitalters:
"* Wissenschaftlicher Fortschritt
* Offenheit für neue Ideen
* Utopische Gesellschaftsmodelle
* Humanistische Werte, Idealismus, Altruismus (Uneigennützigkeit, Selbstlosigkeit, durch Rücksicht auf andere gekennzeichnete Denk- und Handlungsweise)
* Nonkonformismus (Nichtübereinstimmung der individuellen Haltung mit den allgemein anerkannten Ansichten, der gültigen Etikette, dem vorherrschenden Lebensstil oder dem kulturellen Mainstream, unangepasst, frei), Individualismus
* Toleranz, Offenheit und Weltbürgertum
* Weltweite Vernetzung"
Jedenfalls würde es mich freuen, wenn an an diesem Konzept von Zeitalter und Zeitgeist etwas dran wäre, und die Zeit reif ist dafür, dass humanistischen Organisationen in Ihrer Arbeit erfolgreich sein können den neuen Zeitgeist, der das religiöse ersetzt, zu verbreiten.
Olaf Sander am Permanenter Link
Lieber Herr Kammermeier,
ich lese ja schon immer Ihre Kommentare mit großen Vergnügen, aber dieser Artikel hier ... You made my weekend!
Das ist einer der wenigen Momente in denen ich ein bisschen bedaure nicht bei Facebook zu sein, um den Artikel teilen zu können. Aber ich habe ihn schon, ganz altmodisch, an alle möglichen mir bekannten Interessenten geschickt. Per E-Mail und im Volltext.
Sorgen mache ich mir nur, ob mir mein Bier heute Abend noch genauso gut schmeckt wie gewöhnlich. ;o)
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Und? Hat das Bier geschmeckt? Oder sind Geister aufgetaucht?
Danke für den netten Kommentar. Das ist Balsam für die Seele des Autors.
Volker Huss am Permanenter Link
Offensichtlich weiß der Verfasser nicht, was man unter Nontheismus versteht.Ich rege an, sich mal in einem Lexikon zu vergegenwärtigen, wie sich Theismus, Non- Theismus, Deismus und Atheismus gegenseitig abgrenzen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich könnte es mir einfach machen und - was der Wahrheit entspricht - anführen, dass ich mir "Nontheismus" vor vielen Jahren ohne Kenntnis des existierenden Wortes ausdachte - als Gegenposition zum "Mono
Aber ich mache es mir gerne kompliziert: Nontheismus - sofern dieses Wort überhaupt in Gebrauch ist - bezeichnet die Skepsis bezüglich der Existenz Gottes (Claus Dierksmeier: Das Noumenon Religion, 1998). Der Atheismus definiert sich im Verhältnis zu Gott, in dem er - im Gegensatz zum Theisten - dessen Existenz ablehnt und somit eine antitheologische Position einnimmt. Noch schärfere Geschütze fährt der Antitheist auf, der sogar gegen das Gottesbild kämpft.
Ich denke, das haben die meisten Leser hier durchaus richtig verstanden. Aber welcher Sache schadet es, wenn in einer Satire (das sind lustige Texte, die sich auf einen realen Sachverhalt beziehen) ein Nontheismus als Nachfolger des Monotheismus angekündigt wird?
Oder habe ich die gut versteckte Satire in Ihrem Kommentar nicht erkannt?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Kleiner Nachtrag:
Volker huss am Permanenter Link
In der Tat habe ich da schon mit diskutiert. Mir gefällt das Niveau! Muß aber schon lange her sein.
gruß
Volker huss
V.Huss
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Nun, in dem Artikel geht es um eine Reformation des Gottesbildes.
Was aber hat der aufgeklärte Atheismus mit einer Satire über ein "nontheistisches Zeitalter" zu tun? Ich will mich ja nicht über den Atheismus lustig machen, sondern über die möglichen Weiterungen einer neuen Theologie, die halt ohne Gott auskommt.
Falls das nicht rüberkam: Ich will natürlich NICHT, dass der ganze staatalimentierte Affenzirkus weitergeht - nur unter anderen Vorzeichen. Ein aufgeklärter Atheismus ist etwas, was sich selbst auflöst, denn wenn eines Tages niemand mehr an Geister im Weltraum glaubt, dann hat die Aufklärung gewonnen und es gibt auch keinen Atheismus mehr, weil dieser sich als Gegenposition zum Theismus definiert.
Noch was: Beim Lesen einiger Ihrer Kommentare hatte ich durchaus den Eindruck gewonnen, dass Ihnen der Glaube an Übernatürliches nicht gänzlich fremd ist. Oder habe ich mich da getäuscht?
Volker Huss am Permanenter Link
Um die Sache zum Abschluß zu bringen: Non Theismus ist ein sehr umstrittenes Konzept der modernen Theologie.
Ich habe übrigens großen Respekt vor gläubigen Menschen, unabhängig davon, auf welchem Abstraktionsniveau sich deren Glaube in der Lebenspraxis manifestiert.
Danke für den Gedankenaustausch!