Schießen als „politische Heranführung“

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FPÖ-Wahlplakat (Ausschnitt)

WIEN. (hpd) Die rechtsradikale FPÖ sorgt zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen mit fremdenfeindlichen Aktionen für österreichweite Aufregung und Diskussionen. Die Grünen erstatteten Anzeige gegen die steirische FPÖ-Fraktion. Diese hatte auf ihrer Homepage ein Spiel online gestellt, in dem auf Minarette und Muezzine geschossen wird.

 

Subtile Provokation war nie eine Stärke der FPÖ. Im Wiener Wahlkampf wirbt sie auf Plakaten damit „unser Wiener Blut“ vor „zu viel Fremdem“ schützen zu wollen. Aufregung war ihr sicher und mit so viel Fremdenfeindlichkeit hofft die Partei, am 10. Oktober zweitstärkste Partei in der österreichischen Bundeshauptstadt zu werden. Auch im parallel laufenden Wahlkampf für die steirischen Landtagswahlen Ende September setzten die Freiheitlichen von Anfang an auf Fremdenfeindlichkeit.

Das Videospiel „Moschee baba“ (etwa: Moschee tschüs, Anm. ), in dem man die „steirische Heimat“ bewahren kann, indem man auf Muezzine und Minarette schießt, ist nur der Höhepunkt in einem Wahlkampf, der mit der Überstrapazierung des Begriffs „Heimat“ vor allem abzielt, Ressentiments zu schüren. „Mehr Geld für unsere Leut“ steht etwa auf einem Plakat, auf dem ein Grieche vergnügt in einer Hängematte liegt und mit Euro-Geldbündeln um sich wirft. Der gleiche Grieche, der auch auf einem Plakat mit dem Slogan „Unser Geld für unsere Gesundheit“ zu sehen ist. Mit der aggressiven Kampagne hoffen die steirischen Blauen, wieder in den Landtag in Graz einzuziehen, aus dem sie vor fünf Jahren hinausgeflogen waren.

„Heimat statt Moschee“

Muslimische Zuwanderer bleiben Hauptfeindbild der FPÖ. Im Sommer wurde in der Steiermark schon mal mit dem Slogan „Heimat statt Moschee“ geworben. Eine künstliche Debatte. Im südlichen Bundesland gibt es aktuell kein einziges Moscheenprojekt.

Aus Sicht von FPÖ-Steiermark-Chef Gerhard Kurzmann kein Grund, das nicht zu thematisieren. Er wolle einer Islamisierung Europas nicht das Wort reden und er könne "das alles im Interesse vom Jugend und Frauen nicht gutheißen", sagte er auf einer Pressekonferenz. Die Aufregung um das Videospiel versteht er gar nicht. Man wolle Herr im eigenen Haus bleiben und nicht Fremder. Kurzmann beklagte weiters, dass "der Großteil der Tageszeitungen" ein FPÖ-Inserat (mit dem Thema Islam, Anm.) abgelehnt hat, "so viel zur freien Meinungsäußerung", zitiert die österreichische Tageszeitung „Der Standard“ den FP-Chef von einer Pressekonferenz.

Ähnlich die Argumentation in einem FPÖ-internen Papier, das den Grünen zugespielt wurde. Sie haben es auf der Homepage „stopptdierechten.at“ veröffentlicht. Die Argumentationsvorschläge für die Parteifunktionäre legen nahe, dass die Aufregung um das Online-Spiel bewusst herbeigeführt wurde. Ziel des Spiels sei es unter anderem, die Jugend, die in „Zukunft immer stärker von den Auswirkungen der immer stärker werdenden Islamisierung“ betroffen sein werde, „spielerisch an dieses hochbrisante Thema“ heranzuführen – und sie zur politischen Teilnahme motivieren. Am Ende des Spiels biete man den Usern Gelegenheit, über „brisante Themen“ abzustimmen: Etwa, ob Muslime einen Vertrag unterschreiben müssten, dass für sie österreichische Gesetze mehr gelten als der Kuran oder ob Moscheen in der Steiermark gebaut werden dürfen. Hinweise auf die von der Bundesverfassung garantiere Religionsfreiheit sucht man dort vergeblich. Die FPÖ nennt das „einen Beitrag zur politischen Willensbildung“. Das Spiel stammt übrigens von einem Programmierer und PR-Experten, der das Anti-Minarett-Referendum in der Schweiz unterstützt hatte.

Ein „inländerfreundliches“ Spiel

Ausländerfeindlich sei das Spiel nicht, heißt es in dem Argumentationsleitfaden: „Es ist inländerfreundlich! Es bietet der (…) Bevölkerung die einmalige Gelegenheit mit der Umfrage, ihren Willen kundzutun und der Politik mitzuteilen, was beim Thema „Islam“ gemacht werden muss.“ Die FPÖ hat die Echtheit des Argumentationsleitfadens gegenüber dem hpd weder bestätigt noch dementiert.

Seine Standpunkte werden nicht einmal parteiintern geschlossen mitgetragen werden. Ein Funktionär der niederösterreichischen Landespartei, deren Vorsitzende die mitunter als Kellernazi bezeichnete Barbara Rosenkranz ist, meint etwa, mit dem „Spielchen ist der Bogen überspannt.“ Er fürchtet, dass sich die Partei so weit hinausgelehnt habe, dass es den aktuellen Landtagswahlkämpfen in der Steiermark und Wien schaden könnte.

Für die Grünen und die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich besteht kein Zweifel, dass „der Bogen überspannt“ ist. Beide haben die FPÖ Steiermark wegen Verhetzung angezeigt. Auch außerhalb der politischen Mitbewerber reichen die Reaktionen von „widerlich“, „menschenverachtend“ bis zu „Verhetzung“. Und in Online-Foren fehlen die Hinweise auf die einschlägige Vergangenheit vor allem der steirischen FPÖ nicht.

Ihre Nationalratsabgeordnete Susanne Winter etwa wurde nach Aussagen, in denen sie forderte, die Muslime „zurück übers Mittelmeer“ zu schicken, wegen Verhetzung verurteilt. Auch ihr Sohn bekam eine Bewährungsstrafe, nachdem er „Schafsbordelle“ für Muslime in Grazer Parks gefordert hatte. Und Landesobmann Kurzmann sorgte vor kurzem für Wirbel, als er in einem Zeitungsinterview meinte, die Waffen-SS sei für ihn nicht im ganzen eine verbrecherische Organisation. Kurzmann ist Mitglied der berüchtigten Kameradschaft IV, der vor allem Veteranen der Waffen-SS angehören.

Fraglich bleibt, ob die kalkulierte Provokation der FPÖ Steiermark aufgeht. Umfragen bescheinigen ihr aktuell um die sieben Prozent der Stimmen, die Hürde liegt bei vier Prozent. Allerdings stammen die Umfragen aus der Zeit vor dem Online-Spiel. Viel Spielraum hat sie nicht. Und schon vor zwei Jahren hatten die fremdenfeindlichen Aussagen Susanne Winters dazu geführt, dass die FPÖ bei den Grazer Gemeinderatswahlen weit hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben war.

Politische Beobachter befürchten, dass die Causa nur der Auftakt für weitere Eskalationen in den Wahlkämpfen in Wien und in der Steiermark sein könnten: „Jedes Mal, wenn wir dachten, die Sache sei ausgereizt, ist der FPÖ noch mal etwas aufgefallen, mit dem sie was draufsetzen konnte“.

Christoph Baumgarten