CDU-Promis unterstützen Fundamentalisten

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Screenshot youtube

(hpd) In einem Offenen Brief an den Deutschen Bundestag und die Bundesgeschäftsstelle der CDU wenden sich 30 Organisationen und 60 Privatpersonen gegen die Unterstützung des “Bundesverband Lebensrecht” durch prominente Mitglieder der CDU und CSU. Annette Schavan und und Karl-Theodor zu Guttenberg sind nur zwei der Politiker, deren Grußworte beim “Marsch für das Leben” verlesen wurden.

Es handelt sich bei “Marsch für das Leben” um eine religiöse Organisation, die sich aus Katholiken und Protestanten speist und die für ein Europa “ohne Abtreibung und Euthanasie” eintritt. Der Marsch fand am 18. September in Berlin statt, etwa 1.800 Demonstranten sollen sich “für das Leben” zusammengefunden haben, meldet die "Bild-Zeitung".

Der Offene Brief rief in der fundamentalistischen Szene bereits Reaktionen hervor. So lautet der Tenor eines Artikels in der katholischen "Tagespost", die Abtreibungsbefürworter riefen zur “Missachtung der Menschenwürde” auf. Der offene Brief wird als “Coming Out der Selbstgerechten” bezeichnet und die “mit öffentlichen Geldern unterstützten” Unterzeichner – wie etwa Pro Familia – arbeiten laut Tagespost “gegen ein klares Fundament unserer Demokratie”.

Wer sich selbst ein Bild machen möchte, mag dies nun tun:

 

An die
Bundesgeschäftsstelle der CDU
Klingelhöferstraße 8
10785 Berlin

und an

Deutscher Bundestag
Fraktion der CDU/CSU
Platz der Republik 1
11011 Berlin

mit der Bitte um Weitergabe an die Fraktionsmitglieder und Fachreferate

Offener Brief gegen die Unterstützung fundamentalistischer Abtreibungsgegner durch die CDU/CSU

Am 18. September 2010 fand in Berlin der „Marsch für das Leben“ statt, der vom „Bundesverband Lebensrecht“ organisiert wurde. Bei dieser Demonstration wurden verschiedene Grußworte von prominenten Mitgliedern der CDU und CSU verlesen, unter anderem von

Annette Schavan (Bundesministerin für Bildung und Forschung), Karl-Theodor zu Guttenberg (Bundesverteidigungsminister), Volker Kauder (Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion), Wolfgang Bosbach (Innenausschuss-Vorsitzender des Deutschen Bundestages), Peter Müller (Ministerpräsident des Saarlands), Martin Kastler (CSU-Europaabgeordneter), Johannes Singhammer (CSU-Abgeordneter), Philipp Mißfelder (Bundesvorsitzender der Jungen Union).

Die im „Bundesverband Lebensrecht“ organisierten Abtreibungsgegner vertreten ein fundamentalistisch-christliches Weltbild, das auch vielen Wählern und Mitgliedern der CDU zu weit gehen dürfte, u.a. verfolgen sie das Ziel des ausnahmslosen Verbots von Schwangerschaftsabbrüchen – auch bei Schwangerschaften, die durch Vergewaltigung und Inzest ausgelöst wurden oder die Gesundheit der Frau beeinträchtigen.

Wir sind der Auffassung, dass die Ziele des „Bundesverbands Lebensrecht“ zutiefst undemokratisch sind.

Berlin, 11. Oktober 2010
 

Ein Abtreibungsverbot stellt in keiner Weise eine Lösung für die vielschichtigen Probleme der Frauen und ihrer Familien dar, sondern ist nur ein angenehmes Werkzeug, mit dem sich Konservative durch die Idealisierung des Ungeborenen als „Lebensschützer“ inszenieren – ohne tatsächliche Lösungsansätze für soziale Probleme bieten zu müssen.

Familienorientierung muss man nicht damit demonstrieren, dass man sich gegen Abtreibungen ausspricht, die für viele Frauen eine medizinische und soziale Notwendigkeit darstellen. Frauen und Männer haben trotz vielfältiger Verhütungsmethoden niemals eine 100%ige Kontrolle über die Wirksamkeit von Verhütung. Ungewollte Schwangerschaften sind nie auszuschließen. Ein „Gebärzwang“ würde fundamentalen Menschenrechten auf sexuelle und reproduktive Gesundheit widersprechen. Wir fordern daher die Streichung des § 218 aus dem Strafgesetzbuch, denn mit einer strafgesetzrechtlichen Bedrohung ist das Menschenrecht auf Selbstbestimmung unmöglich.

Abtreibungsgegner schüchtern Frauen vor Kliniken, an Schulen und im Internet mit wissentlich falschen Informationen über Schwangerschaftsverlauf, Entwicklung des Embryos und gesundheitliche Risiken ein. Durch ihre Aktionen erhöhen sie das Stigma des Abbruchs in der Allgemeinheit, so dass zunehmend weniger Ärzte Abbrüche anbieten und Krankenhaus- und Krankenkassenpersonal den Frauen feindselig begegnen. Gerade in katholisch geprägten Regionen ist dadurch der Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch erschwert. Eine solche Vorgehensweise, die religiöse Demagogie wissenschaftlichen und sozialen Fakten vorzieht, darf von der Politik nicht unterstützt werden!

Statt tendenziell fundamentalistische Gruppen zu unterstützen, sollten die Vertreter und Vertreterinnen der CDU/CSU mit ihren Äußerungen und Aktivitäten unmissverständlich für das Grundgesetz der BRD eintreten, in dem festgeschrieben steht: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Artikel 3), Frauen haben ein Recht auf „freie Entfaltung“ ihrer Persönlichkeit (Artikel 2), ihre „Würde“ ist „unantastbar“ (Artikel 1).

Sexuelle Aufklärung in Schulen und Familienberatungsstellen sowie kostenloser Zugang zu Verhütungsmitteln sind wirkungsvolle Mittel, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Aus ungewollten Schwangerschaften werden keine gewollten, wenn man Frauen den Abbruch erschwert. Kriminalisierte (und dadurch selbst durchgeführte) Abtreibungen führen laut WHO weltweit zu etwa 78.000 Todesfällen und 5 Millionen schwer kranken Frauen jährlich. Dieser Realität verschließen sich die christlichen „Lebensschützer“.

Die Regelung in Deutschland wurde nach der deutschen Einigung mühsam parteiübergreifend errungen. Dahinter dürfen wir nicht zurückfallen!
Zudem sind wir der Auffassung, dass sich die CDU/CSU von Organisationen wie dem „Bundesverband Lebensrecht“ distanzieren sollte, die offenkundig Verbindungen zu rechtsextremen Organen wie der „Jungen Freiheit“ unterhalten.

Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses offenen Briefes:

Institutionen/Organisationen/Vereine

Pro Choice Berlin
TERRE DES FEMMES
Familienplanungszentrum Berlin e.V. – BALANCE
Verband alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e.V., Berlin
Frau und Familie e.V. Berlin
Humanistischer Verband Deutschlands
Bundesverband pro familia e.V.
- Landesverband Baden-Württemberg pro familia e.V.
- Landesverband Brandenburg pro familia e.V.
- Landesverband Berlin pro familia e.V.
- Landesverband Rheinland-Pfalz pro familia e.V.
– Landesverband Saarland pro familia e.V.
– Landesverband Sachsen pro familia e.V.
– Landesverband Thüringen
Frauen helfen Frauen e.V. Rostock
Wildwasser e.V. Berlin
Giordano-Bruno-Stiftung
Gender@Wiki e.V.
Aufbruch Neukölln e.V
Landesarbeitsgemeinschaft der Frauennotrufe Rheinland-Pfalz
Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen und Mädchen e.V.
Fachstelle zu sexualisierter Gewalt, Mainz
LIFE e.V. Bildung Umwelt Chancengleichheit
Arbeitskreis Frauengesundheit in Medizin, Psychotherapie und Gesellschaft e.V.
faq Infoladen
AStA AlleFrauen-Referat, Uni Mainz
Frauen*referat des AStA der TU Berlin
queer Referat des AStA der TU Berlin
Gleichstellungsreferat des StuRa der Universität Jena

Personen

Prof. Dr. Ulrike Busch, Professorin an der Hochschule Merseburg für den Studiengang Sexuelle und reproduktive Rechte
Sabine Wienholz, Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Universität Leipzig
Dr. Andrea Blumtritt, Zentrale Frauenbeauftragte der TU Berlin
Jana Schmidt-Frielinghaus, Redakteurin Junge Welt
Sibylle Spoo, Rechtsanwältin und Gewerkschaftssekretärin, Berlin
Dr. Gisela Notz, Sozialwissenschaftlerin, Berlin
Ricarda Fröhlich, Politologin und Journalistin
Sarah Diehl, Autorin und Filmemacherin
Dipl.-Psych. Stefanie Rösch, Trauma-Informations-Zentrum
Daniela Kühling, Dipl.-Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin und Sexualpädagogin, Berlin
Elke Bräuer, Mitglied des Verdi-Bezirksfrauenrates, Trier
Jenny Warnecke, Autorin, Uni Freiburg / Basel Gender Studies
Kornelia Dubbel, Betriebsrätin Deutsche Telekom, Gewerkschaftsrat ver.di
Miriam Wohlfahrt, Philipps-Universität Marburg
Daniela Hrzán, Universität Konstanz
Dr. Elisabeth von Duecker, Historikerin, Hamburg
Christiane Pachalski, Betriebsrätin, Bochum
Birgit Stock, Betriebsrätin Nursen Aktas, Sozialarbeiterin
Prof. Ulrike Busch, Sozialwissenschaftlerin
Susanna Ganarin, Psychologin
Andreas Goosses, Psychologe
Gisela Gröschl, Ärztin
Christiane Hoffmann-Kuhn
Dr. Claudia Iserhot, Neurophysiologin
Nurdan Klinge, Sozialarbeiterin
Dr. Regina Lutterbeck, Gynäkologin
Frauke Petras, Psychologin
Katja Brandt, Friedrich-Schiller-Universität Jena
Anna Lena Schnaars, MA Science Public Health
Birgit de Wall, Betriebswirtin/Sozialarbeiterin
Dr. Ulrike Hänsch, Sozialwissenschaftlerin, Berlin
Diana Fischer, Universität Giessen
Jan Wetzel, Universität Marburg
Bettina Gerhardt, Sozialarbeiterin, Berlin
Sarah Eckhardt, Diplom-Psychologin
Anna Böcker, Politikwissenschaftlerin, Universität Wien
Christina Schneider, Ärztin
Sybille Siebert, Psychologin
Yori Gagarim, TROUBLE X, Berlin
Yvonne Konradi, Hamburg
Sandra Prophet, Studentin der FSU Jena
Timm Köhler, Berlin
Maren Hilse, Berlin
Saskia Sell, M.A.
Anne Wieser, Bochum
S. Bergsiek.
Heinz Krämer
Helmut Lembach
Birgit Marth
Ilona Mixtacka
Christine Regitz
Brigitte Schwarz
Helga Strässer
Martina Zilezinski
Rita Eichelkraut
Dr. Katrin Berndt
Helene Könau
Susann Rumplecker
Niklas Amani Schäfer
Leonie Louisa Kapfer
Stefanie Kosmalski
Magali Castan

FL