Null Toleranz gegenüber Genitalverstümmelung

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Zwei Mädchen / Foto: TFGM

HAMBURG. (tfgm/hpd) Zum internationalen Tag „Null Toleranz gegenüber Genitalverstümmelung“ am kommenden Sonntag, den 6. Februar, erinnern die TaskForce FGM und der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) daran, dass Genitalverstümmelung an Mädchen in Deutschland ein weitgehend unterschätztes Problem ist.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) macht sich seit vielen Jahren für den Schutz von Kindern vor Gewalt stark. Seit Dezember 2010 setzen sich der BDK und die TaskForce FGM gemeinsam für den Schutz der bis zu 50.000 Mädchen ein, die in Deutschland von Genitalverstümmelung (FGM) bedroht sind. Ihr Schutz war bisher nur durch den „Kommissar Zufall“ gegeben.

Zwischen 30.000 und 50.000 minderjährige Mädchen gelten in Deutschland als gefährdet, insbesondere während Ferienreisen ins Heimatland der Eltern. Bis zu 80% dieser Mädchen aus Hochrisikoländern wie Somalia, Äthiopien und Eritrea werden tatsächlich der Verstümmelung unterworfen. Bei einem systematischen Verbrechen dieser Größenordnung ist der häufig geforderte Ansatz der „Aufklärung und Information“ verfehlt, wie ein aktueller Fall verdeutlicht

Den aus Gambia stammenden Eltern der heute 16-jährigen Mariama C. war sehr wohl bewusst, dass die Verstümmelung in Deutschland strafbar ist. Gerade deshalb wurde das in Hamburg lebende Mädchen gemeinsam mit drei Schwestern nach Gambia gebracht – offiziell in die „Ferien“ – und dort der Verstümmelung unterworfen. Trotz konkreter Warnhinweise reagierte im Vorfeld keine Behörde mit angemessenen Schutzmaßnahmen, wie z.B. der Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts.

Überhaupt tun sich viele Jugendämter (bis auf einige Ausnahmen) schwer, gemeinsam mit den Familiengerichten wirksame Maßnahmen zur Abwehr dieser speziellen Misshandlung einzuleiten. Amtsmitarbeitern scheint die Gefahr gerade auch bei beruflich wie sozial gut integrierten Familien schlichtweg nicht vorstellbar zu sein – ein folgenschwerer Trugschluss (vgl. Studie zu Bildungsstand und sozialem Milieu bei Tätergruppen in Europa).

Der Schutz gefährdeter Kinder darf in Deutschland nicht länger vom couragierten Handeln Einzelner abhängen, die Hinweise bei den Behörden mit Nachdruck vortragen. Gemessen an der Schwere und der weiten Verbreitung des Verbrechens ist diese Situation untragbar. Es sollten deshalb endlich effektive staatliche Maßnahmen diskutiert werden, die umfassenden, messbaren Schutz gewähren können, wie z.B. die Einführung der ärztlichen Meldepflicht (bei erfolgter oder drohender Genitalverstümmelung), kombiniert mit einer Untersuchungspflicht sowie die Durchsetzung familienrechtlicher Maßnahmen, um die Taten in den Herkunftsländern der Eltern zu unterbinden (in Anlehnung an den Beschluss des BGH).

Simone Schwarz