Ein Jugendbuch für neugierige Erwachsene

(hpd) Ich fühle mich selber und sehe auch andere oft ausgeschlossen aus den wirklich wichtigen Debatten dieser Zeit, weil die „Geheimsprache“ der Philosophen vor uns vieles mehr versteckt denn erhellt. Das neue Buch von Michael Schmidt-Salomon „Leibniz war kein Butterkeks“ hilft dem ab.


In einem sokratischen Dialog kommen Schmidt-Salomon und seine Tochter Lea ins Gespräch über „das Leben, das Universum und den ganzen Rest“. Dabei berühren sie die Grundfragen der Philosophie, der Menschheit und des Menschseins.

Die beiden Dialogpartner halten sich nur kurz beim Thema Gott und Religion(en) auf. Im Interview daraufhin gefragt, sagte der Autor, „im Grunde ist zum Thema ‚Religionskritik‘ ja alles Wesentliche schon gesagt worden – und ich habe keine Lust, mich andauernd zu wiederholen.“

Und so entwickelt Schmidt-Salomon ein humanistisches Weltbild, das auch als eine Art Lebensleitfaden gelten kann. Fern von Dogmen, aber mit viel Selbstverantwortung für den Einzelnen. Ob es dabei um das Erreichen eines „guten Lebens“, um die menschliche Überheblichkeit gegenüber anderen Lebewesen oder um Sex und Tod geht: immer wird eine Möglichkeit eröffnet; eine Idee, wie das Leben zu gestalten ist, wenn wir dabei humanistische und ethische Werte zugrunde legen. Damit hebelt Schmidt-Salomon wie im Vorübergehen auch den Vorwurf aus, keine Utopie anzubieten.

Schmidt-Salomon erklärt nichts Neues im neuen Buch. Wer seine Ideen von einem modernen Humanismus aus dem Manifest und vor allem seinem Buch „Jenseits von Gut und Böse“ kennt, kennt auch die Grundaussagen des Leibnitz-Buches. Allerdings hat der Autor das wunderbar Schwierige vermocht: komplexe Gedanken in relativ einfachen Worten auszudrücken.

Natürlich haben die Dialoge nicht so, wie aufgeschrieben, stattgefunden. Denn sonst hätten wir die Antwort der Tochter „Hä“ (übersetzt als „Entschuldigung, das habe ich gerade nicht richtig verstanden. Könntest Du mir das bitte erklären? [Seite 24]) häufiger lesen müssen. Und doch bleibt die Sprache so verständlich, dass auch ein Leser, der sich bisher weder an das Manifest noch an „Gut und Böse“ wagte, Schmidt-Salomons Ideen nachvollziehen kann. Und im Idealfalle versucht, für sich umzusetzen.

Als Beispiel möchte ich auf seine Erklärungen zur Unterscheidung von „Moral“ und „Ethik“ verweisen. (ab Seite 211) Diese Unterscheidung irritiert so manchen Berufsphilosophen, ist aber meiner Meinung nach nachvollziehbar und logisch im Kontext der Schmidt-Salomonschen Philosophie. Gleiches gilt auch für die Diskussion um den „freien Willen“ und den Stolz. Ideen, die logisch klingen, wenn der Autor sie erklärt, die aber in der schlussendlichen Konsequenz schwer zu begreifen sind, weil sie so sehr unserer Erfahrung zu widersprechen scheinen.

„Leibniz war kein Butterkeks“ sollte für Schüler im Ethikunterricht Pflichtlektüre werden und für neugierige Erwachsene ebenfalls. Moderne, moralinfreie Ideen für den Alltag... das ist, was Michael Schmidt-Salomon und seine Tochter Lea Salomon dem Leser anbieten. Annehmen muss der Leser dann aber schon selbst mit dem Mut dessen, der sich seines eigenen Verstandes bemüht.

Und wenn es irgendetwas zu kritisieren gibt an dem Buch, dann das: es hört nach 287 Seiten auf.

F.N.

 

Das Buch ist auch im denkladen erhältlich.

 

 

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