Vom Sinn und Unsinn des Lebens

Es gibt nicht viele Bücher die mit dem Anspruch antraten, Philosophie allgemeinverständlich zu machen. Wenn der Verlauf dieses Abends repräsentativ ist, dann wird das ungewöhnliche Projekt ein voller Erfolg. In der zweieinhalbjährigen Geschichte der Veranstaltungsreihe der Säkularen Humanisten Rhein Main war nie eine Veranstaltung so gut besucht und von stürmischem Beifall begleitet, wie diese Lesung aus diesem Buch über „den Sinn und Unsinn des Lebens“. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Werk nicht das letzte seiner Art sein wird. Sei es das Michael und Lea die Buchreihe fortsetzen, oder auch andere Autoren sich in gleicher Weise als Brückenbauer betätigen und einer größeren Zahl von Menschen einen Weg zur Philosophie bahnen.

Schon vor 25 Jahren berichtete mir mein Pfarrer (ich war noch Katholik) von Studien, wonach 1000 Stunden Religionsunterricht im Verlauf eines Schülerlebens kaum Effekt haben, Konfirmanden geben unumwunden zu, dass sie sich nur wegen der Geldgeschenke konfirmieren lassen. Die Menschen verlassen die Kirchen in Scharen. Viele Geistliche erleben den Sonntagsgottesdienst als Vereinsamungsmartyrium vor leeren Kirchenbänken. Der Tag an dem die Großkirchenchristen in Deutschland auch formal eine Minderheit bilden, ist nicht mehr in weiter Ferne. Die Kirchen werden von den Menschen nicht mehr ernst genommen. Wie kann es heute auch anders sein, mit diesen Institutionen die schlechte antike Literatur - geschrieben von einfältigen und unwissenden Männern – für heilige Schriften halten müssen? Und eine der Kirchen es zudem schafft, den Erziehungssektor mit der Berufsgruppe zu beschicken, die unter allen dort relevanten Berufen (Lehrer, katholische Priester, evangelische Geistliche, Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Erzieher…) die Kriminalstatistik bei Kindesmissbrauch anführt?

Wenn diese Gesellschaft nicht will, dass jenes Vakuum, welches die Kirchen hinterlassen, von Sekten und Esoterikern oder Gleichgültigkeit gefüllt wird, müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen Gelegenheit erhalten, ihre Kultur kennenzulernen. Dazu gehört auch die Einführung eines Pflichtfaches „Philosophie und Religionskunde“, welches den bekenntnisgebundenen Religionsunterricht ersetzt, damit die Schüler ihre Zeit nicht in diesem bildungsfernen Phantomunterricht absitzen, in dem man es nicht einmal wagt, elementare Bestandteile der eigenen Glaubenslehre zu vermitteln, weil diese als peinlich empfunden werden. Nicht umsonst lautet der Titel eines bekannten religionskritischen Werkes „Denn Sie wissen nicht, was sie glauben“. Wie soll eine demokratische Meinungs- und Willensbildung gelingen, ohne grundlegende intellektuelle Tugenden einer skeptischen, kritisch-rationalen Denkhaltung wie sie von der Philosophie vermittelt werden kann?

Möge das Buch von Michael Schmidt-Salomon und Lea Salomon ein erster Beitrag dazu sein, dass die humanistische Philosophie ihren Weg zu vielen Menschen findet.

Als Michael die Fragen des Publikums zur Toleranz beantwortete, merkt man ihm an, dass er hier unter dem Eindruck seines Rechtsstreites mit Bischof Müller von Regensburg stand. Inzwischen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 24.02.2011 abschließend festgestellt, dass der Bischof in der Auseinandersetzung „seine Pflicht zur Sorgfalt, Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit nicht erfüllt hat“ und verurteilte ihn zur Übernahme von Michaels Anwaltskosten. In seiner Stellungnahme zu diesem Verfahren hat der 43igjährige Philosoph auch darauf hingewiesen, dass er seit Jahren Morddrohungen erhält und dabei auch - bedingt durch seinen Namen - mit antisemitischen Beschimpfungen konfrontiert wird. Der Bischof würde ihn mit seinen falschen Behauptungen zusätzlich gefährden. Einer dieser Drohanrufe gehört zu den besonders drastischen Kindheitserinnerungen Leas, die als Zehnjährige mal im falschen Moment das Gespräch annahm. Inzwischen wurde bekannt, dass Seine Exzellenz sich bei dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig um Revision des Urteils bemühen möchte.

 

Die Säkularen Humanisten Rhein-Main treffen sich wieder in Frankfurt am Main, am 15.04.2011 um 19:00 Uhr, im 2. Stock des Club Voltaire, in der Kleinen Hochstraße Nr. 5. Interessierte sind jederzeit herzlich willkommen.
Der nächste Termin der Veranstaltungsreihe ist am 06.05.2010 um 19:30 Uhr, siehe hierzu auf www.saekulare-humanisten.de.

 

 

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