(hpd) Die Satire „Four Lions“ des britischen Komikers und Regisseurs Christopher Morris, wird als eine „brillante Satire“, eine „bitterböse, schonungslose Abrechnung mit Fanatismus und religiösem Eifer“ mit „mitunter mehr als schwarzen Pointen“ über etwas, „worüber man sich vielleicht nicht lustig machen dürfte“ beworben. Hält der Film aber, was er verspricht?
Noch interessanter wird es, wenn man erfährt, dass die BBC den Film als „politically incorrect“ abgelehnt hat und der CSU Politiker Stephan Mayer den Film, der seit dem 21. April in den deutschen Kinos läuft, am liebsten verbieten würde.
Immer wieder liest man die Frage, darf man über alles lachen oder gibt es Tabus, oder ist Humor nicht, wie Umberto Eco in seinem Buch „der Name der Rose“ erkennt, sogar der stärkste Gegner derer die Angst und Schrecken verbreiten? Dass da was dran ist, hat schon Charly Chaplin in „der große Diktator“ gezeigt, und dass es thematisch fast keine Grenzen gibt, konnte Roberto Benigni mit „Das Leben ist schön“ beweisen.
Ganz abgesehen davon, dass Trey Parker und Matt Stone in ihrer Serie „South Park“ mit viel Erfolg und viel Humor fast jede Grenze bereits demontiert haben, dürfte das eigentlich kein besonderes Problem mehr sein und so freut man sich also genau darauf eine humorvolle und schonungslose Abrechnung mit denen, die im Namen eines Hirngespinstes, völlig sinnlos Menschen terrorisieren und töten.
Hintergrund
Morris hat für seinen Film drei Jahre lang über den Alltag von Dschihadkämpfern recherchiert, indem er Justizfälle durchging und Mitschnitte von Gesprächen zwischen Dschihadisten anhörte, deren Wohnungen verwanzt waren. „Diese Gespräche waren echt abgefahren, wie Diskussionen von zugedröhnten Studenten, sie nannten sich untereinander Hobbits: 'Hey, Bruder Haariger Hobbit!' Sie sprachen darüber, wer cooler ist, Johnny Depp oder Bin Laden. Einer wusste nicht mal wer Bin Laden ist!“ erzählt Morris.
Eine Geschichte beeindruckte Morris besonders: „Eine Bande Dschihadisten wollte ein amerikanisches Kriegsschiff mit einem Sprengstoffboot rammen und in die Luft jagen. Morgens ließen sie es zu Wasser und beluden es derart mit explosivem Material, dass es sank.“ (Chris Morris in einer Reportage von Marc Godin)
Das Leben selbst lieferte Morris also alle Voraussetzung für eine gute und bissige Satire.
Filminhalt
Vier in englischen Sheffield lebende Muslime wollen als Selbstmordattentäter im Dschihad sterben. Während Omar und Waj in ein Trainingscamp nach Pakistan reisen, besorgen Barry und Hassan das notwendige Zubehör für die Bomben in England. Das Ganze gerät allerdings zum völligen Desaster, denn die Protagonisten sind völlig überfordert mit ihrem Vorhaben, sich beim London Marathon in die Luft zu jagen. Abgesehen davon, dass eigentlich niemand in der Truppe einen Plan hat oder weiß, worum es eigentlich wirklich geht, läuft so gut wie alles schief, was nur schief laufen kann.
Kritik
„Four Lions“ spielt mit Klischees und Prototypen: Der aggressive konvertierte Einheimische (Barry), der naive Dumme (Waj), der Mitläufer mit Geltungsdrang (Hassan), der nach außen hin integrierte Moslem mit Frau, Kind, Job und schön eingerichtetem Haus, verkörpert von Omar, dem Anführer der Gruppe und zwischendurch der naive und beschränkte Faisal.
Planlos, überfordert und letztlich wie Kinder eifern sie ihren Vorbildern nach. Dadurch entstehen viele witzige und groteske Situationen, die schließlich auch ins Makabere münden. Weder lassen sich die Pointen jedoch als „mehr als schwarz“ noch als „brillant“ bezeichnen, wie in der Ankündigung versprochen, denn Morris hat es sich etwas leicht gemacht hat, indem er seine Helden zum Teil einfach zu dumm sein lässt. So lacht man im Film eigentlich nicht über wenigstens durchschnittlich intelligente Wesen, die im fanatischen Übereifer überdurchschnittlich dumme Dinge tun und sagen, sondern tatsächlich über geistig zurückgebliebene Menschen, die eigentlich gar nicht wirklich verstehen, um was es geht.
Die Figur „Waj“ wird z.B. derart beschränkt dargestellt, dass dieser ganz ernsthaft Hühner für Hasen hält. Und „Faisal“ ist in dem Film so naiv und dumm, dass er davon überzeugt ist, dass man ihn in dem Laden, in dem er nach und nach den ganzen Wasserstoff für den Sprengstoff besorgt, jedes Mal für jemand anders halten werde, wenn er nur seine Stimmer verstellt bzw. dass er sogar als Frau durchgehe, wenn er seinen Vollbart notdürftig mit der Hand bedeckt.
Einzig dem Anführer der Gruppe, „Omar“, wird die Fähigkeit zu gestanden, einigermaßen zu verstehen, um was es geht. Die andern wirken eher wie kleine Kinder, die mit scharfen Waffen spielen.
Nicht klar wird bei Omar allerdings das Motiv seines Vorhabens. Denn Omar wird durchgehend als freundlicher, integrierter, durchaus modern orientierter Moslem mit einer schönen und sehr selbstbewussten und emanzipierten Frau, einem Kind, einem Job und einem Haus dargestellt. Es lässt sich zwar einwenden, dass das gerade zum Witz gehört - nur ist der Film dann keine wirkliche Abrechnung mit Fanatismus und religiösem Eifer. Als fanatisch ließe sich allenfalls Barry bezeichnen; die andern sind entweder tatsächlich zu beschränkt oder wie Omar eigentlich zu tolerant und aufgeklärt, als dass man das Bedürfnis, sich in die Luft zu sprengen, wirklich mit mehr als mit Willkür erklären kann.
Nein, um Psychologie hat sich Morris in seinem Filmdebüt keine besonderen Gedanken gemacht. Das kann man kritisieren, es hat aber auch entspannende Momente. Man kann sich einfach unverbindlich amüsieren, wenn man nicht den Anspruch zu erhebt, das Ganze müsse einen größeren Sinn machen. Wahrscheinlich ist das vor allem der Grund dafür, warum Moslems, sich keinesfalls verletzt oder diffamiert zu fühlen brauchen. Die Figuren verkörpern zwar ganz und gar menschliche Eigenschaften, bleiben aber doch viel zu grob charakterisiert, als dass sich jemand mit ihnen identifizieren könnte. Zudem werden nicht nur die Terroristen als dämlich dargestellt. Nachbarn und Polizisten agieren im Film ebenfalls reichlich beschränkt.
Insgesamt ist es so weniger der Irrsinn religiöser Fanatiker, über den man in „Four Lions“ lacht, sondern vor allem die grenzenlose Dummheit der Truppe und ihres Umfeldes.
Fazit: Der Film ist lustig, dies aber auf eine unverbindliche Art. Die Charaktere werden zwar durchaus menschlich aber nur sehr oberflächlich skizziert.
Gut rüber kommt in „Four Lions“, dass Selbstmordattentäter letztendlich auch nur Menschen sind, dass sie zwar dumm und verblendet sind, dass sie aber doch auch nette Kerle sein können, die, wie jeder andere auch, Angst vor dem Tod haben, dass sie letztlich auch nur Verführte sind, die nach Anerkennung suchen, dass sie also selbst Opfer sind.
Nur ist das vielleicht eher tragisch als lustig
Die, bei denen es sich wirklich lohnen würde, sich auf eine solche Weise über sie lustig zu machen, sind eigentlich die Strippenzieher und Verführer hinter all dem Wahn, die gnadenlosen und größenwahnsinnigen Fanatiker, die anderen ein Vorbild sein wollen und es sind.
Anna Ignatius





