MIZ 2/11 erschienen

ASCHAFFENBURG (hpd) Soeben erschienen ist MIZ 2/11. Der Schwerpunkt ist diesmal eher theoretisch ausgerichtet: Es geht um „Facetten des Konservatismus“, um Werte im Wandel, um die Verklärung der schlechten alten Zeit und die Wiederherstellung gesellschaftlicher Verhältnisse, die wir vergangen wähnten.

Im Editorial geht Christoph Lammers darauf ein, dass der klassische Konservatismus in der Union, der „konservativen“ Partei, derzeit kaum zu finden ist. In einigen Diskursen jedoch schlägt sich konservatives Gedankengut umso stärker nieder. Der MIZ-Chefredakteur veranschaulicht dies anhand der Debatte um das Sexualstrafrecht, in der „Expertinnen“ wie Stefanie zu Guttenberg in den Medien überproportional häufig Gelegenheit finden, ihre Auffassungen zu präsentieren. Sachlich qualifiziert ist die Textilbetriebswirtin dafür kaum, aber sie wird getragen von einem christlich-konservativen Netzwerk.

Daran knüpft Daniela Wakoniggs Aufsatz an, die sich mit einer Studie auseinandersetzt, die angeblich nachweist, dass eine hohe Anzahl von Sexualpartnern einen negativen Einfluss auf das Bildungsniveau hat – bei jungen Frauen (nicht hingegen bei jungen Männern). Sie zeigt auf, in welchem Kontext diese Studie entstand und wie weit derlei Gedankengut vor allem in den USA bereits verbreitet ist. In der Art und Weise, wie die Autoren der Studie argumentieren, sieht Wakonigg „Wissenschaftlichkeit ohne Denken“ und weist ihnen zahlreiche fragwürdige Annahmen und Schlüsse nach.

Edmund Burke und Eva Herman

Den Theorie-Artikel steuert Marcus Hawel bei. Er steckt die Felder ab, innerhalb derer sich Konservatismus und Liberalismus (als grundsätzliche politische Lager gesehen) seit der Französischen Revolution und den Tiraden Edmund Burkes bewegen und kommt zu dem Ergebnis, dass die Schnittmengen zwischen jenen, die gesellschaftliche Entwicklungen vorantreiben wollen, und jenen, die darauf aus sind, bestehende Zustände zu bewahren, derzeit größer werden. Insbesondere, wenn es um ökologische Fragestellungen geht, zeige sich, wie aus den beiden unterschiedlichen Denktraditionen ähnliche politische Konzepte erwachsen.

Solche Annäherungen sind in Fragen der Rolle der Frau oder des Verhältnisses der Geschlechter nicht zu entdecken. Jedenfalls nicht, wenn wir uns den „neuen Konservatismus“ ansehen, der von Eva Herman oder dem Familiennetzwerk repräsentiert wird. Und wenn es um den viel beschworenen Verfall der Sitten geht, ist mit diesen entschieden Rückwärtsgewandten nicht zu spaßen. Da wird die Katastrophe auf der Love Parade 2010 in Duisburg zum Mentekel, das den Untergang des Abendlandes ankündigt... (Eva Herman schreibt nicht „wohlverdienten“, aber dass sie genau das meint, ist nicht nur Christoph Lammers’ Eindruck).

Auch Gisela Notz schätzt die Lage so ein, dass trotz mehrerer Ministerinnen und Quotendiskussion die Konservativen weiter am traditionellen Frauenbild festhalten und die gesellschaftspolitischen Weichen in diese Richtung stellen. Im Interview verweist die darauf, dass vor allem die christliche Familienideologie nach wie vor wirksam sei und die Durchsetzung neuer Lebens- und Arbeitsformen blockiere. Dem Papst wirft die Sozialwissenschaftlerin eine „menschenfeindliche Geschlechter- und Sozialpolitik“ vor.

Der Papst kommt, das Geld fließt

Genau dieser Papst wird im September als erstes explizit antidemokratisches Staatsoberhaupt im Deutschen Bundestag sprechen. Roland Ebert analysiert, wer hinter den Kulissen auf diesen Auftritt hingearbeitet hat und welche politische Zielsetzung mit dem Besuch Benedikts in Deutschland verbunden ist. Dass es dabei auch um die Absicherung kirchlicher Privilegien gehen wird, legt das geplante Treffen mit Bundesverfassungsrichtern nahe.

Kaum anzunehmen ist hingegen, dass über die „Staatsleistungen“, also die alljährlichen Zahlungen des Staates an die Kirchen, gesprochen wird. Dabei gäbe es hier wirklich Gesprächs- und Handlungsbedarf, wie das Interview mit Carsten Frerk verdeutlicht. Der Autor des Violettbuches Kirchenfinanzen hat nämlich die seit 1949 geflossenen Gelder systematisch erfasst und festgestellt, dass insgesamt stolze 14 Milliarden Euro transferiert wurden. Und das, obwohl eigentlich gar keine Rechtsgrundlage dafür existiert...

Einem „Finanzthema“ wendet sich auch Gerhard Rampp zu. Er nimmt die Argumentation eines Beitrags aus der Wirtschaftswoche unter die Lupe. Dort wurde vorgerechnet, dass sich eine Kirchenmitgliedschaft auch finanziell lohnen kann. Bei genauerem Hinsehen stellt sich freilich heraus, dass es um die Rechenkünste des Magazins nicht allzu gut bestellt ist.
Daneben gibt es Berichte über säkulare Veranstaltungen, Pressemitteilungen und Webseiten, Buchbesprechungen sowie die Internationale Rundschau mit einschlägigen Kurzmeldungen aus aller Welt.

 

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