ANSBACH. (hpd) Das Verwaltungsgericht Ansbach hat am vergangenen Freitag eine Klage zur Wiederbesetzung eines Konkordatslehrstuhls für Praktische Philosophie an der Universität Erlangen-Nürnberg wegen fehlenden Feststellungsinteresses des Gerichts abgewiesen.
Im Oktober 2007 war von der Universität Erlangen-Nürnberg die Stelle einer W3-Professur für Praktische Philosophie ausgeschrieben worden, die zum 1.4.2009 zu besetzen war. Das besondere an dieser Hochschullehrstelle ist, dass es sich um einen der sogenannten Konkordatslehrstühle in Bayern, die, entsprechend dem Konkordat von 1924, nur mit Zustimmung des katholischen Diözesanbischofs besetzt werden dürfen.
Von den insgesamt 60 eingegangenen Bewerbungen wählte der Berufungsausschuss der Universität zunächst 21 als qualifiziert angesehen BewerberInnen aus, die dann genauer geprüft wurden. Augrund von vier Publikationen würde hinsichtlich ihrer Eignung, wozu bei diesen Konkordatslehrstühlen auch die zu erwartende Zustimmung des Diözesanbischofs gehört, und eine kleinere Kandidatenzahl zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wurden.
Zu den als für die Stelle wissenschaftlich Qualifizierten gehörte auch eine Philosophin, die in Saarbrücken lehrt, Professor Dr. Ulla Wessels. Sie hat über ein Thema promoviert („Verbietet das Recht auf Leben Abtreibung?"), in der sie u.a. hinsichtlich dieser Frage „zumindest für die ersten zwanzig Wochen nach der Zeugung des betreffenden Individuums, zu einem negativen Ergebnis“ kommt. Da ihr zudem die katholische Kirchenmitgliedschaft fehle, nahm Prof. Wessels an, dass sie möglicherweise im Bewerbungsverfahren frühzeitig „aussortiert“ worden sei. Das wollte sie gerichtlich klären lassen, da nach Art. 3 Grundgesetz niemand aufgrund seiner religiösen Auffassungen benachteiligt werden dürfe und nach Art. 5 Grundgesetz Wissenschaft, Forschung und Lehre frei sind.
Nun begann ein Zug durch die Gerichte. Im Juni 2008 beantragte sie, der Hochschule vorläufig zu untersagen, das Berufungsverfahren unter Anwendung des Bayerischen Konkordates fortzusetzen und die Stelle zu besetzen.
Im Dezember 2008 wies das Verwaltungsgericht Ansbach den Antrag ab, da nicht angenommen werden könne, dass bereits im hochschulinternen Auswahlverfahren die Bestimmungen des Bayerischen Konkordats und die Präferenzen des Diözesanbischofs berücksichtigt worden seien.
Die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde wurde im April 2009 vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.
Im März 2009 hatte die Universität eine Berufungsliste mit zwei Kandidaten beschlossen, wovon aber der Erstplatzierte den Ruf ablehnte. Nun berief der zuständige Rektor der Universität die Zweitplatzierte, gegen deren beabsichtigte Berufung der Erzbischof von Bamberg keine Einwände erhoben hatte.
Im Mai 2009 erhob Frau Prof. Wessels dagegen Widerspruch, über den bisher nicht entschieden wurde, und am 30 August 2010 eine Untätigkeitsklage.
Im Dezember 2010 gab dann aber das Verwaltungsgericht Ansbach einem gleichzeitig gestellten Antrag des vorläufigen Rechtsschutzes statt und untersagte der Universität, die Stelle zu besetzen, bis über die Klage gegen die Auswahlentscheidung entschieden worden sei. Es sei nicht auszuschließen, so das Gericht, dass das Auswahlverfahren nicht rechtsfehlerfrei erfolgt sei.
Im April 2011 teilte nun die Universität mit, dass die für die Stellenbesetzung vorgesehen Bewerberin den ihr erteilten Ruf der Universität abgelehnt habe. Das Berufungsverfahren werde deshalb abgebrochen. Somit habe sich das Klageverfahren in der Hauptsache erledigt.
Daraufhin stellte die nicht-katholische Philosphieprofessorin ihre Klageanträge erneut, im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage, um die Rechtswidrigkeit ihrer Nichtberücksichtigung bei der Auswahlentscheidung klären zu lassen.
Keine Wiederholungsgefahr?
Das Verwaltungsgericht hat nun die Klage abgewiesen, da eine Wiederholungsgefahr nach Ansicht des Gerichts nach Abbruch des Berufungsverfahrens nicht mehr bestehen würde. Es sei eine neue Situation entstanden, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Anforderungsprofil sich bei der erneuten Ausschreibung ändern könnte und zudem der bisherige Vorsitzende des Berufungsausschusses mittlerweile pensioniert worden sei.
In dem Fazit der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Ansbach tritt dann der Kern der Klageabweisung zutage, da das Gericht erklärte, es bestehe deshalb keine Veranlassung, sich mit der Frage der Zulässigkeit der konkordatären Bindung des Lehrstuhls zu befassen.
Dazu bemerkte Rechtsanwalt Roth, der die Klägerin vertritt: „ ‚Deshalb’? Eine merkwürdige Logik: Das Gericht ignoriert, dass es bei einer erneuten Ausschreibung in einem rechtlich entscheidenden Punkt gar keine Änderung gegenüber dem jetzt abgeschlossenen Verfahren geben wird; Auch in der neuen Ausschreibung wird der Hinweis auf die einschlägige Bestimmung des Konkordats enthalten sein. Damit ist klar, dass auch in einem neuen Verfahren Bewerber, die wegen ihrer mangelnden Zugehörigkeit zur katholischen Kirche oder auch wegen von der katholischen Lehre abweichender Meinungen nicht die Zustimmung des Bischofs erhalten werden, und damit die Klägerin, von vorne herein keine Aussicht auf Ernennung haben.“
„Es liegt auf der Hand, dass jemand, der sich in der Frage des Schwangerschaftsabbruchs auf eine zur kirchlichen Doktrin konträre Position festgelegt hat, nie und nimmer die Zustimmung der Bischofs erhalten würde, Das wird auch der Kommission und ihrem Vorsitzenden klar gewesen sein.“
Der Anwalt schlussfolgert: „Nach alledem liegt auf der Hand, dass das Gericht nicht davon ausgehen konnte, ‚die Frage der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer bestimmten Konfession, habe auf der hochschulrechtlichen Ebene keine Rolle gespielt’. Damit war aber das gesamte hochschulinterne Verfahren mit dem Makel der Rechtswidrigkeit behaftet. Schließlich ist ‚die Bindung der beteiligten Gremien und Organe der Hochschule durch Art. 33 Abs. 3 GG mit dem dort enthaltenen Diskriminierungsverbot’, um es mit den Worten des Gerichtes zu sagen, nicht mit der Rolle, die in diesem Verfahren der Konfessionszugehörigkeit der Bewerber zugekommen ist zu vereinbaren.
Über die Einlegung von Rechtsmitteln wird nach Eingang und Prüfung der Urteilsbegründung entschieden werden.“
C.F.
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