Kollektiver Kirchenaustritt zum „Hasenfest“?

Hunderte Austritte in mehr als einem Dutzend Städten. Das erhoffen sich Fans der Giordano-Bruno-Stiftung zum „Hasenfest“ im April. Zwar fallen die Feste am Frühlingsbeginn oft sogar noch per Gesetz auf die Zeit der Feiern um den Auferstehungsmythos des fabelhaften Jesus - aber der nächste Frühling soll auch wieder ein Erlösungsfest der anderen Art bringen.

Eine Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) plant am Gründonnerstag den kollektiven Kirchenaustritt und hofft auf zahlreiche Unterstützer und Austrittswillige. Veranstalter ist das „Aktionsbündnis Kirchenaustritt“, zu dem auch die Regionalgruppe gehört.

Rückblick 2011: Als die Buchhandelskette Thalia das Osterfest im letzten Jahr mal abwechslungsweise „Hasenfest“ nannte, fegte ein Proteststurm von Gläubigen über das Unternehmen hinweg. Erika Schweizer, Pfarrerin, empörte sich damals als eine von vielen: „Das Wort Hasenfest gibt es nicht, das ist abscheulich, anbiedernd und gedankenlos“, so behauptete die wegen der Werbung entsetzte Theologin damals. Zahlreiche Medien schrieben mit und verbreiteten ihre Botschaft. Auch Bischöfe beschuldigten ausgerechnet den Buchhändler der „Ent-Christianisierung“.

Bei Thalia musste man dem Druck der durch die kesse Wortwahl aufgebrachten Gläubigen bald nachgeben, und ließ sich schließlich eine Entschuldigung abpressen. „In anderen Städten stört das keinen, aber wir entschuldigen uns bei Kunden, die sich dadurch in ihrem christlichen Glauben verletzt fühlen“, so die Pressesprecherin Mirjam Berle damals. „Es war nie unsere Absicht, das Hochfest der Christen in Frage zu stellen.“

Das Unternehmen gelobte öffentlich, man werde zukünftig „deutlich sensibler mit diesen Themen umgehen.“ Müssen die Buchhändler in Deutschland also wirklich ihre Werbeaktionen mit den Kirchen abstimmen? Offenbar ist das so.

Der Termin einer anderen Werbeaktion zum diesjährigen Hasenfest ist nun ebenfalls erneut auf die Festtage der Kirchen abgestimmt. Und damit ab Karfreitag wirklich gefeiert werden kann, werben die Initiatoren von der gbs-Regionalgruppe Mainz/Rheinhessen gegenüber allen verbliebenen Kirchensteuerpflichtigen mit dem Vorschlag: „Austritt zum Hasenfest!“ Sie empfehlen, mal einen gemeinschaftlichen Abschied von der Kirche zu versuchen.

Vollzogen werden soll diese Erlösung auf dem Mainzer Standesamt am 5. April 2012. Und die Macher haben einige Übung: Bereits im letzten Jahr fand ein spontaner Aufruf dieser Art schnell einigen Zuspruch, so dass in der Bilanz insgesamt 29 Austritte verzeichnet werden konnten.

Unterstützt wurde das Pilotprojekt zum kollektiven Kirchenaustritt auch vom Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA). „Es ist schön zu sehen, dass sich junge Menschen für einen Kirchenaustritt entscheiden. Damit gewinnen sie ihre Freiheit von religiöser Bevormundung wieder“, freute sich IBKA-Sprecher Rainer Ponitka anschließend. Michael Schmidt-Salomon vom Vorstand der gbs sagte: „Es ist zu hoffen, dass noch viel mehr Menschen diesen Schritt vollziehen. Jeder Austritt ist ein Gewinn für die Gesellschaft“.

Zu den guten Gründen für einen Austritt am Hasenfest 2012 heißt es unter anderem: „Wir wollen unsere finanziellen und zeitlichen Ressourcen nicht in Organisationen investieren, die so viel Elend, Angst und Dogmatismus im Europa der vergangenen 2000 Jahre verbreitet haben. Wir haben genug von einer Ethik, welche sich auf ein Buch stützt, dessen Autoren keine Ahnung hatten von all den Dingen, die man als aufgeklärter Mensch wissen sollte um in unserer heutigen komplexen Welt verantwortlich zu handeln.

Die Initiatoren, zu denen unter anderem die Macher des neuen Online-Magazins FICKO gehören, erinnern auch: Der bisher mit der Kirchensteuer gezahlte Betrag könne direkt für gute Projekte gespendet werden, „die sozialen, humanitären oder aufklärerischen Zielen dienen und nicht dem Machterhalt einer Organisation mit einem aus wissenschaftlicher und ethischer Sicht mehr als problematischen Menschenbild.“

Bisher sind kollektive Kirchenaustritte in Mainz und Wiesbaden geplant. Aber auch in neun anderen deutschen Städten wurden bereits Austrittswillige registriert, die nun auf zahlreiche Mitmacher warten. Deshalb sucht man nach weiteren Unterstützern, die den kollektiven Kirchenaustritt in diesem Jahr zum aufsehenerregenden Mehr-Städte-Ereignis werden lassen. Über Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme und Wege der Beteiligung informiert eine Webseite zum Hasenfest 2012.

Arik Platzek

Video: Kollektiver Kirchenaustritt in Mainz am 21. April 2011.