Verloren trotz erfolgreicher Klage

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Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, Foto: Manecke (Wikipedia)

BERLIN. (hpd) Entgegen der Darstellungen von Zeitschriften wie SPON und der Süddeutschen war der sogenannte Kirchensteuer-Rebell Hartmut Zapp mit seiner Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erfolgreich. Die mit dem Urteil verbundene Hoffnung vieler Katholiken, fortan Gewissensfreiheit in Fragen der Kirchensteuer zu haben, wurde jedoch nicht erfüllt.

Aber worin genau hat Zapp nun eigentlich Recht bekommen und in welcher Frage hat die katholische Kirche ein kostenpflichtiges Gerichtsverfahren verloren?

Zur Vorgeschichte: 2006 wurde vom päpstlichen Rat für Gesetzestexte ein Schreiben  veröffentlicht, demzufolge es nicht hinreichend ist, wenn ein Gläubiger vor einer weltlichen Instanz seinen Austritt aus der Kirche erklärt. Um wahrhaft auszutreten, müsse er auch innerlich vom Glauben abfallen und dies vor einem Bischof oder Priester kundtun. 

Die deutsche Bischofskonferenz erklärte jedoch dazu, dass man in Deutschland bei der "bewährten Praxis" der Exkommunikation bei Kirchenaustritt bleiben wolle.

Hartmut  Zapp, emeritierter Professor für katholisches Kirchenrecht sah hierin einen juristischen Widerspruch. Er argumentierte, dass ein Austritt vor staatlicher Stelle demnach nicht mehr als Abfall von der Kirche gewertet werden dürfte: Er müsste also Mitglied der katholischen Kirche bleiben können, auch wenn er sich standesamtlich abmeldete und keine Kirchensteuern mehr zahlte.

Um diesen Widerspruch aufzudecken, erklärte Zapp beim Standesamt seinen Austritt aus seiner Religionsgemeinschaft , die er als "römisch-katholische, Körperschaft des öffentlichen Rechts" bezeichnete. Das Erzbistum Freiburg sah in den Worten "Körperschaft des öffentlichen Rechts" einen Zusatz, der zum Ausdruck bringen sollte, dass Zapp nur aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts, nicht aber aus der römisch-katholischen Kirche selbst austreten wolle.

Weil das Erzbistum solch einen getrennten Austritt für unzulässig hielt,  erhob es beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage gegen die Bescheinigung, durch die das Standesamt Zapp den Austritt aus seiner Religionsgemeinschaft bestätigt hatte. Das Verwaltungsgericht wies die Klage zurück.

In zweiter Instanz gab der Verwaltungsgerichtshof Mannheim der Klage des Erzbistums statt und hob die Bescheinigung auf. Am 26.09.12 entschied das Bundesverwaltungsgericht im Revisionsverfahren, das erste Urteil des Verwaltungsgerichts wiederherzustellen.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied also, dass der Austritt Zapps aus der Körperschaft der Kirche wirksam war. Die Motivation, also die kirchenrechtliche Begründung, sei demgegenüber  nicht maßgeblich. Die Worte "Körperschaft des öffentlichen Rechts" seien zwar nicht notwendiger, aber auch nicht schädlicher Teil der Bezeichnung für die Religionsgemeinschaft gewesen, aus der Zapp ausgetreten ist. 

Zusammenfassend kann man sagen: Zapp ist gesetzlich gesehen nicht mehr Mitglied der katholischen Kirche und muss keine Kirchensteuern mehr zahlen. Ob er sich selbst noch als Katholik sieht oder ob die Katholische Kirche ihn noch als Mitglied anerkennt, weil er keinem Priester seinen Austritt bekundet hat, bleibt ein kircheninterner Widerspruch. Ob ein isolierter Austritt aus der katholischen Kirche möglich ist oder nicht, bleibt daher von der Entscheidung der Kirchenoberen abhängig und diese lehnen es ab, dass man Mitglied sein könne ohne Kirchensteuern zu zahlen.

Am 24. September 2012, nur wenige Tage vor dem Urteil des Leipziger Bundesverwaltungsgericht hat die Deutsche Bischofskonferenz ein Dekret zum Kirchenaustritt verabschiedet, aus dem hervorgeht, dass jedem, der beabsichtigt die Zahlung der Kirchensteuer einzustellen ein Ausschluss vom Gemeindeleben, eine de facto-Exkommunikation droht. Dieses Dekret zeigt deutlich, wie groß die Angst der deutschen Bischöfe und des Vatikans vor weiteren Einnahmeverlusten bei der Kirchensteuer ist, deren Volumen derzeit für die katholischen Bistümer etwa 5 Mrd. Euro pro Jahr beträgt.

Viele Katholiken halten dies für ein falsches Signal. Sie hatten darauf gehofft durch 
ein Selbstbestimmungsrecht bei der Zahlung der Kirchensteuern mehr Einfluss auf die Verwaltung der Kirchengelder zu gewinnen.

A. Swidsinski