Gott hat hohe Nebenkosten, die andere zahlen

TV. (hpd) "Gott hat hohe Nebenkosten. Wer wirklich für die Kirchen zahlt", eine Sendung der ARD am 26. November 2012. Nun ja, das Verhältnis von Kirche und Geld ist eine unendliche Geschichte, die eher ein Ärgernis ist. Warum sich also damit befassen? Dazu kann und wird man gewiss unterschiedlicher Meinung sein. Aber der Bericht macht etwas deutlich, dass nicht übersehen werden sollte.

Er lässt nämlich erkennen, dass sich in den kirchlichen Grundsätzen nach der Diskussion um den sexuellen Missbrauch und der Heimerziehung nichts geändert hat.

Es ist ein Déjà-vu. Da wird uns eine Erzieherin vorgestellt, die aufgrund einer neuen Beziehung ihren Job in einem katholischen Kindergarten verliert, aber in einem anderen Ort, wo nichts davon bekannt ist, durchaus in einem katholischen Kindergarten wieder arbeiten könnte. Es geht um die Vermeidung des Ärgernisses. Und dieses soll die Unwissenheit der Menschen am neuen Arbeitsort gewährleisten.

Ist das nicht genau das, was uns bei pädophilen Priestern jahrelang vorgemacht wurde? Ist das wirklich das, was man in der katholischen Kirche unter Wahrhaftigkeit versteht? Wie ist das mit dem Sündigen in Gedanken, Worten und Werken? Wie verhält sich eine solche Praxis zur Wahrhaftigkeit und zum Sündigen? Nimmt die Kirche vielleicht für sich in Anspruch, ihrem irrigen Gewissen, insofern Institutionen überhaupt ein Gewissen haben, zu folgen? Dürfen einfache Gläubige das auch, oder ist das irrende Gewissen nur ein Privileg der Macht? Nach katholischer Lehre steht das irrende Gewissen jedem Gläubigen zu. Wenn man diesem folgt, verstößt man nicht gegen die katholische Lehre. Woher nimmt also die katholische Kirche das Recht, Menschen, die im irrenden Gewissen durchaus kirchlicher Lehrauffassung entsprechen, aus ihren Arbeitsverhältnissen zu entlassen? Hat der liebe Gott nicht auch die Logik geschaffen und sind Verstöße gegen die Logik nicht immer auch ein Sündigen in Gedanken? Ja, und dann die beruhigende Gewissheit der Kirchen, dass niemand ihnen etwas anhaben kann. Gewiss, dass Grundgesetz sichert, wie der Bericht zum Ende hin erwähnt, den Kirchen das Recht zu, ihre Angelegenheiten ohne Einflussnahme des Staates zu regeln.

 

 

Es ist jedoch inzwischen hinreichend bekannt, zu welchen Folgen das z. B. in der Heimerziehung führte. So heißt es im Bericht "Verspätete Modernisierung. Öffentliche Erziehung im Rheinland - Geschichte der Heimerziehung in Verantwortung des Landesjugendamtes (1945-1972) (Rheinprovinz, Band 19)": „Das Verhältnis des Landesjugendamtes zu den konfessionellen Heimträgern war symbiotisch. Beide profitierten von dem Arrangement, in dem allerdings erst seit dem Ende der 1950er Jahre kostendeckende Pflegesätze gewährt wurden.

Das vielfach unterbezahlte Personal, das zum großen Teil aus den Schwestern- und Brüdergemeinschaften bzw. Orden der Kirchen kam, ließ sich insbesondere seit dem Einsetzen der religiösen Tradierungskrise am Ende der 1950er Jahre immer weniger ersetzen, was zur Misere der Heimerziehung entscheidend beitrug. Bei überforderten Mitarbeitern in den konfessionellen Heimen kam es deshalb vielfach zur Überschreitung des Züchtigungsverbots und der Durchsetzung rigider Verhaltensnormierungen durch Arrest und Strafen, wie am Beispiel des Düsseldorfer Reckestiftes gezeigt werden konnte.

Das Landesjugendamt beklagte dies in den durchgeführten Heimbesichtigungen. Die Mittel zur Intervention waren allerdings auf Seiten des Landesjugendamtes begrenzt, da zum einen die Nichtbelegung eines konfessionellen Heimes das staatlich-konfessionelle Arrangement gestört hätte und zum anderen besonders seit den 1960er Jahren ein wachsender Heimplatzmangel existierte, weswegen das Instrument der Nichtbelegung sehr stumpf war. Insbesondere bei schulentlassenen Mädchen entstanden immer längere Listen derjenigen, die nicht untergebracht werden konnten - 1967 waren es 600."

Man hätte längst erwarten können, dass das Prinzip der Nichteinmischung auf den Prüfstand kommt, doch auch hier ist die Chance, Konsequenzen aus der Vergangenheit für eine bessere Zukunft zu ziehen, bisher nicht genutzt worden. Man verkündet hingegen laut, dass es darum geht, die Kinder in einer christlichen, einer katholischen Wertorientierung zu erziehen. Doch auch hier wird eine Überrumpelungsstrategie verfolgt, denn eine Erziehung zu einer christlichen Wertorientierung setzt voraus, dass man den Unterschied von Wert und Gut kennt und in der Praxis beachtet. Die Ehe ist ein Gut und kein Wert.

Geschiedene und neu verpartnerte Mitarbeiter in kirchlichen Einrichtungen widersprechen daher auch nicht der christlichen oder katholischen Wertorientierung. Der Unterscheidung der Geister geht die Unterscheidung im Geist voraus. Viele Probleme würden dann erst gar nicht entstehen. Aber das weite Feld von Logik und Sünde hat bisher noch kein Theologe bearbeitet, obgleich der heilige Augustinus so schön sagt: "Gott, in deiner Weisheit hast du es so eingerichtet, dass sich selbst zur Strafe wird jeder ungeordnete Geist."

Pethens