Gottesdienstbesucher haben mehr Kinder

KÖLN. Das Institut der deutschen Wirtschaft berichtet hinsichtlich der Familienpolitik der Bundesregierung - die mit finanziellen Anreizen

und zusätzlichen Betreuungsmöglichkeiten die Bürger zu mehr Kindern animieren will -, über eine Auswertung von Umfragen in 82 Ländern (die so genannten „World Values Surveys"). Sie zeigen, dass beispielsweise die Einstellung zur Religion den Kinderwunsch beeinflusst: Die Evangelikalen meldeten dann auch prompt stolz: „Religiöse sind gebärfreudiger."

Es überrascht, wenn sich das Institut der deutschen Wirtschaft mit Fragen der Religion beschäftigt. Eine Rückfrage bei dem zuständigen Fachreferenten ergab dann, dass die Auswertung mit einem gewissen Augenzwinkern erfolgt sei und auch als Anregung für die Kirchen zu verstehen sei, bevölkerungspolitisch aktiver zu werden.

Tatsächlich zeigt sich ein weltweiter Zusammenhang zwischen den beiden Indikatoren für Religiosität – Häufigkeit des Gottesdienstbesuches und Häufigkeit des Betens außerhalb von Gottesdiensten: „Weltweit haben Menschen, die sich als religiös bezeichnen, im Schnitt 2,1 Kinder. Befragte, die nicht religiös sind, bekommen 1,6 Kinder. Überzeugte Atheisten ziehen durchschnittlich 1,5 Sprösslinge groß." Das gelte ebenso für Deutschland, denn Bundesbürger, die mehrmals pro Woche einen Gottesdienst besuchen, haben zwei Kinder. Menschen, die nie in die Kirche gehen, begnügen sich mit durchschnittlich 1,4 Kindern.

Erklärungsansätze dazu bemerken: „Religiöse Menschen fühlen sich in eine Gemeinschaft eingebunden. Sie vertrauen deshalb eher darauf, mit den Elternpflichten nicht allein gelassen zu werden. Zudem sehen viele Religionen Kinder als ein Geschenk Gottes. Sie vermitteln ihren Gläubigen damit ein positives Bild vom Leben als Eltern."

Diese Ergebnisse werden auch durch die Auswertung der ALLBUS-Daten aus dem Jahr 2002 bestätigt, die diesen Zusammenhang zwischen Gottesdienstbesuch sowie Bethäufigkeit und einer überdurchschnittlichen Kinderzahl belegten.

Das zeigt, dass die Kirchen in Deutschland eigentlich ein gutes Potential hätten, den häufig beklagten Bevölkerungsschwund entgegenzusteuern - wenn ihre Mitglieder bzw. Gläubigen denn noch auf sie hören würden.

Der regelmäßige Gottesdienstbesuch, der bei den Evangelischen bereits beständig um 4 % der Kirchenmitglieder pendelt, hat sich auch nach den aktuellsten Zahlen für die katholische Kirche stetig weiter verringert: 14,2 % der Katholiken sind es noch, die regelmäßig in die Kirche gehen. Auch zwischen den einzelnen Bistümern nivellieren sich die Unterschiede und es gibt keinen einzigen häufigeren Gottesdienstbesuch.

Nimmt man die „Taufquote" als weiteren Indikator die Bindungsfähigkeit einer Religionsgesellschaft, so ist die „katholische" Taufquote, d.h. Geburten, bei denen zumindest ein Elternteil katholisches Kirchenmitglied war, von nahe 90 % bis Mitte 1960er Jahre auf nun rund 75 % abgesunken.

Auch wenn diese höheren Kinderzahlen der Gottesdienstbesucher festzustellen sind, werden sie keinen Umschwung im Bevölkerungswachstum erreichen. Die 14 % Gottesdienstbesucher bei den Katholiken und 4 % bei den Evangelischen, sind zusammen 18 % eines Bevölkerungsanteils von 62 % Kirchenmitgliedern in Deutschland. Also stellen die „Gläubigen" nur noch einen Anteil von 11 % der Bevölkerung.

Und diese relativ kleine Gruppe ist von dem „Pillenknick" der Jahre 1964 - 1975 nicht unbeeinflusst geblieben und hat die Zahl ihrer Kinder auf die Anzahl der normalerweise zwei „Wunschkinder" reduziert. Die Zeit der konfessionellen Kinderzahlen „wie die Orgelpfeifen" (bis zehn und mehr Kinder) ist wohl endgültig vorbei. Die Kirchen sind also gut beraten, ihren Gläubigen nicht etwas abverlangen zu wollen, was sie nicht mehr zu erbringen bereit sind.

CF