Anti-Wahlfreiheit-Petiton bekämpfen!

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Kooperationen / Foto: humanistfederation.eu

BRÜSSEL. (hpd/ehf) Die Europäische Humanistische Föderation (EHF) hat erläutert, warum "Einer von uns" (One of us) - die europäische Anti-Wahlfreiheit Petition christlicher Fundamentalisten und selbsternannter „Lebensschützer“ - beobachtet und bekämpft werden sollte. Ein Kommentar von Julie Pernet.

Im Mai 2012 gestartet, hat die Europäische Bürgerinitiative "Einer von uns" die erforderliche Anzahl von Unter­schriften erreicht – 1 Million – um den europäischen Insti­tutionen vorgelegt zu werden. Seit Schaffung dieser neuen partizi­pativen Möglich­keit auf EU-Ebene ist es die zweite Petition, die den von der Kommission fest­gelegten Erforder­nissen entspricht. (Die erste war: „Right2Water“, die 1.857.605 Unterschriften zusammenbrachte)

Worum geht es (tatsächlich)?

Diese Petition zielt auf den Schutz "menschlichen Lebens in Europa", "Menschen­würde eines jeden Bürgers in der EU" und "Verteidigung des Lebens der Schwächsten", d. h. sie soll den menschlichen Embryo vom Augen­blick der Empfängnis schützen.

Mehr als nur eine symbolische Sakra­lisierung des menschlichen Embryos – ein Thema, zu dem die EU keinerlei Kompetenz hat – fordert die Petition die europäischen Insti­tutionen auf, sehr konkrete europäische Politik zu betreiben.

Erstens fordert sie ein Verbot von EU-Mitteln für die Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen (hES), obwohl diese Mittelvergabe derzeit nur für Länder gilt, die diese Forschung erlauben (wie Belgien, Großbritannien oder Schweden); obwohl es nur sieben Tage eingefrorene Embryonen betrifft, Überbleibsel aus in vitro-Fertilisation nach Einwilligung der Eltern; obwohl diese viel versprechenden Forschungsergebnisse bei der Heilung einer Reihe von degenerativen Erkrankungen helfen könnten (z. B. Parkinson-, Huntington- und Alzheimer-Erkrankungen, Diabetes und Herzinsuffizienz).

Zweitens fordert sie ein Verbot von EU-Mitteln für NGOs, die Dienstleistungen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte (SRHR) von Frauen in den Entwicklungsländern bereitstellen, obwohl diese Dienste Leben retten, die Armut verringern und die Kontrolle von Frauen über ihre Sexualität und ihren Körper verbessern.

Diese Initiative ist Teil einer starken Lobby-Aktion mehrerer Länder und extremistischer religiöser Organisationen (z. B. European Dignity Watch), die Falschinformationen verbreiten, dass Europa Geld zahle für die Selektion von Kindern nach Geschlecht und in den ärmsten Ländern zur Abtreibung zwinge.

In einer allgemeineren Perspektive ist diese Initiative ein weiteres Mittel von Konservativen, um ihre Werte auf europäischer Ebene durchzusetzen und die Rechte der Menschen und die Freiheit der Wahl einzuschränken.

Wer steckt dahinter?

Diese Initiative wird von der italienischen Pro-Life-Organisation Fondazione Vita Nova (mit 50.000 EUR) finanziert. Sie ist offiziell von Papst Franz unterstützt worden und wird von Patrick Gregor Puppinck vertreten, dem Direktor des Europäischen Zentrums für Recht und Gerechtigkeit (ECLJ), eine evangelikale Anti-Wahlfreiheit NGO, die in Straßburg (Frankreich) ansässig ist.

Die ECLJ ist der europäische Teil des US-Amerikanischen Zentrums für Recht und Gerechtigkeit und hat sich auf einen Rechts­streit vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschen­rechte spezialisiert, wo sie versucht, die Anerkennung von LGBT und reproduktiven Rechten zu begrenzen.

Was kommt als nächstes?

"Einer von uns" hat bis zum 1. November 2013 Zeit, um weitere Unter­schriften zu sammeln. Nach einer Überprüfung der Erklärungen zur Unter­stützung durch die nationalen Behörden wird die Initiative offiziell an die Europäische Kommission übermittelt werden. In den nächsten drei Monaten werden die Organisatoren die Möglichkeit haben, Vertreter der Europäischen Kommission zu treffen und die Initiative den Mitgliedern des Europäischen Parlaments zu präsentieren. Die Kommission wird dann entscheiden, ob es eine Aktion vorschlägt oder nicht.

Wenn es Konservativen vollständig erlaubt ist, Europäische Bürger­initiativen zu nutzen, um ihre Anliegen auf europäischer Ebene zu Gehör zu bringen, wäre es ein ernsthafter Rück­schlag, wenn die EU ihre Wünsche erfüllt. Da eine säkulare Gesellschaft auf gemeinsamen Prinzipien beruht, kann die EU ihre Politik nicht mit religiösen Dogmen begründen; als Humanisten denken wir, dass die Freiheit der Forschung und die sexuelle und reproduktive Gesundheit von Frauen innerhalb und außerhalb der EU sichergestellt werden sollte und man nicht bemüht sein sollte, Anti-Wahlfreiheit Sicht­weisen gefällig sein.

Die EHF ruft die Entscheidungs­träger dazu auf, EU-Mittel für Forschung zu hESC und SRHR zu sichern, wenn im Herbst dieses Jahres im Europäischen Parlament über Horizon 2020 und den EU-Haushalt abgestimmt wird.

Julie Pernet (für die Europäische Humanistische Föderation)

Übersetzung: C.F.