WIEN. (hpd) Erstmals hat der ORF-Publikumsrat keinen Vertreter der katholischen Kirche in das oberste Kontrollgremium des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den Stiftungsrat, entsandt. Für mehr Laizität wird das nicht sorgen: Der kirchliche Kontrollor kommt über die Hintertür in den Stiftungsrat.
Es kommt beinahe einer Revolution gleich: Bei seiner konstituierenden Sitzung hat die Hörer- und Sehervertretung des ORF, der Publikumsrat, keinen katholischen Vertreter in den ORF-Stiftungsrat gewählt. Diesen Posten hatte zuletzt Ex-Caritas-Präsident Franz Küberl inne. Küberl ist auch Mitglied im Publikumsrat - ausdrücklich als Vertreter der katholischen Kirche.
Möglich wurde das durch eine Reform im ORF-Gesetz, über die der hpd vor kurzem berichtete. Die Reform beseitigte die bis dahin geltende Regelung, dass unter den sechs Publikumsvertretern im Stiftungsrat ein Vertreter der katholischen Kirche sein müsse. Motiviert worden war die Änderung nicht durch einen plötzlichen Wunsch nach mehr Laizität. Laut Kritikern ging es mehr darum, dass die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP mit der neuen Regelung mehr ihnen nahe stehende Publikumsräte in den Stiftungsrat wählen lassen können.
Das passierte auch bei der konstituierenden Sitzung der Hörer- und Sehervertretung. Das Gremium wählte vier SPÖ-nahe und zwei ÖVP-nahe Mitglieder in den Stiftungsrat.
Leer wird die katholische Kirche nicht ausgehen. Franz Küberl wird auf einem anderen Ticket in den Stiftungsrat einziehen. Er wird von der Regierung als einer ihrer Vertreter in das Gremium entsandt. Nicht, dass jemand denken könnte, die katholische Kirche dürfte keine Aufpasser mehr im öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben.