"Forum Muslime und Christen"

Bund der Alevitischen Jugendlichen tritt aus Projektkommission zum Ökumenischen Kirchentag aus

oezge_erdogan_bundesvorsitzende-bdaj.jpg

Özge Erdoğan, Bundesvorsitzende des Bundes der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland (BDAJ)
BDAJ-Bundesvorsitzende Özge Erdoğan

Der Bundesvorstand des Bundes der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland hat beschlossen, seiner Berufung in die Projektkommission "Forum Muslime und Christen" zum Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt ab sofort nicht mehr nachzukommen und aus der Projektkommission auszutreten. Grund dafür ist die Zusammensetzung der Projektkommission, die auch Vertreter*innen des Zentralrats der Muslime in Deutschland und des Islamrates beinhaltet.

Dabei geht es nicht um individuelle Mitglieder der Kommission, sondern um die Verbände und die entsprechenden abwertenden und menschenfeindlichen Ideologien, die sie vertreten. Von diesen Verbänden geht eine Gefahr für Alevit_innen und andere Minderheiten in Deutschland aus.

Die Zusammensetzung der Projektkommission ist kein Zufall, sondern beruht auf den Wünschen der evangelischen und katholischen Kirche. Die IGMG, die "Islamische Gemeinschaft – Milli Görüş" (auf Deutsch: Nationale Sicht), vertritt eine islamistische, im Besonderen antisemitische und anti-demokratische Ideologie und hat sich nie glaubhaft von ihrem Gründer und Vordenker dieser "Nationalen Sicht", Necmettin Erbakan, distanziert. Die ATIB, die "Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa", ist ein Teil der völkisch-nationalistischen Ülkücü-Bewegung in Deutschland, deren Anhänger_innen sich als "Graue Wölfe" bezeichnen.

Anlässlich der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichtes 2019, in dem unter anderem die ATIB (im Kapitel "Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern") und IGMG (im Kapitel "Islamismus/ islamistischer Terrorismus") als Mitgliedsvereine der vertretenen Dachverbände genannt werden, haben wir unsere Irritation der Leitung der Projektkommission mitgeteilt und sind traurig über die Ignoranz, die uns hier entgegenschlug.

Offenbar gibt es ein Bewusstsein dafür, dass die genannten Verbände "problematisch" sind. Ziel der Projektkommission sei es aber, "Vielfalt" darzustellen. Das Projekt an sich zähle und solange sich im Rahmen der Projektkommission niemand falsch verhalte, würde an den Partnerorganisationen festgehalten. Die beteiligten Vertreter_innen des Zentralrats der Muslime in Deutschland und des Islamrates seien fest verankert in der Landschaft des christlich-muslimischen Dialogs.

Offenbar ist die Darstellung von Offenheit und "Vielfalt" auf dem Ökumenischen Kirchentag wichtiger als Minderheitenschutz und Menschenrechte. Darüber hinaus wird mit zweierlei Maß gemessen, wenn man davon ausgeht, dass für die Kirchen eine Zusammenarbeit mit vom Verfassungsschutz beobachteten Verbänden aus dem klassisch-deutschen rechtsradikalen Milieu ausgeschlossen wäre.

Als Verband, der für Demokratie und Menschenrechte einsteht, rufen wir alle kirchlichen und politischen Akteure dazu auf, ihre Zusammenarbeit mit den genannten Organisationen, die im Übrigen bei weitem nicht repräsentativ für die Muslime in Deutschland sind, kritisch zu prüfen. Die Zusammenarbeit mit den genannten Organisationen ist kein Ausdruck von Weltoffenheit oder Antirassismus. Antirassismus bedeutet im Gegenteil, politische Akteure mit ihren Werten und Zielen ernst zu nehmen und sich entsprechend zu positionieren – und nicht per se als integrationsbedürftige oder integrationswürdige "Menschen mit Migrationshintergrund" einzubeziehen.

Übernahme mit freundlicher Genehmigung von der Website des Bundes der Alevitischen Jugendlichen in Deutschland e. V.

Unterstützen Sie uns bei Steady!